Diese Risiken bringt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist seit Januar dieses Jahres in Kraft. Zeit, ein Zwischenfazit zu ziehen. Ein ganz besonderer Fall gewinnt dazu wieder an Brisanz in den Medien: Ein Journalist und Blogger, der den Terroranschlag in Nizza 2016 und den Amoklauf acht Tage später im Olympia-Einkaufshaus in München live miterlebt und, natürlich, darüber berichtet hat. Warum er deswegen angefeindet wird und was das Netzwerkdurchsetzungsgesetz damit zu tun hat…
Der Fall Richard Gutjahr
Richard Gutjahr ist Journalist, Moderator, Blogger und Familienvater. Er führt ein einigermaßen normales Leben – ach ja und er will die Weltherrschaft an sich reißen. Zumindest glauben das einige Verschwörungstheoretiker. Denn es könne doch kein Zufall sein, dass ein Journalist gleich bei zwei tragischen Ereignissen dabei ist und das mit nur acht Tagen Abstand in zwei verschiedenen Ländern – so die Meinung der Angreifer. Gutjahr ist im Netz sehr aktiv, er hat einen eigenen Blog, ist bei Twitter und Facebook. Für Journalisten können soziale Netzwerke ein Segen sein. Aber genau in diesen wird Gutjahr nun seit Jahren stark angefeindet. Es gibt mittlerweile wohl mehr als 800 Videos auf YouTube, die ihn und seine Familie als Geheimdienstmitarbeiter entlarven wollen, Tendenz steigend!
Der Kampf gegen Hass und Verleumdung im Netz
Dass Menschen ihren Hass im Netz verbreiten, gehört mittlerweile leider zum Alltag. Damit haben auch Journalisten tagtäglich zu tun. Mit anonymisiertem Profil schimpft es sich natürlich leichter und vor allem angstfrei, weil es kaum Konsequenzen gibt und die Schuldigen meist nicht gefunden werden. Auch Gutjahr hat bereits diverse Anzeigen erstattet und immer wieder versucht, die Anfeindungen gegen ihn aus dem Netz zu verbannen. Der Kampf gegen den Shitstorm ist ein kräftezehrender. Abhilfe könnte da vielleicht ein neues Gesetz schaffen…
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Was bringt es?
Das ist schon ein tolles Wort: Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Aber was bedeutet das eigentlich? Tatsächlich ist es die Kurzform für: Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken. Oder ganz kurz: NetzDG. Insgesamt umfasst es 20 Strafrechtsparagraphen, von Beleidigung und Blasphemie über Bildung terroristischer Vereinigungen bis zu Volksverhetzung und Verbreitung kinderpornographischer Schriften. Das am 1. Januar 2018 in Kraft getretene Gesetz verpflichtet Anbieter sozialer Netzwerke, offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach einer Beschwerde zu entfernen oder für Nutzer aus Deutschland zu sperren.
Passiert das nicht, drohen Facebook, Twitter und Co. Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro. Aber bedeutet das auch, dass Inhalte gemeldet werden könnten, die gar nicht wirklich gegen das Recht verstoßen? Was ist mit Ironie und Satire? Könnte die Meinungsfreiheit durch das NetzDG leiden? Klar ist: Wer Inhalte meldet, die nicht rechtsverletzend sind, macht sich nicht strafbar. Am Ende entscheidet geschultes Personal darüber, ob etwas gelöscht wird oder nicht – meist handelt es sich dabei aber nicht um Juristen. Letztendlich entscheiden also die Unternehmen selbst, was auf ihren Seiten bleibt und was nicht. Da kann es auch sein, dass Inhalte oder Accounts unschuldiger Nutzer gelöscht werden.
NetzDG: Für wen gilt es?
Blogger und Seitenbetreiber, die jetzt bereits in Panik verfallen, weil sie umfassende Prüfpflichten befürchten, können teilweise aufatmen: Das Gesetz betrifft nur soziale Netzwerke, die in Deutschland mindestens zwei Millionen registrierte Nutzer haben. Nicht unter das Gesetz fallen berufliche Netzwerke wie LinkedIn und Xing sowie Messenger wie WhatsApp. Auch journalistische Plattformen fallen nicht unter das Gesetz mit dem langen Namen. Blogger sollten damit aus dem NetzDG fein raus sein.
Aber Achtung: Betreiber von Webseiten wie Foren usw. müssen genauso wie soziale Netzwerke dafür Sorge tragen, dass keine rechtswidrigen Kommentare und Beiträge auf ihrer Seite zu finden sind. Sonst kann auch hier die Anzeige drohen. Denn in den meisten Fällen kann und will gar nicht herausgefunden werden, wer hinter einem anonymisierten Nutzer steckt, der rechtswidrige Inhalte auf einer Internetseite veröffentlicht. Die Abmahnung landet deshalb in der Regel beim Seitenbetreiber. Damit Portal-Betreiber am Ende nicht haften müssen, prüfen sie am besten regelmäßig die Kommentare und Beiträge auf ihren Plattformen und löschen unpassende Beiträge so schnell wie möglich. Das ist zwar sehr mühsam, aber allemal besser als ein lästiges und kostspieliges Gerichtsverfahren.
Zusätzlich sollten Betreiber von Webseiten und Foren sicherstellen, dass sie auch in solchen Fällen ausreichend versichert sind. Ganz individuell angepasste Leistungen bietet zum Beispiel eine spezielle Versicherung für Webseiten-Betreiber wie die Portal-Versicherung über exali.de. Sie bietet zum Beispiel auch Versicherungsschutz im Falle von Rechtsverletzungen durch User-Generated-Content.
Hilft das Gesetz gegen Hass im Internet?
Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz wirklich das bewirkt, was es soll, nämlich rechtswidrige Inhalte – und dazu zählen auch die Anfeindungen gegen den Journalisten Richard Gutjahr – aus Sozialen Netzwerken zu verbannen.
Fazit: Hasskommentare und Anfeindungen wie gegen Richard Gutjahr sollten auf jeden Fall aus dem Netz verschwinden, das NetzDG ist da ein guter Ansatz, für mehr Ordnung in den „großen“ Sozialen Netzwerken zu sorgen. Allerdings sollte das nicht dazu führen, dass jeder noch so scheinbar kritische Beitrag gelöscht wird. Es ist also Fingerspitzengefühl gefragt! Webseiten-Betreiber sollten das auch für ihre Plattform beherzigen. Blogger und Journalisten sollten dabei als Profis ihres Fachs mit gutem Beispiel vorangehen und immer die Gesetze im Blick behalten. Und das bedeutet nicht, dass sie keine Kritik mehr üben dürfen – denn das ist schließlich ihre Pflicht. Unterstützen kann dabei die Media-Haftpflicht über exali.de. Damit können sich Journalisten und Kreative mit voller Energie auf spannende Storys, flammende Kritiken und charmante Satire konzentrieren.
© Sebastian Neumair – exali AG