Urteil zur Berufsunfähigkeit erkennt Burn-Out-Syndrom als Ursache an
Psychische Beschwerden hatten die Gerichte in der Vergangenheit nur selten als Ursache für eine Berufsunfähigkeit anerkannt. Dabei sind diese für Selbstständige (nicht nur) in der IT-Brache meist existenzbedrohend. Mit diesem Thema hat sich nun auch das Landgericht München I auseinandergesetzt - und erstmals bestätigt, dass ein Burn-Out-Syndrom zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung führen kann.
Burn-Out-Syndrom: Berufsunfähigkeitsversicherung wollte nicht zahlen
Rechtsstreit: Der Kläger war wegen eines Burn-Out-Syndroms berufsunfähig geworden. Seine Berufsunfähigkeitsversicherung (kurz BU) verweigerte jedoch die Zahlung der BU-Rente. Begründung: Ihrer Meinung nach waren die Einschränkungen nicht gravierend genug, als dass die Bedingungen für eine Berufsunfähigkeit erfüllt seien.
Dem widersprach das Landgericht München I nun und verurteilte die Berufsunfähigkeitsversicherung zur Zahlung der vereinbarten Rente sowie zusätzlich zur Erstattung zu viel gezahlter Beiträge. Damit bestätigt das Urteil (Az.: 25 O 19798/03) erstmals ein Burn-Out-Syndrom als Ursache für eine Berufsunfähigkeit.
Zum Hintergrund:
Inzwischen gehen 20 bis 40 Prozent aller Berufsunfähigkeitsfälle auf psychische Erkrankungen zurück. Die Angaben schwanken je nach Branche, Alter und Geschlecht. Diagnosen aufgrund psychischer Beschwerden sind in einigen Statistiken bereits die Hauptursache für eine Berufsunfähigkeit. Bei psychischen Beschwerden lässt sich oft nur schwer beurteilen, wie hoch die Beeinträchtigungen sind. Die meisten Tarife sehen für Leistungen eine zumindest 50-prozentige Berufsunfähigkeit vor.
Depression und Angstzustände: Finanzmakler kann Beruf nicht mehr ausüben
Im konkreten Fall führte der Versicherte für eine Kapitalvermittlungsgesellschaft täglich zwischen 100 und 200 Telefonate. Nicht selten ging es bei einzelnen Aufträgen um 5 bis 10 Millionen Euro.
Der Kläger litt zunächst unter Kopfschmerzen und chronischer Müdigkeit. Als eine Depression mit Herzbeschwerden und Angstzuständen hinzu kam, konnte der Finanzmakler seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er litt an massiven Konzentrationsstörungen, verwechselte Kunden und Telefonnummern und konnte Zusammenhänge nicht mehr richtig erfassen.
Der vom Gericht bestellte Gutachter diagnostizierte eindeutig das Burn-Out-Syndrom beim Betroffenen. Er sprach von einer Persönlichkeitsstörung, die den Kläger jede berufliche Herausforderung als entscheidenden Wettkampf wahrnehmen ließ. Das Erfüllen vor allem der eigenen hohen Erwartungen führte zu einer dauerhaften Überlastung, die im Burn-Out endete.
Versicherung muss BU-Rente in Höhe von 9.000 Euro monatlich zahlen
Das Gericht folgte den Argumenten des Gutachters - und urteilte, dass die mit dem Burn-Out-Syndrom verbundenen Beschwerden zu einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50% geführt hätten. Die Versicherung musste die vereinbarte monatliche BU-Rente in Höhe von 9.000 Euro zahlen - und zwar rückwirkend seit Beginn der Berufsunfähigkeit. Dies entsprach einer zusätzlichen Summe von 148.000 Euro. Hinzu kamen die zu viel gezahlten Beiträge in Höhe von etwa 65.000 Euro.
Die Anerkennung des Burn-Out-Syndroms als Ursache für eine Berufsunfähigkeit bestätigt damit erneut den umfangreichen Schutz, den eine Berufsunfähigkeitsversicherung bietet. Selbst Erkrankungen, deren Tragweite erst im Laufe der Zeit medizinisch und gesellschaftlich anerkannt wird, sind dabei eingeschlossen.
Dennoch sollten besonders Freiberufler und Selbständige bei der Auswahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Qualität der Versicherungsbedingungen achten: Sie sind die Grundlage für die Leistungspflicht der Versicherung.