Lost places als Fotomotive – Rechtliche Aspekte & Risiken
Sie drückt den grobmaschigen Zaun ein wenig zur Seite, zwängt sich durch den engen Spalt. Mit kleinen Schritten huscht sie über den Hof und nähert sich dem verfallenen Gebäude – die Kamera im Anschlag Die Fenster sind größtenteils zugenagelt, das Dach eingefallen. Unweit der Eingangstüre liegt ein Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“. Sie kümmert sich nicht weiter darum und tritt ein – das Klicken des Auslösers kommt ihr in der Stille ungeheuer laut vor…
Klingt spannend und Sie würden gerne wissen, wie es weitergeht? Rechtlich gesehen gibt es mehrere mögliche Szenarien. Wie diese aussehen könnten, was bei der Fotografie von sogenannten „Lost places“ und anderen Gebäuden zu beachten ist, erklären wir heute auf der exali.de InfoBase.
Nervenkitzel Fotografie
Leer stehende, halb zerfallene Gebäude üben einen ganz besonderen Reiz auf uns aus. Besonders, wenn die ehemaligen Bewohner ihre Spuren hinterlassen haben, erkennbar ist, welchem Zweck das Gebäude einst diente. Nicht nur das Aufnehmen der Bilder, auch das spätere Betrachten ist ein Erlebnis.
Das liegt sicher mit daran, dass das Betreten solcher verlassenen Orte rechtlich nicht genau definiert ist. Häufig ist es illegal – selbst wenn die Häuser nur noch vor sich hin modern und die Fotografen nichts zerstören und stehlen.
Doch auch, wenn ein Gebäude verlottert aussieht, muss der Wille des Eigentümers oder Besitzers beachtet werden. Wer trotz Abgrenzung des Gebäudes, beispielsweise durch Zaun, Mauer oder Graben, ohne zu fragen einfach eintritt, begeht nach geltendem deutschem Recht Hausfriedensbruch.
Wer beim Besuch eines lost place erwischt wird, muss aber nicht zwingend Angst vor den Konsequenzen haben. Denn: Hausfriedensbruch wird nur nach Anzeige des Eigentümers verfolgt, die Polizei alleine kann nichts ausrichten – außer Sie zum Gehen aufzufordern.
Nutzung der Bilder von lost places
Ist das Betreten eines lost places illegal, da es nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, ist natürlich auch das Fotografieren und besonders die anschließende Veröffentlichung der Bilder nicht erlaubt.
Der Hausherr hat ja unter Umständen etwas dagegen, dass der Zustand seines Besitzes sichtbar gemacht wird. Im Ernstfall könnte er die Löschung der Fotos verlangen und auf Unterlassung der Verbreitung klagen. Besonders, wenn Bilder von lost places kommerziell genutzt werden sollen – zum Beispiel als Kalenderbilder oder als Hintergrund von Bandfotos für ein Albumcover – ist es sinnvoll, sich die Einwilligung des Eigentümers zu sichern.
Fotografieren von frei zugänglichen Kunstwerken
Wer statt verfallener Gebäude lieber Kunstwerke an Straßen, Plätzen oder in Gärten fotografiert, muss auch ein paar Regeln beachten: Grundsätzlich dürfen Kunstwerke aller Art abgelichtet werden, die an frei zugänglichen Stellen stehen – das gilt auch für solche auf Privatgrundstücken, die von der Straße aus frei einsehbar sind (=Straßenperspektive).
Geregelt wird das durch §59 des Urhebergesetzes. Eingeschränkt wird dieses Recht nur, wenn der Eigentümer des Grundstücks das Fotografieren ausdrücklich verbietet. So geschehen beispielsweise im Fall Sanssoucis: Der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten als Eigentümerin des Schlosses wurde gerichtlich das Recht zugesprochen, die Vermarktung von Bildern zu verbieten, die auf dem Grundstück von Schloss Sanssoucis aufgenommen wurden.
Nicht zulässig ist die nachträgliche Bildbearbeitung, durch die ein Foto verändert wird. Es muss möglichst naturgetreu wiedergegeben werden. Vervielfältigt und verbreitet werden darf das Bild dagegen schon. Selbst die gewerbliche Nutzung ist erlaubt – solange die Bilder eben aus der Straßenperspektive heraus entstanden sind.
Absicherung von Urheberrechtsverletzungen
Werden Bilder trotz Widerspruch des Eigentümers/Besitzers/Urhebers auf nicht zulässige Art und Weise genutzt, liegt ein Verstoß gegen das Urheberrecht vor. Der Geschädigte kann dann per Abmahnung und Unterlassungserklärung gegen den Fotografen vorgehen und bei kommerzieller Nutzung ggf. auch Schadenersatzforderungen stellen.
Fotografen und andere Kreative, die sich vor derartigen fahrlässigen Verstößen gegen das Urheberrecht und andere gewerbliche Schutzrechte absichern möchten, können dies über die exali.de Media-Haftpflicht tun.
Weiterführende Informationen
- Urheberrecht: Schlösserstiftung Sanssouci streitet mit Fotoagenturen
- Urheberrechtsstreit um Beuys-Fotos: Stiftung bekommt ihr Fett weg
- Urteil OHG Österreich: Fotografieren verboten – Bereits die Aufnahme des Bildes kann eine Rechtsverletzung darstellen
- Fragen aus der Praxis: Wie schützt die Media-Haftpflicht Webworker, Designer, Blogger, Texter, Fotografen & Co?