Rücksendung nach sechs Monaten: Onlinehändler:in muss Kaufpreis zurückerstatten
Die 14 ist eine Zahl, die im Onlinehandel eine wichtige Rolle spielt. 14 Tage Widerrufsrecht hat der Kunde oder die Kundin und wiederum 14 Tage hat er:sie Zeit, um die Ware nach Widerruf an den:die Händler:in zurückzuschicken. Hat der:die Onlinehändler:in die Ware erhalten, muss er:sie auch den Kaufpreis zurückerstatten. Soweit, so klar. Nun gibt es aber ein erstaunliches Urteil des Amtsgerichts Münster, in dem ein:e Händler:in ein halbes Jahr auf die Rücksendung der Ware warten musste und am Ende vor Gericht trotzdem verlor…
Käufer:in schickt Ware nach einem halben Jahr zurück
In dem Fall ging es um eine:n Onlinehändler:in und einem:einer Käufer:in. Diese:r hatte im Mai 2017 Ware im Wert von 1.600 Euro in dem Onlineshop bestellt. Nachdem der:die Käufer:in die Ware erhalten hat, erklärte er:sie bezüglich eines Großteils der Ware den Widerruf und schickte den ersten Teil der Lieferung mit dem schriftlichen Hinweis „Lieferung 1 von 2“ an den:die Händler:in zurück.
Daraufhin erstattete der:die Onlinehändler:in dem:der Käufer:in den Wert der zurückgeschickten Ware in Höhe von 692 Euro. Damit schien es so, als sei die Angelegenheit erledigt.
Doch dann ging der Streit erst richtig los: Denn ein halbes Jahr später, im November 2017, erhielt der:die Händler:in plötzlich den zweiten Teil der Ware. Da er:sie diese Rücksendung für verspätet hielt, teilte er dem:der Käufer:in mit, dass er:sie die Ware nicht annimmt und auch den restlichen Kaufpreis nicht erstatten wird. Daraufhin setzte der:die Käufer:in dem:der Händler:in eine Frist und forderte ihn:sie noch einmal dazu auf, den restlichen Kaufpreis zurückzuerstatten. Da der:die Händler:in auch dieser Frist nicht nachkam, verklagte der:die Käufer:in den:die Onlinehändler:in vor dem Amtsgericht Münster auf Zahlung von 900 Euro (Wert der im November zurückgeschickten Ware).
Händler hält Rückerstattung für verwirkt
Vor Gericht argumentierte der:die Onlinehändler:in, dass der Anspruch des Käufers oder der Käuferin auf Rückzahlung des Kaufpreises verwirkt ist, weil er:sie die Ware verspätet zurückgeschickt hat. Er:sie hätte ein halbes Jahr später nicht mehr damit rechnen müssen, dass der zweite Teil der Ware noch bei ihm:ihr eingeht. Deshalb sei er davon ausgegangen, dass die Angelegenheit erledigt ist.
Der:die Käufer:in erklärte, dass er:sie den zweiten Teil der Ware nur verspätet zurückgeschickt hat, weil er:sie aufgrund des besonderen Packmaßes des Pakets Probleme mit mehreren Versanddienstleistern gehabt habe.
Gericht urteilt gegen den:die Onlinehändler:in
Das Amtsgericht Münster gab letztendlich dem:der Käufer:in Recht und verurteilte den:die Onlinehändler:in zur Rückzahlung der noch offenen 900 Euro (Urteil vom 21.09.2018, Az: 48 C 432/18).
Die Entscheidung begründete das Gericht folgendermaßen:
Der:die Händler:in habe grundsätzlich das Recht, den zu erstattenden Kaufpreis zurückzubehalten, bis die Ware vollständige wieder bei ihm:ihr eingegangen ist (Zurückbehaltungsrecht gemäß § 357 Abs. 4 BGB). In diesem Fall ist das unstreitig passiert, daher sei das Zurückbehaltungsrecht des Händlers oder der Händlerin erloschen.
Eine Pflichtverletzung ohne Folgen
Außerdem, so das Gericht, sei der Anspruch des Käufers oder der Käuferin auch nicht wegen Verwirkung erloschen, wie von dem:der Onlinehändler:in behauptet. Denn das Gesetz kenne eine solche Rechtsfolge wegen verspäteter Rücksendung nicht.
Rechtsfolgen bei verspäteter Rücksendung: Was sagt das Gesetz?
Grundsätzlich ist ein:e Verbraucher:in gesetzlich dazu verpflichtet, Ware im Fall eines Widerrufs rechtzeitig zurückzuschicken. Tut er:sie das nicht, darf der:die Händler:inden Kaufpreis einbehalten und grundsätzlich auch Schadenersatz wegen der verspäteten Rücksendung von dem:der Verbraucher:in verlangen (§ 280 Abs. 1 und 2 BGB).
ABER: Dazu muss er durch die Nicht-Rücksendung einen Schaden erleiden und dies auch nachweisen. In der Praxis wird der:die Onlinehändler:in in der Regel jedoch nicht geschädigt, da er:sie den Kaufpreis nicht rückerstatten muss, solange er:sie die Ware nicht zurück hat. Denkbar wäre ein Schaden nur, wenn es sich um Saisonware handelt und der:die Händler:in diese bei rechtzeitiger Rücksendung durch den:die Käufer:in noch zu einem höheren Preis hätte verkaufen können. Dies wäre aber in der Praxis sehr schwierig zu beweisen – und die Beweislast trägt der:die Händler:in.
Auch einen Verstoß gegen den sogenannten Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) – wie von dem:der Onlinehändler:in vorgetragen – ließ das Gericht nicht gelten. Der:die Händler:in hatte eingewandt, dass er:sie darauf vertrauen konnte, dass sechs Monate später keine Ware mehr bei ihm:ihr eingeht. Die Richter:innen waren diesbezüglich aber gegenteiliger Meinung: Mit dem Hinweis auf der ersten Rücksendung „Lieferung 1 von 2“ habe der:die Käufer:in explizit darauf hingewiesen, dass noch eine zweite Rücksendung erfolgt. Daraufhin hätte der:die Händler:in Kontakt mit dem:der Käufer:in aufnehmen und nachfragen müssen, ob er:sie die zweite Rücksendung bereits veranlasst hat, allein schon deswegen, weil der:die Händler:in die Gefahr der Rückensendung tragen muss.
Unter Einbeziehung all dieser Gründe sah das Gericht den Erstattungsanspruch des Käufers oder der Käuferin als gerechtfertigt an und verurteilte den:die Onlinehändler:in zu 900 Euro.
Onlinehändler:innen müssen geduldig sein…
Für die Praxis bedeutet das Urteil, dass Onlinehändlern kaum etwas anderes übrig bleibt, als in Sachen Rücksendung geduldig zu sein. Denn zwar hat der:die Käufer:in eine Pflicht zur fristgerechten Rücksendung, es wird aber meist folgenlos für ihn:sie bleiben, wenn er:sie gegen diese Pflicht verstößt. Da es sich bei dieser Entscheidung jedoch (nur) um eine Einzelfallentscheidung eines Amtsgerichts handelt, könnten andere Gerichte in ähnlichen Fällen auch anders entscheiden.
Webshop-Versicherung: Macht Risiken für Onlinehändler:innen kalkulierbar
Nicht nur, dass es in kaum einem Bereich so viele Pflichten und Regeln gibt wie im Onlinehandel, jetzt hat ein Gericht im vorliegenden Fall auch noch entschieden, dass der:die Onlinehändler:in den Kürzeren zieht, obwohl der:die Käufer:in es war, der seiner:ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist. Wenn das nicht zum Verzweifeln ist… Dieser Extremfall zum Thema Widerrufsrecht zeigt, dass es gerade im eCommerce-Bereich immer wieder unvorhersehbare Entscheidungen und damit Risiken gibt, gegen die leider kein Kraut gewachsen ist und mit denen Onlinehändler:innen in ihrem Business klarkommen müssen.
Umso wichtiger ist es, dass Sie sich um die Risiken kümmern, die sich absichern lassen. Für diese gibt es die Webshop-Versicherung über exali.de. Mit dieser ist Ihr Business umfassend abgesichert, zum Beispiel bei Abmahnungen (auch bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen Verstoß gegen das Widerrufsrecht), Schadenersatzforderungen und – im Rahmen der Betriebs- und Produkthaftpflicht – beim Thema Produkthaftung.
Im Schadenfall prüft die Versicherung erst auf eigene Kosten, ob die Forderung berechtigt ist und übernimmt eine berechtigte Schadenersatzzahlung. Bei uns gibt es kein Callcenter und keine Warteschleife, bei Fragen und im Fall eines Schadens hilft Ihnen Ihr:e persönliche:r Ansprechpartner:in unkompliziert weiter.
© Ines Rietzler – exali AG
Ehem. Chefredakteurin Online-Redaktion
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Nach einem Volontariat und ein paar Jahren in der Unternehmenskommunikation bin ich nun bei exali als Chefredakteurin in der Online-Redaktion für Content aller Art zuständig.
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