Interview: In diesen Branchen können Onlinehändler noch richtig durchstarten!
Rekorde über Rekorde und noch kein Ende in Sicht? Oder geht es mit dem Onlinehandel so langsam bergab und nur die Big Player überleben? Über die Zukunft des eCommerce wird viel spekuliert und geforscht. Wir haben deshalb einen absoluten Insider und Experten befragt, der den aktuellen Stand und künftige Trends im eCommerce verrät.
Für den Onlinehandel in die Zukunft geblickt
Das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln hat eine aufwändige Studie rund um den Onlinehandel in Deutschland veröffentlicht. Der „IFH Branchenreport: Onlinehandel, 2016“ liefert Zahlen zu Marktvolumen, Vertriebsformen und lukrativen Sortimentsbereichen. Wir haben mit Dr. Kai Hudetz, dem Geschäftsführer des IFH gesprochen und ihn zu den wichtigsten Erkenntnissen für Webshop-Betreiber befragt:
Können Sie mir in drei Sätzen das für Sie persönlich spannendste Ergebnis der Studie verraten?
Das wichtigste und für mich zugleich spannendste Ergebnis ist, dass das absolute Wachstum im deutschen Onlinehandel nicht nur gleichbleibt, sondern weiterhin zunimmt. Der Onlinehandel ist keinesfalls „erwachsen geworden“, wie manche Institute in den vergangenen Jahren postuliert haben, vielmehr befindet er sich noch immer in einer rasanten Wachstumsphase. Für mich persönlich ist es aber am allerspannendsten zu sehen, wie unterschiedlich diese Entwicklung in den verschiedenen Branchen und Kategorien verläuft.
In welchen Bereichen können Online-Händler mit guten Wachstumszahlen rechnen?
Vor allem in den Nachzüglerbranchen wie Möbel, DIY und Güter des täglichen Bedarfs. Aber wir sehen auch kategorieübergreifend ein hohes Wachstum. So sinken die Wachstumsraten auch in den Vorreiterbranchen Consumer Electronics und Mode langsamer als erwartet.
Liegt die Zukunft eher in der Hand der Big-Player oder lohnt sich eCommerce auch für kleine Shops? Worauf kommt es hier an?
Der Konzentrationsprozess im Onlinehandel nimmt weiter erheblich zu. Allein auf Amazon entfällt inklusive des Marketplace mehr als 40 Prozent des gesamten Onlinehandels. Ein Online-Shop kann sich aber auch für kleinere Händler lohnen, als Teil einer Kundenbindungsstrategie, um Kunden rund um die Uhr ein Angebot unterbreiten zu dürfen. Wirklich nennenswerte Marktanteile sind aber nur noch in Nischen zu erreichen. Für viele Händler macht auch der Vertrieb über Marktplätze wie eBay oder eben den Amazon Marketplace Sinn. Wer auf Onlinevertrieb verzichtet, gibt sich auch mit einem weiter schrumpfenden Marktpotenzial zufrieden.
Eine mobile Seite ist für Shops schon heute Pflicht, mit welchen Entwicklungen müssen wir auf technischer Ebene rechnen?
Das ist sehr schwer zu prognostizieren. Wir sehen, dass die Innovationsgeschwindigkeit weiter erheblich zunimmt. Mobiloptimierte Shops sind auf jeden Fall schon Pflicht. Ich denke, dass neue Entwicklungen in zumindest drei Segmenten zu erwarten sind:
- Höhere Bequemlichkeit, insbesondere durch Sprachsteuerung (siehe Amazon Alexa/Echo)
- Neue Optionen für Händler und Konsumenten bis hin zur Automatisierung durch das Internet der Dinge (Amazon Dash, Beacons).
- Individuellere Ansprache der Konsumenten durch Smart Data sowie eine schnellere und flexiblere Belieferung der Kunden (Prime Now, Kofferraumbelieferung, Drohnen, Zeitfensterbelieferung etc.)
Über den Interviewpartner:
Dr. Kai Hudetz ist seit August 2009 Geschäftsführerder IFH Institut für Handelsforschung GmbH Köln.
Zuvor leitete er das dort angesiedelte E-Commerce-Center (ECC Köln), dessen Gründung er 1999 mitinitiierte. Mit seiner langjährigen Expertise ist Dr. Hudetzeiner der gefragtesten E-Commerce-Experten in Deutschland. Als Autor von Studien und zahlreichen Fachartikeln beschäftigt er sich mit aktuellen Fragen des Handels im digitalen Zeitalter. Neben seiner Tätigkeit als Gastdozent an verschiedenen Hochschulen, ist Kai Hudetzgefragter Speaker und Moderator auf hochkarätigen Branchenevents. Darüber hinaus war Dr. Hudetz von Juni 2013 bis Juni 2016 als Aufsichtsrat der Intershop Communications AG tätig und ist aktuell Mitglied verschiedener Beiräte.