Unzulässige Zahlungen nach Insolvenz: Director muss 54.000 Euro zurückzahlen!
Ist ein Unternehmen insolvent, kommt auf seine Organe – zum Beispiel den Geschäftsführer – einiges zu. Neben dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung gibt es noch weitere Risiken, die auf ihn lauern. Dazu gehört, dass er nach der Insolvenz keine Zahlungen mehr vornehmen darf, die die Insolvenzmasse schmälern, zum Beispiel ausstehende Gehälter. Was gut gemeint ist, kann schnell zur persönlichen Haftungsfalle werden und hohe Schadenersatzforderungen nach sich ziehen, wie ein aktuelles BGH-Urteil zeigt.
Keine Zahlungen mehr während der Insolvenz!
Wenn ein Unternehmen sich in Insolvenz befindet, müssen seine Organe alles unterlassen, was die Insolvenzmasse schmälert oder einzelne Gläubiger bevorzugt. Das bedeutet, sie dürfen keine Auszahlungen mehr veranlassen. Tut ein Geschäftsführer (oder ein anderes Organ des Unternehmens) das trotzdem, ist er erstattungspflichtig und kann mit seinem Privatvermögen in Anspruch genommen werden.
In Ausnahmefällen kann es sein, dass Geschäftsführer doch von einer Strafe verschont bleiben. Denn es gilt: Wird die Insolvenzmasse mit oder ohne Zutun des Verursachers wieder ausgeglichen, ist der Zweck der Masseerhaltung erreicht. Eine nochmalige Erstattung würde die Insolvenzmasse darüber hinaus anreichern. Das bedeutet im Klartext: Wenn es dem Insolvenzverwalter gelingt, eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen, oder wenn für die Zahlung unmittelbar ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen zurückfließt (Aktiventausch), dann ist der Verursacher aus dem Schneider.
Sind Strom, Wasser und Arbeitsleistung ein ausreichender Ausgleich?
Doch auf diese Ausnahme sollten sich Geschäftsführer und Co. nicht zu sehr verlassen. Genau um diese Sonderregelung ging es nämlich in einem Fall, der erst über mehrere Instanzen verhandelt wurde und kürzlich vor dem Bundesgerichtshof landete. Der Insolvenzverwalter eines Unternehmens hatte dessen Director auf rund 54.000 Euro verklagt, weil dieser nach der Insolvenz noch Zahlungen an die Stadtwerke, Telekommunikationsunternehmen und weitere Dienstleister tätigte sowie Gehälter auszahlte.
Der Director hatte die Klage zurückgewiesen und damit argumentiert, dass durch seine Zahlungen der Betrieb des Unternehmens aufrechterhalten bleiben konnte, da es weiterhin die Dienstleistungen der Stadtwerke und der Telekommunikationsunternehmen – Strom, Wasser, Internet – und die Arbeitsleistung der Mitarbeiter in Anspruch nehmen konnte.
Das Erstgericht folgte dieser Argumentation nicht. Daraufhin ging der Director in Berufung und das Berufungsgericht gab ihm teilweise Recht. Es urteilte, der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Zahlungen zu ersetzen, da ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen zurückgeflossen sei. Das wollte der Kläger (der Insolvenzverwalter) nicht auf sich sitzen lassen. Er zog vor den Bundesgerichtshof.
… Nein! Sagt der Bundesgerichtshof
Und der hob das Urteil des Berufungsgerichts wieder auf (Urteil vom 04.07.2017, Az: II ZR 319/15) und gab dem Erstgericht Recht. In der Urteilsbegründung heißt es:
„Da der die Erstattungspflicht auslösende Vorgang in der Schmälerung der Masse durch die einzelne Zahlung besteht, ist nicht jeder beliebige weitere Massezufluss als Ausgleich dieser Masseschmälerung zu berücksichtigen. Vielmehr ist ein unmittelbarer wirtschaftlicher, nicht notwendig zeitlicher Zusammenhang mit der Zahlung erforderlich, damit der Massezufluss der an und für sich erstattungspflichtigen Masseschmälerung zugeordnet werden kann.“
Das bedeutet, eine Zahlung des Geschäftsführers oder eines anderen Organs eines Unternehmens, das sich in Insolvenz befindet, muss unmittelbar wirtschaftlich ausgeglichen werden. Der Zahlung von Gehältern und den Zahlungen an Energieversorgungs- und Telekommunikationsdienstleistern steht kein Massezufluss gegenüber. Im Urteil heißt es weiter:
„Soweit es sich um Energieversorgungs- und Telekommunikationsdienstleistungen, Entgelt für Internet und Kabelfernsehen, gehandelt hat, gilt wie für Arbeits- und andere Dienstleistungen, dass sie die für die Gläubiger verwertbare Aktivmasse nicht erhöhen und damit kein Ausgleich der Masseschmälerung durch die Zahlung sind.“
Arbeits- und Dienstleistungen gleichen also laut Bundesgerichtshof keine Zahlungen aus, die während der Insolvenz eines Unternehmens getätigt wurden. Das Ende vom Lied für den Director: Das Gericht verurteile ihn zur Zahlung der 54.000 Euro!
Richtig absichern!
Für den Director aus dem aktuellen Fall bleibt zu hoffen, dass er eine spezielle D&O-Versicherung für Manager und Geschäftsführer (auch Manager-Haftpflicht genannt) abgeschlossen hat, welche die persönliche Haftung absichert. Besondere Verantwortung in einem Unternehmen birgt nämlich auch ein hohes Risiko, schwerwiegende Fehler zu begehen. Bei Pflichtverletzungen haften Organmitglieder (zum Beispiel Vorstände, Geschäftsführer, Beiräte) wie im beschriebenen Fall mit ihrem Privatvermögen. Sind sie dann nicht ausreichend abgesichert, droht neben dem geschäftlichen Schaden auch privat der finanzielle Ruin.
Die D&O-Versicherungen über exali.de bieten im Ernstfall optimalen Schutz und helfen durch den integrierten passiven Rechtschutz auch bei der Abwehr unberechtigter Schadenersatzforderungen.
Weitere interessante Artikel:
- Wenn der CEO das Unternehmen um Kopf und Kragen quatscht
- Balda AG: Ehemalige Aufsichtsräte sollen 56 Millionen Euro Schadenersatz zahlen
- Ein Warnsignal für alle Geschäftsführer: Ex-Vorstand muss 4,6 Mio. Euro Schadenersatz zahlen
© Ines Rietzler – exali AG