Anwälte und Anwältinnen aufgepasst: Das sind die Risiken bei der Nutzung des beA
Schon Jahre ist es jetzt her, als der Trubel mit dem beA (besonderen elektronischen Anwaltspostfach) begann. Noch bevor es am 1. Januar 2018 für alle Anwälte und Anwältinnen Pflicht werden sollte, wurde eine eklatante Sicherheitslücke entdeckt und das beA war offline. Und blieb es auch – bis September 2018. Seitdem besteht auch die passive Nutzungspflicht wieder. Welche Risiken es für Anwälte und Anwältinnen bei der Nutzung des beA gibt, wie sie sie vermeiden können und was es Neues zum Thema Sicherheitslücke gibt, erfahren Sie hier.
Update 24.03.2021: BGH-Urteil zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des beA
Einige Anwälte und Anwältinnen hatten gegen die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) geklagt, weil sie eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des beA erreichen wollten. Nun hat der BGH entschieden, dass die BRAK nicht verpflichtet ist, das beA mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu betreiben. Die bestehende Sicherheitsmethode reiche aus, so die Richter:innen. Die gesetzlichen Vorschriften seinen mit einem zweistufigen Sicherheitscontainer erfüllt. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die gemeinsam mit den Anwält:innen geklagt hatte, zeigt sich von dem Urteil enttäuscht und hofft jetzt auf den Gesetzgeber. Dieser müsse auch in Hinblick auf das Mandatsgeheimnis eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vorschreiben. Auch das beA allgemein müsse überarbeitet werden, so der Vorsitzende der GFF Ulf Buermeyer: „Das beA war von Anfang an ein Sicherheits-Desaster.“ (…) Außerdem ist das System sehr unkomfortabel und quälend langsam (…).“
Update vom 17.12.2019: Überprüfung der beA Erstregistrierung
Obwohl eine passive Nutzungspflicht des beA besteht, sind bis heute einige beA-Postfächer noch nicht registriert. Das heißt, dass einige Anwälte und Anwältinnen sich bisher noch nicht mit dem beA auseinandergesetzt haben und – da sie noch nicht registriert sind – auch ihrer Pflicht zur Überwachung der Posteingänge im beA nicht nachkommen können. Achtung: Ab 1. Januar 2020 wollen die Rechtsanwaltskammern die noch nicht erstregistrierten Postfächer auflisten lassen und die Erfüllung der Berufspflicht abfragen. Sollten Sie sich bislang noch nicht im beA registriert haben, sollten Sie dies daher dringend noch vor dem neuen Jahr erledigen. Wie Sie Ihr beA einrichten können, erfahren Sie hier.
Aktive Nutzungspflicht des beA für Arbeitsgerichtsbarkeit Schleswig-Holstein
Eine allgemeine aktive Nutzungspflicht des beA besteht erst ab dem 1. Januar 2022. Mit zwei Ausnahmen: Seit dem 1. Januar 2020 gilt für die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein die verpflichtende aktive Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte, Notare, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts. Seit 1. Januar 2021 gilt in Bremen die aktive Nutzungspflicht des beA für Schriftsätze an das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, das Landesarbeitsgericht Bremen, das Sozialgericht Bremen sowie das Finanzgericht Bremen.
Update vom 06.08.2019: beA versteht keine Umlaute und Sonderzeichen
Die Mängelliste des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) wird mal wieder länger. In einem aktuellen Fall hatte ein Kläger eine Begründung fristgerecht an den Bundesfinanzhof versandt. Dort kam diese Begründung allerdings nie an. Der Grund: Der Kläger hatte in dem Schriftsatz Sonderzeichen und Umlaute verwendet. Dass dies bei der Nutzung des beA nicht zulässig ist, wusste er nicht. Die Nachricht wurde zwar an den BFH übermittelt, landete dort aber aufgrund der „unerlaubten Zeichen“ in einem Ordner für korrupte Nachrichten. Fatal: Das beA meldete dem Absender die erfolgreiche Übermittlung der Nachricht. Auch der BFH wurde nicht darüber informiert, dass die Nachricht in den „Spam-Ordner“ verschoben wurde. Außerdem sieht das System nicht vor, dass der BFH auf solche Nachrichten zugreifen kann.
Immerhin ist es bei einer solchen unverschuldeten Fristversäumnis möglich, eine Beschwerde einzureichen und die Wiedereinsetzung zu beantragen. Das machte der BFH im Leitsatz zu seinem Beschluss vom 05.06.2019, Az: IX B 121/18, deutlich. Den Anwaltskammern ist diese Problematik bewusst. Sie weisen Anwälte und Anwältinnen zwar darauf hin, Umlaute und Sonderzeichen nicht zu verwenden, nicht jedoch auf die Konsequenzen (wie in diesem Fall die Fristversäumnis).
Vorsicht bei Übermittlung über ein fremdes beA
Da das beA als sicherer Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO gilt, reicht am Ende eines Schriftsatzes, der über das beA übermittelt wird, die einfache Signatur des Anwalts oder der Anwältin aus. Das bedeutet, Sie müssen, wenn Sie Dokumente über das beA verschicken, keine qualifizierte elektronische Signatur anfügen.
Aber Achtung:
Wenn Sie als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin den beA-Zugang eines Kollegen oder einer Kollegin nutzen, müssen Sie aufpassen. Denn das Arbeitsgericht Lübeck hat entschieden, dass eine Klage, die mit einfacher Signatur über das beA an das Gericht übermittelt wird, über das beA des unterzeichnenden Rechtsanwalts verschickt werden muss (Verfügung vom 10.10.2018, Az: 6 Ca 2050/18). Übermittelt eine andere Rechtsanwältin (nicht die Unterzeichnerin) über ihren beA-Zugang den Schriftsatz, muss sie ihn zwingend zusätzlich qualifiziert signieren. Tut sie das nicht, gilt die Klage als nicht wirksam eingegangen.
Das bedeutet, die Übermittlung über das beA ist immer personengebunden. Auch in einer Kanzlei mit mehreren Anwält:innen hat jede:r sein:ihr eigenes beA, ein „Kanzlei-beA“ gibt es nicht.
beA-Nutzung im Urlaub: beA-Karte und PIN nicht weitergeben
Auch Anwälte und anwältinnen sind mal im Urlaub. Aber Achtung: Sie dürfen Ihre beA-Karte und den dazugehörige PIN nicht an einen Kollegen oder eine Kollegin zwecks Urlaubsvertretung weitergeben. Das hat das Arbeitsgerichts Lübeck entschieden (Az.: 6 Ca 679/19). Im vorliegenden Fall hatte ein Anwalt für seine Abwesenheit einen Schriftsatz vorbereitet und eine Kollegin gebeten, diesen zu gegebener Zeit beim zuständigen Gericht einzureichen. Für die Übermittlung verwendete die Kollegin das beA des abwesenden Anwalts und nutzte dafür dessen beA-Karte und PIN.
Das Gericht berücksichtigte den Schriftsatz schon deshalb nicht, da Unterzeichner und Übersenderin nicht identisch waren. Die Weitergabe der beA-Karte und der PIN sah das Gericht jedoch als gravierender an. Die Folge: Wegen „Kompromittierung seiner Karte“ kann der betroffene Rechtsanwalt bis zur Änderung seiner PIN keine Schriftsätze mehr über sein beA einreichen.
Eine Vertretung für die Nutzung des beA ist dennoch möglich. Dafür müssen Anwälte und Anwältinnen jedoch Folgendes beachten:
- bestellen Sie bei der Rechtsanwaltskammer eine offizielle Vertretung
- diese wird automatisch in das beA des Vertretenden eingetragen
- der:die Vertretene kann Rechte vergeben und beschränken
Hat ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin eine:n Vertreter:in mit den entsprechenden Rechten ausgestattet, kann diese:r über sein:ihr eigenes beA die Schriftsätze des:der Abwesenden versenden. Der:die Vertreter:in kann auch eine:n Mitarbeiter:in des abwesenden Anwalts oder der abwesenden Anwältin damit beauftragen, den Schriftsatz über das beA-Postfach des verreisten Anwalts oder der verreisten Anwältin zu versenden. Hierfür kann der:die Mitarbeiter:in seine:ihre beA-Mitarbeiterkarte nutzen.
Registrierung und passive Nutzungspflicht
Seit dem 3. September 2018 ist das beA nach langer Pause wieder online. Das heißt, seitdem gilt auch die passive Nutzungspflicht wieder. Nach § 31a VI BRAO n.F müssen Anwälte und Anwältinnen ihr bereitgestelltes beA registrieren und regelmäßig auf eingegangene Nachrichten überprüfen. Anwälte und Anwältinnen müssen zwar selbst aktiv (noch) nicht über das beA kommunizieren, allerdings müssen sie über das beA eingegangene Dokumente und Nachrichten zur Kenntnis nehmen. Es reicht somit nicht aus, einen Zugang einzurichten und das beA anschließend zu ignorieren.
Achtung: Status des beA ist für jeden erkennbar!
Mit einer Suchmaske im beA kann jede:r Nutzer:in erkennen, in welchem Status sich der beA-Zugang eines anderen Anwalts oder Anwältin befindet. Es ist ersichtlich, ob das Postfach „vollständig aktiv“ oder nur „vorbereitet aktiv“ ist. „Vorbereitet aktiv“ bedeutet, dass für die Anwältin oder den Anwalt ein beA angelegt wurde, diese:r sich aber noch nicht registriert hat. Somit kann sie:er auf ihr:sein beA und die darin enthaltenen Nachrichten auch nicht zugreifen. Den Status „vollständig aktiv“ erhalten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen nach der Registrierung und Freischaltung des beA. Erhält ein Anwalt oder eine Anwältin also beispielsweise ein Fristschreiben über das beA und lässt die Frist verstreichen, weil er:sie das beA noch gar nicht in Betrieb genommen hat und die Nachricht somit nicht lesen kann, so haftet er für entstandene Schäden.
Zeitplan zum beA: So geht es weiter
Theoretisch mussten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen seit dem 1. Januar 2018 das beA passiv nutzen (das bedeutet, das Postfach einrichten und regelmäßig auf neue Nachrichten prüfen). Seitdem haben sie auch die Möglichkeit, aktiv über das beA zu kommunizieren, eine Pflicht dazu besteht aber nicht.
Ebenfalls seit 1. Januar 2018 konnten die einzelnen Bundesländer per Rechtsverordnung die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs um ein oder zwei Jahre verschieben. Spannend wird es dann wieder zum 1. Januar 2020: Denn ab diesem Zeitpunkt können die einzelnen Bundesländer die Pflicht zur aktiven Nutzung des beA einführen. Informieren Sie sich frühzeitg, was in Ihrem Bundesland wann entschieden wird.
Ab dem 1. Januar 2022 besteht dann spätestens die verpflichtende aktive Nutzung des beA für alle Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen deutschlandweit.
Hier finden Sie Informationen zur Einführung des beA.
Das Sorgenkind beA: Ein Rückblick
Das beA ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Bereits die Liveschaltung des beA wurde immer wieder verschoben, weil Anwälte und Anwältinnen gegen die Pflicht zur beA-Nutzung klagten. Noch bevor zum 1. Januar 2018 die passive Nutzungspflicht in Kraft trat, war das beA aufgrund erheblicher Sicherheitslücken schon wieder offline. Und das bis September 2018!
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) beschloss erst nach der Auswertung des Abschlussgutachtens die Wiederinbetriebnahme des beA. Die sicherheitsrelevanten Fehler und Lücken aus dem Gutachten wurden vor der Liveschaltung behoben. Allerdings gibt es immer noch einige Fehler und Probleme mit dem beA. Diese sollen während dem laufenden Betrieb nach und nach behoben werden. Das beA befindet sich so gesehen aktuell in einer Beta-Phase.
Tipp:
Hier gibt es unseren Artikel mit den Updates zum beA-Debakel zum Nachlesen.
Anwälte und Anwältinnen klagen gegen die BRAK
Aktuell klagt eine Gruppe von Anwält:innen gegen die Bundesrechtsanwaltskammer. Diese wollen für das beA eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erzwingen (Wie eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung funktioniert, erfahren Sie hier). Nachdem die Bundesrechtsanwaltskammer zunächst behauptete, dass die Verschlüsselung, die beim beA zum Einsatz kommt, eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei, rückte sie von dieser falschen Annahme wieder ab. Da das Gericht noch viel Klärungsbedarf sieht, will es eine:n Sachverständige:n beauftragen. Die Verhandlung wurde erst einmal vertagt.
Risiko „beA“: Bestens abgesichert mit der Anwalts-Haftpflicht
Eines ist klar, es bleibt spannend in Sachen beA. Viele Fragen sind noch ungeklärt und das Risiko für Anwälte und Anwältinnen ist groß, bei der Nutzung des beA etwas falsch zu machen. Mit der Anwalts-Haftpflicht über exali.de sind Sie bestens abgesichert, wenn trotz aller Vorsicht etwas schiefgeht und Sie haftbar gemacht werden, beispielsweise wegen einem Fristversäumnis.
Bei Fragen können Sie sich jederzeit an unsere Kundenbetreuer:innen wenden, ganz ohne Callcenter oder Warteschleife.
Jan Mörgenthaler hat seit 2017 viel mit Freiberuflern und Freiberuflerinnen in verschiedenen TV-Formaten gearbeitet. Er steht regelmäßig vor und hinter der Kamera, kümmerte sich ehrenamtlich um das Marketing eines Gaming Vereins und weiß aufgrund dieser Erfahrungen genau, welche Themen Freelancer umtreiben.
Wenn er bei exali Artikel beisteuert, drehen sich diese meist um IT- und Cyberrisiken.