Texte, Layouts, Bilder: Interview mit Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum über Datensicherung für Medienschaffende
Heute schon die Daten nicht nur gespeichert, sondern auch gesichert? Als Grafiker, Webdesigner, Werbetexter, Journalist oder generell Medienschaffender baut man sich im Laufe der Zeit ein umfangreiches Archiv von Daten auf, die für die Kunden und für einen selbst von hohem Wert sind.
Wer es fahrlässig unterlässt, seine Daten oder die seiner Kunden zu sichern, verwirkt seinen Schadensersatzanspruch. Aus einfachem Grund: Durch den Verzicht auf Sicherungskopien verstößt der Datenhalter gegen seine eigenen Interessen.
Die Frage nach sicheren Daten ist also für Medienschaffende von zentraler Bedeutung. Versicherungsexperte Ralph Günther sprach deshalb mit Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum über Datensicherung.
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum ist Geschäftsführer der Waxar GmbH & Co. KG und beschäftigt sich mit der Herstellung anwenderfreundlicher und sehr effizienten Softwarelösungen zur Datensicherung bzw. Datenarchivierung, die vom Betriebssystem unabhängig arbeiten.
Herr Dr. Ivastsuk-Kienbaum, sind digital gespeicherte Daten grundsätzlich ebenso stabil und sicher wie Papier-Dokumente?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Nein, leider nicht. Die Vorteile der digitalen Speicherung (platz-, zeit- und papiersparend) werden durch erhebliche Nachteile begleitet. Digitale Informationen sind flüchtig. Festplatten halten zuverlässig höchstens zehn Jahre. CDs und DVDs sind nach fünf bis acht Jahren nicht mehr lesbar.
Fällt ein Computer während der Datenverarbeitung aus, können Daten beschädigt oder zerstört werden. Außerdem bedrohen Viren und Trojaner digitale Daten. Diese Programmfragmente dringen in das laufende System ein und manipulieren Daten.
Was also kann ein Medianschaffender tun, um seine digitale Informationen dauerhaft konsistent und haltbar zu machen?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Es gibt eigentlich nur zwei bewährte Verfahren. In Stein meißeln, wie die alten Ägypter das gemacht haben…
…oder kopieren, kopieren und noch mal kopieren. Im Alltag bedeutet das: Digitale Daten immer wieder kopieren. Als einfache Kopie einer Datei oder in Form eines konsistenten Backup-Archivs aller zusammenhängenden Daten.
Auch wenn für einen Journalisten oder Werbetexter die Stein-Variante einen gewissen Charme besitzt: Wann sollte man Datensicherungen (Backups) erstellen?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Man sagt den Kreativen und Medienberufen ja eine gewisse Voraussicht nach. Also am besten kurz vor dem nächsten Computerausfall sichern, wenn man diesen voraussehen könnte.
Spaß beiseite. Je öfter gesichert wird, desto besser. Ein funktionierendes Datensicherungskonzept erschöpft sich nicht darin, gelegentlich eine Kopie des Datenbestands anzufertigen. Möglichst regelmäßig sollten Backups des gesamten Datenbestands erstellt werden. Natürlich muss kontrolliert werden, ob die Datensicherung auch tatsächlich erfolgt ist.
Was ist generell bei Datensicherungen (Backups) zu beachten?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Es gibt zwei prinzipiell verschiedene Methoden der Datensicherung: Volle Datensicherung und partielle Sicherung. Beide Methoden haben Vor- und Nachteile:
Volle Datensicherung garantiert Vollständigkeit und Konsistenz aller Daten. Die Wiederherstellung der Daten ist bei dieser Methode sehr einfach. Der Nachteil dieser Methode ist ein hoher Zeit- und Speicherverbrauch.
Partielle Datensicherung ist schneller und braucht weniger Speicherplatz, weil nur die Veränderungen seit der letzten Sicherung abgespeichert werden. Nachteil: Alle Teil-Sicherungen basieren auf einer vollen Datensicherung. Für die konsistente Wiederherstellung braucht man aber alle Teile der Sicherung. Ist ein Teil verloren, ist eventuell die ganze Sicherung nicht mehr zu gebrauchen.
Sinnvoll ist, beide Methoden miteinander zu kombinieren. Neben den Teil-Sicherungen, sollte immer wieder eine vollständige Datensicherung erfolgen.
Was bedeuten „Hot-Backup“ und „Cold-Backup“?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Das sind zwei unterschiedliche Verfahren der Sicherung:
Beim "Hot-Backup" wird die Sicherung im laufenden Betrieb durchgeführt. Der Vorteil: Es geht ohne Betriebsunterbrechung. Regelmäßige Sicherungen laufen automatisiert. Eine zu 100 Prozent konsistente Sicherung ist damit aber nicht zu bekommen.
Wenn die Daten gesichert werden, verläuft der Lesezugriff auf die Daten linear oder sequenziell. Im laufenden Betriebssystem werden die Daten aber dauernd neu geschrieben. Diese Veränderungen können überall auftreten, weil die Datenblöcke einer Datei über die ganze Festplatte verstreut sind. Während ein Teil der Blöcke gesichert wird, ändert sich ein anderer Teil im gleichen Moment. Die Backup-Daten werden inkonsistent.
"Cold-Backup", die Sicherung der Daten wird erst durchgeführt, wenn alle Lese-/Schreib-Zugriffe auf alle Blöcke der Festplatte gesperrt sind. Dies kann nur im heruntergefahrenen Zustand erfolgen. Die Daten der Systemfestplatte werden mit Hilfe von einem anderen Betriebssystem ausgelesen und gesichert, die zu sichernde Festplatte oder eine Partition ist zu dieser Zeit in einem passiven Zustand. Dieses Verfahren garantiert nach einer Wiederherstellung absolut konsistente Daten.
Wenn keine zeitbegrenzten Betriebsunterbrechungen möglich sind, benutzt man das "Hot-Backup"-Verfahren. Zumindest in Wartungspausen sollte eine vollständige "Cold-Backup"-Sicherung erfolgen.
Welchen Sicherungsmechanismus empfehlen Sie, die Datensicherung auf Datei-, Block- bzw. Sektorenebene?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Jeder dieser Mechanismen hat Vor- und Nachteile:
Die Sicherung auf der Dateien-Ebene nutzt die Mechanismen des Betriebssystems, um die zusammenhängenden Daten-Blöcke zu finden und nur diese zu sichern. Schnell, um sehr wichtige Dateien kurzfristig zu sichern. Fällt der Rechner aus, müssen zuerst das Betriebssystem, danach alle Applikationen einschließlich Konfigurationen und schließlich die Benutzerdateien wiederhergestellt werden.
Datensicherung auf der Block-(oder Sektoren)-Ebene, auch "Imaging" genannt, läuft sequentiell ab. Alle Blöcke, und damit alle Daten einer Festplatte, werden gesichert. Nach der Wiederherstellung bekommt man einen konsistenten und lauffähigen Zustand. Ohne neue Installationen. Nachteile liegen im hohem Speicherplatz- und Zeitaufwand.
Eine Kombination beider Mechanismen ist sinnvoll. Wichtige Dateien müssen in gleichmäßigen Intervallen gesichert werden, um schnell an die wichtigsten Informationen zu kommen. Image-Sicherungen erlauben im Fall eines Systemausfalls, schnell ein lauffähiges System wiederherzustellen.
Was empfehlen Sie Grafikern, Webdesignern, Werbetextern, PR-Beratern und Journalisten: Wo sollten Datensicherungen aufbewahrt werden?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Die beste Sicherung nutzt nichts, wenn sie sich auf dem gleichen Rechner - oder schlimmer noch - auf der gleichen Festplatte befindet. Im Störungsfall kann mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur das Originalsystem, sondern auch die Backup-Sicherung verloren gehen. In diesem Fall wird sogar die beste und aktuellste Sicherung nicht zu gebrauchen sein. Deshalb ist es sehr wichtig, gesicherte Daten vom produktiven System örtlich getrennt aufzubewahren.
Sollte man die Wiederherstellbarkeit der Sicherungen prüfen?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Ein Backup-Archiv ist nur dann wertvoll, wenn aus diesem Archiv die Wiederherstellung auch klappt. Durch äußere Einflüsse oder durch fehlerhaftes Kopieren kann die Integrität des Archivs verloren gehen. Deshalb sollte man unbedingt Backup-Archive auf Wiederherstellbarkeit prüfen.
Was ist eine Bare-Metal-Wiederherstellung?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Wenn durch einen Schaden an der Festplatte das System nicht mehr läuft, hilft es wenig, wenn eine Backup/Wiederherstellungs-Software im Betriebssystem fest integriert ist. Das System kann in diesem Fall keine Wiederherstellung einleiten. Software-Lösungen mit einer Live-CD führen in solchen Situationen System-Wiederherstellungen durch.
Auf der Live-CD befinden sich ein bootbares Betriebssystem und die Applikation für die Wiederherstellung. Wenn eine Image-Sicherung auf einer zusätzlichen Festplatte vorliegt, umso besser.
Auf was sollten Medienschaffende beim Kauf einer Backup-Software achten?
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum: Eine Backup-Software sollte zu Situation und Bedarf des Anwenders passen. Unzählige Funktionen können auch verwirren. Wichtig ist eine klare, gut durchdachte und verständliche Programm-Struktur und eine selbsterklärende Anwendung.
Wenn ein Daten-Desaster eintritt, muss alles sehr schnell gehen. Letztlich ist eine Datensicherung wie eine Versicherung: Natürlich hofft man immer, dass nie ein Schaden eintritt. Aber wenn doch, ist man für diesen Fall abgesichert.
Kontaktdaten:
Dr. Jurij Ivastsuk-Kienbaum (Waxar GmbH & Co)
Keplerstr. 22
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