Fotografen aufgepasst! Wenn andere Personen vor die Linse springen…
Ein schneller „Knips“ und schon ist das Bild im digitalen Kasten. Hunderte Bilder schießen Fotografen in ihrem täglichen Business. Die Motive in der Bilderwelt sind dabei unglaublich vielfältig; zu fast allem, was wir sehen, gibt es eine Aufnahme; hier ein Naturbild aus unterschiedlichen Perspektiven, dort eine Food-, Sport-, Architektur- oder Portraitfotografie. Dass ihre eigenen Fotografien durch das Urheberrecht geschützt sind, ist den meisten Fotografen hinreichend bekannt. Doch was, wenn die Linse eine andere Person fokussiert hat? Dann steht das Urheberrecht des Fotografen dem Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person gegenüber.
„Knips“ mit Folgen – wenn die Falle Persönlichkeitsrecht zuschnappt
Wann eine Veröffentlichung rechtmäßig unzulässig ist
Urheber oder fotografierte Person – wer hat das Recht am eigenen Bild?
Urheberrecht auch für den Abgebildeten?
Oft sind Menschen das zentrale und stets aktuelle Motiv eines Fotografen. Genauso aktuell und relevant sind in diesem Zusammenhang die Diskurse um deren Rechte: Was gilt es als Fotograf zu beachten, um nicht auf einmal Zielscheibe von Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen zu sein. Die studierte Rechtswissenschaftlerin und Expertin auf diesem Gebiet, Juliane Böcken, informiert in ihrem Gastartikel auf unserer InfoBase über das komplexe Thema!
„Knips“ mit Folgen – wenn die Falle Persönlichkeitsrecht zuschnappt
Ob privater Schnappschuss oder professionelle Aufnahme – Menschen sind das meistfotografierte Motiv. Dass die auf einem Foto dargestellte Person insbesondere durch das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt ist, vergessen viele Fotografen bei der privaten oder kommerziellen Nutzung jedoch. Das Grundrecht garantiert einen umfassenden Schutz der Persönlichkeit. So schützt es insbesondere die Verletzung von Ehre, Ansehen, Selbstbestimmung oder sozialer Geltung einer Person (vgl. Bamberger/BeckOK, BGB § 12 Rn. 93). Das Persönlichkeitsrecht dient allerdings nicht nur dem Schutz ideeller Interessen des Wert- und Achtungsanspruchs eines Menschen. Darüber hinaus schützt es auch besondere persönliche Kennzeichen einer Person, wie beispielsweise ihr Bildnis, ihren Namen, ihre Stimme oder ihre eigene „Lebensgeschichte“ (vgl. Rixecker/Münchener Kommentar, BGB Anhang zu § 12 Rn. 3).
In das allgemeine Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person kann durch die Veröffentlichung oder Verbreitung eines Fotos, auf dem diese zu sehen ist, eingegriffen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das verwendete Bild einen „anrüchigen“ Charakter aufweist oder wenn mit der Art seiner Verwendung nachteilige Folgen für den Abgebildeten verbunden sind (Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, Rn. 374).
Wann eine Veröffentlichung rechtmäßig unzulässig ist
Ob die Veröffentlichung einer Fotoaufnahme aufgrund eines Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht tatsächlich unzulässig ist, ist mit Hilfe einer Abwägung zwischen den Interessen des Fotografen und der auf dem Foto abgebildeten Person zu beurteilen. Diese Abwägung ist auf den konkreten Einzelfall bezogen und kann von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Nie darf aber die Veröffentlichung in einem Zusammenhang erfolgen, der geeignet ist, die Ehre und den Ruf des Abgebildeten nachteilig zu schädigen (vgl. OLG Hamburg AfP 1981, 356). Wenn die Interessenabwägung ergibt, dass durch die Fotografie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person verletzt wird, ist dessen Veröffentlichung unzulässig. Die dargestellte Person kann sich dann gegen eine weitere Verbreitung und Veröffentlichung der Fotografie zur Wehr setzen.
Urheber oder fotografierte Person – wer hat das Recht am eigenen Bild?
Die §§ 22 ff. des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) regeln das Recht einer Person am eigenen Bild. Die Vorschriften betreffen allein die persönlichkeitsrechtlichen Interessen der fotografierten Person. Das Recht am eigenen Bild steht demnach nicht dem Urheber, sondern nur dem Abgebildeten selbst zu. Dieser ist daher ausschließlich befugt, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (vgl. BGH: Urteil vom 06.03.20017, Az.: VI ZR 51/06).
Das Bildnisrecht beschränkt den durch das Urhebergesetz geschützten Fotografen bei der Anfertigung und Verwertung seiner Fotos. Fotografien dürfen gemäß § 22 KUG nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Wer das Bild einer Privatperson veröffentlichen will, sollte daher zuvor sorgfältig prüfen, ob eine Einwilligung der Person vorliegt. Im Zweifel gilt eine Einwilligung jedoch als erteilt, wenn die fotografierte Person dafür, dass sie sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhalten hat.
Ausnahmen von dem Erfordernis einer Einwilligung finden sich in § 23 Abs. 1 KUG. Nach dieser Vorschrift dürfen beispielsweise Bildnisse der Zeitgeschichte oder Fotos auf denen die Personen nur als Beiwerk erscheinen auch ohne Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet werden.
Diese Befugnis erstreckt sich jedoch wiederum nicht auf eine Verbreitung und Zurschaustellung von Fotos, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird. Ob dies der Fall ist, wird auch hier erst anhand der konkreten Art der Veröffentlichung unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der abgebildeten Person und des Fotografen festzustellen sein. Berechtigte Belange des Abgebildeten sind jedoch insbesondere dann betroffen, wenn durch die Verbreitung der Bilder die Intimsphäre der dargestellten Person verletzt wird (vgl. Soehring/Hoene, Presserecht, § 21 Rn. 17).
Urheberrecht auch für den Abgebildeten?
Abschließend noch ein kleiner Hinweis: Diejenige Person, die auf einer Fotografie abgebildet ist, hat selbst keine dem Urheber vergleichbaren Rechte. Diese stehen ausschließlich dem Fotografen zu. Ohne dessen Einverständnis darf die abgebildete Person daher beispielsweise Bilder, auf denen sie zu sehen ist, grundsätzlich nicht veröffentlichen. Andernfalls wird das Urheberrecht des Fotografen verletzt.
Eine Ausnahme bildet die Regelung des § 60 Urhebergesetz, durch welche die Verwertungsrechte des Urhebers eingeschränkt werden. Nach dieser Vorschrift dürfen auf Bestellung angefertigte Fotos, auf denen eine Person abgebildet ist (Bildnisse), auch ohne Erlaubnis des Fotografen vervielfältigt und unentgeltlich verbreitet werden. Diese Ausnahmeregelung kann im Rahmen des Bestellvertrages jedoch durch den Fotografen ausgeschlossen werden.
Über die Autorin:
Juliane Böcken ist Referendarin am Landgericht Bonn. Sie hat Rechtswissenschaften in Trier und Bonn studiert. Ihr Schwerpunkt lag im Bereich "Wirtschaft & Wettbewerb". Nach dem Studium hat sie praktische Erfahrung als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Köln gesammelt. 2014 schloss sie die Zusatzausbildung "Journalismus und Recht" ab.
Zur verwendeten Literatur:
Bamberger in BeckOK BGB § 12 Rn. 93 (Stand 2015)
Damm, Renate/Rehbock, Klaus (2007): Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien. 3., neu bearbeitetete Auflage. C.H. Beck Verlag.
Rixecker, Roland/Säcker, Franz Jürgen (Hrsg.) (2012): Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB. 6. Auflage. C.H. Beck Verlag.
Soehring, Jörg/Hoene, Verena (2013): Presserecht: Recherche, Darstellung, Haftung im Recht der Presse, des Rundfukns und der neuen Medien. Otto Schmidt Verlag.