Zitatrecht: So zitieren Sie andere Werke korrekt
Ob in Wort, (Bewegt)Bild oder Schrift: Zitate bringen Dinge auf den Punkt und werten Content in jeder Form enorm auf. Doch so verführerisch es auch sein mag, auf fremde Inhalte zurückzugreifen, um eigene Gedankengänge zu untermalen – verwenden Sie Zitate niemals unbedacht! Denn diese können urheberrechtlich geschützt sein. Bei unrechtmäßiger Nutzung drohen Ihnen daher teure Abmahnungen und Schadenersatzforderungen. Um dieses Risiko zu minimieren, haben wir hier die wichtigsten Regelungen zum korrekten Zitieren für Sie zusammengefasst und verraten Ihnen darüber hinaus, wie Sie sich vor den Folgen von Urheberrechtsverletzungen zuverlässig schützen können.
Was ist ein Zitat? – Eine Definition
Beim Begriff Zitat denken die Meisten wohl an einen griffigen Satz aus der Literatur, der einen Sachverhalt gut auf den Punkt bringt. Doch abgesehen von Büchern ist das Zitieren auch beim gesprochenen Wort, Bildern oder sogar bei Filmen beziehungsweise Fernsehsendungen möglich. In welchem Format auch immer, grundsätzlich gilt: Ein Zitat wird herangezogen, wenn Sie sich mit einem Werk auseinandersetzen wollen und erfüllt damit eine Belegfunktion, um Ihre eigenen Gedankengänge zu untermauern. Sie übernehmen hierbei fremdes Gedankengut. Was erst einmal nach wenig Eigenleistung klingt, spielt jedoch in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, zum Beispiel in der Wissenschaft. Hier setzen sich viele Menschen regelmäßig mit fremden Kenntnissen auseinander und treiben so die kulturelle und akademische Weiterentwicklung voran.
Ein anderes Werk auszugsweise zu zitieren ist eine Sache, ein komplettes Buch von jemand anderem schreiben zu lassen und den eigenen Namen darunter zu setzen, nochmal eine ganz andere. Worauf es beim sogenannten Ghostwriting ankommt, haben wir hier für Sie zusammengefasst: Ghostwriting: Haftung, Rechtslage und ein echter Schadenfall.
Im Umkehrschluss sind Zitate ohne inhaltlichen Zusammenhang mit einem Werk daher nicht gestattet. Auch die Nutzung eines anderen Werkes zu Zwecken der Illustration, etwa bei der Bewerbung eines Produkts, zählt nicht als Zitat. Ist die Auseinandersetzung mit einem Werk dagegen eher satirischer Natur, kann das wiederum von der Zitatfreiheit gedeckt sein.
Zitatrecht – die Grundlagen
Wollen Sie korrekt zitieren, sollten Sie sich im Vorfeld mit den rechtlichen Grundlagen des Urheberrechts vertraut machen. Denn das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt geistige und künstlerische Leistungen (beispielsweise Texte, Gemälde, Skulpturen, Fotografien und noch vieles mehr), wenn sie eine gewisse Schöpfungshöhe besitzen, beispielweise aufgrund von Kreativität und Einfallsreichtum. Dieser urheberrechtliche Schutz umfasst auch Teile eines Werkes wie einen Textauszug oder einen Fotoausschnitt.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, obliegt es in erster Linie der/dem Urheber:in, ob sie/er das Werk vervielfältigen (Paragraf 16 UrhG), verbreiten (Paragraf 17 UrhG) oder öffentlich zugänglich machen will (Paragraf 19a UrhG). Wollen andere das Werk wirtschaftlich nutzen, muss die/der Urheber:in ihnen gemäß Paragraf 31 UrhG ein Nutzungsrecht zum Beispiel in Form einer Lizenz übertragen.
Grundsätzlich gilt also: Wollen Sie fremde Inhalte nutzen, dann benötigen Sie in der Regel das Einverständnis der/des Urheber:in, denn die meisten Werke genießen urheberrechtlichen Schutz. Doch wie immer existiert auch hier eine Ausnahme, solange bestimmte Voraussetzungen gegeben sind: Das Zitatrecht. Das heißt aber nicht, dass sie einfach frei über fremden Content verfügen und dafür den Zweck eines Zitats vorschieben können! Die Zitatschranke des Paragrafen 51 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) regelt sehr explizit, wann Sie auch ohne Erlaubnis zitieren dürfen. Die Schranken des Urheberrechts bezeichnen die Vorschriften, die einen Ausgleich zwischen den Interessen der/des Urheber:in und gegenteiligen Intentionen schaffen – so zum Beispiel die Zitatschranke, die es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, Auszüge eines fremden Werks wiederzugeben. Konkret bestimmt Paragraf 51 Satz 1:
„Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn
1. einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,
2. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,
3. einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden.
Von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 umfasst ist die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.“
Diese Vorgabe gilt übrigens auch für Bilder oder Videos. Hat zum Beispiel ein:e Youtuber:in eine Szene aus einer TV-Show entnommen, um sie zu rezensieren und ausgiebig zu besprechen, dann ist das von dieser Regelung gedeckt. Soll das Zitat für sich alleine stehen, können Sie sich allerdings nicht auf diesen Paragrafen berufen, denn hier erfolgt keine Auseinandersetzung mit dem Werk – der Zitatzweck fehlt. Ein klassisches Beispiel dafür sind Satiresendungen wie die heute show, die zum Zwecke der satirischen Auseinandersetzung mit dem Politik- und Weltgeschehen regelmäßig auf fremde TV-Inhalte zurückgreift.
Auch die rechtlich einwandfreie Nutzung fremder Bilder ist immer wieder Gegenstrand juristischer Auseinandersetzungen. Mit unserem Artikel Bilder rechtssicher verwenden: Alle Infos im Überblick erfahren Sie, woraus Sie achten müssen.
Halten Sie sich beim Zitieren nicht an die gesetzlichen Vorgaben, begehen Sie also eine Urheberrechtsverletzung. Gegen diese kann sich jede:r, die/der unerlaubt zitiert wurde, wehren. Meist geschieht das in Form einer Abmahnung, über die die/der Geschädigte Anspruch auf Beseitigung (Paragraf 97 Absatz 1 Satz 1 UrhG) geltend macht. Darüber hinaus kann die/der Geschädigte prinzipiell auch Schadenersatz verlangen. Freies Zitieren ist lediglich bei gemeinfreien sowie amtlichen Werken gestattet. Ein Werk gilt in der Regel 70 Jahre nach dem Tod der/des Urheber:in als gemeinfrei.
So zitieren Sie richtig
Sie haben alles geprüft und sind sich sicher, dass Ihr gewünschtes Zitat unter die Regelungen durch Paragraf 51 UrhG fällt? Damit ist der erste Schritt getan, doch damit enden die einzuhaltenden Vorgaben noch lange nicht. Denn beim Zitieren müssen Sie sich ein einige formale Angaben halten, um das Risiko für rechtliche Auseinandersetzungen zu umgehen.
Erkennbarkeit
Zitieren Sie aus einem anderen Werk, muss das für Ihre Leser:innen klar erkennbar sein. Sie dürfen ein fremdes Werk also nicht einfach ohne Unterscheidung in Ihr eigenes integrieren. Das kann auf verschiedenen Wegen erfolgen:
- Anführungszeichen
- Einrückungen
- Formatierung, die sich vom Rest des Textes unterscheidet
Missachten Sie diese Vorgabe, begehen Sie eine Urheberrechtsverletzung!
Unveränderbarkeit
Verwenden Sie ein Zitat, müssen Sie es zudem unverändert übernehmen (Änderungsverbot nach Paragraf 62 UrhG). Alles andere ist bietet Potenzial zur Entstellung des verwendeten Werks. Diese ist oft geeignet, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen der/des Urheber:in zu gefährden – sehen Sie daher besser davon ab. Selbst grammatikalische Veränderungen sollten Sie eindeutig kennzeichnen.
Falschzitate bieten außerdem großes Potenzial für Persönlichkeitsrechtsverletzungen gegenüber der zitierten Person, wenn Sie ihr/ihm Aussagen unterstellen, die sie/er so nie getätigt hat. Stellen Sie sich nur vor, ein Zitat wird aus dem Zusammenhang gerissen und beispielsweise in einen extremistischen Kontext gesetzt. So könnte der Eindruck entstehen, dass die/der Zitierte mit einer bestimmten Gruppierung sympathisiert, obwohl das nicht der Wahrheit entspricht.
Zudem kann auch das Markenrecht einen Streitpunkt im Zusammenhang mit Zitaten darstellen. Denn wollen Sie die/den Autor:in eines Zitats nennen und ist diese:r prominent, bietet das ebenfalls großes Potenzial für Rechtsverletzungen – denken Sie nur an große Namen der Modebranche wie Jil Sander oder Hugo Boss. Vermeiden Sie daher die Nutzung solcher Namen in Bezug auf Waren und Dienstleistungen, bei denen der Eindruck entstehen kann, sie wären Teil der zitierten Marke.
Übersetzungen eines Zitats sind dagegen gestattet, sofern keine von der Urheberin beziehungsweise vom Urheber autorisierte und für alle zugängliche Quelle in der gewünschten Sprache existiert.
Quellenangabe
Nutzen Sie ein fremdes Werk, dann müssen Sie dessen Herkunft natürlich auch belegen. Dieser Beleg erfolgt über eine Quellenangabe nach Paragraf 63 Absatz 2 UrhG. Eine korrekte Angabe umfasst (sofern vorhanden) den Namen der/des Urheber:in sowie den Titel des zitierten Werks – allgemeine Angaben wie „Privat“ oder „Facebook“ genügen nicht! Anschließend platzieren Sie die Quelle in der unmittelbaren Nähe Ihres Zitats, damit Leser:innen es eindeutig zuordnen können. Achten Sie dabei auf eine angemessene Schriftgröße und klare Farben.
Zitieren Sie aus dem Internet, können weitere verpflichtende Angaben auf Sie zukommen (Paragraf 63 Absatz2 UrhG). Neben dem Namen der/des Urheber:in müssen sie dann auch die URL angeben, unter der das zitierte Werk zu finden ist. Bei Büchern kommen zudem noch Erscheinungsjahr und Ort hinzu. Bedienen Sie sich an Auszügen aus TV-Sendungen, benötigen Sie außerdem Sender, Sendung und Sendezeit. Übrigens: Die Zitatfreiheit bezieht sich ausschließlich auf veröffentlichte Werke, alles andere ist unzulässig.
Wie groß darf ein Zitat sein?
Hier gilt: So groß, wie es der Zitatzweck eben nötig macht. Übernehmen Sie am besten so viel, dass Sie sich sinnvoll mit dem Werk auseinandersetzen können. Achten Sie außerdem darauf, dass die Länge Ihres Zitats in einem guten Verhältnis zu Ihrem eigenen Werk steht – es sollte Ihre eigenen Gedanken untermalen und nicht den Hauptteil Ihrer Ausführungen bilden. Letzten Endes handelt es sich bei der Frage, ob der Umfang einer Übernahme der Sache gerecht wird, um eine Einzelfallentscheidung.
Neu im Urheberrecht: Pastiche
Als Werkform hat Pastiche bereits eine sehr lange Tradition – ursprünglich beschreibt der Terminus ein Werk, das verschiedene Musikstücke neu kombiniert. Später fand das Prinzip Eingang in Literatur und bildende Kunst. Nun bedeutete Pastiche, sich einen bestimmten Stil zum Vorbild zu nehmen und in diesem beispielsweise zu schrieben oder zu malen, um der/dem Künstler:in Respekt zu erweisen. Der Begriff „Pastiche“ bildet also eine Ergänzung zu Karikatur und Parodie. Während eine Karikatur überzeichnet und eine Parodie verspottet, dient Pastiche als Hommage. Den neusten Zuwachs im deutschen Urheberrecht finden Sie unter Paragraf 51 a UrhG:
„1) Zulässig ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches.
2) Die Befugnis nach Satz 1 umfasst die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des genutzten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.“
Die Nähe zum Zitat kommt hier nicht von ungefähr, denn diese Regelung will Remixes, Memes, Cosplays und andere Inhalte, die Nutzer:innen generieren, um sich kreativ auszuleben, abdecken..
Voraussetzungen für Pastiche
Wollen Sie die Pastiche-Regelung für Ihre Zwecke nutzen, müssen Sie einige Vorgaben erfüllen.
- Es muss eine erkennbare kreative Auseinandersetzung mit einer identifizierbaren Vorlage erfolgen.
- Pastiche und Original müssen unterscheidbar sein.
- Betrachter:innen müssen erkennen können, worauf Sie Bezug nehmen.
- Kombinieren Sie verschiedene Werkausschnitte, geben Sie die verwendeten Werke einzeln und vollständig an (sofern möglich)
- Folgende Werknutzungen sind abgedeckt:
- Die Imitation und Rekombination in Form von remixes, Memes, GIFs, Fan Fiction, Mashups, Cosplays, Tänze und andere imitierende Darstellungsformen
- Medleys, Musik- und Filmcollagen
Einer Sache sollten Sie sich unbedingt bewusst sein: So wie Sie offenlegen, welche Quelle Sie zu Ihrem Werk inspiriert hat, kann auch Ihr eigenes Pastiche zu Inspiration für andere werden. Auf diese Weise schaffen die neuen Regelungen eine zeitgemäße Referenzkultur, die den Entwicklungen von Kunst und Kultur Rechnung trägt.
Zitatrecht: Bei Verstößen drohen Abmahnungen
An die Regeln des Zitatrechts sollte man sich in jedem Fall halten. Denn sonst drohen teure Abmahnungen inklusive Anwaltskosten und mögliche Schadenersatzforderungen wegen Urheberrechtsverletzungen. Dass dies kein theoretisches Risiko ist, sondern in der Praxis auch von den Erbinnen und Erben der/des Urheber:in durchgesetzt wird, zeigen die Fälle Erich Kästner (übersichtlich aufbereitet in einem Artikel der Wirtschaftwoche) und Karl Valentin.
Die Erben von Erich Kästner gingen in der Vergangenheit gegen einen Webseitenbetreiber vor, der seine Homepage mit einem Gedicht von Kästner geschmückt hatte. Auch der Nachlassverwalter von Karl Valentin hat jahrelang Seitenbetreiber:innen abgemahnt, die ihre Inhalte mit seinen Zitaten beworben oder aufgehübscht haben. Zumindest in diesem Fall gibt es seit dem 1. Januar 2019 Entwarnung: Seitdem ist Karl Valentin nämlich 70 Jahre tot und seine Zitate dürfen frei verwendet werden.
Absicherung bei Urheberrechtsverstößen: Berufshaftpflicht über exali
Urheberrechtsverstöße und andere Rechtsverletzungen sind nach unserer Erfahrung bei exali mit die häufigsten Ursachen für einen Schadenfall im eCommerce sowie der Kreativ- und Medienbranche: Mit einer Berufshaftpflicht über exali sind Sie bei Abmahnungen und Schadenersatzforderungen umfassend geschützt. Jede Forderung prüft der Versicherer für Sie, wehrt unberechtigte Ansprüche ab und übernimmt berechtige Schadenersatzzahlungen.
Vivien Gebhardt ist Onlineredakteurin bei exali. Hier erstellt sie Content zu Themen, die Selbständigen, Freiberuflern und Unternehmern unter den Nägeln brennen. Ihre Spezialgebiete sind Risiken im E-Commerce, Rechtsthemen und Schadenfälle, die bei exali versicherten Freelancern passiert sind.