BGH-Urteil: Müssen Amazon-Händler für Kundenbewertungen haften?
Der Bundesgerichtshof musste in letzter Instanz klären, ob Onlinehändler für irreführende Kundenbewertungen auf Amazon haften müssen. Geklagt hatte der Verband Sozialer Wettbewerb wegen falscher Aussagen zu einem Muskel-Tape. In unserem Artikel erfahren Sie alle Hintergründe zum BGH-Urteil und welche Haftungsrisiken es bei Kundenbewertungen noch gibt.
Haftet der Onlinehändler für Aussagen seiner Kunden?
Onlinehändler haften grundsätzlich nicht für Kundenbewertungen auf Amazon. Und zwar auch nicht, wenn diese irreführend oder falsch sind. Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
In dem betreffenden Fall hatte ein Onlinehändler auf Amazon ein Muskel-Tape angeboten. Mehrere Kunden hatten unter das Angebot in ihrer Bewertung geschrieben, dass das Tape schnell gegen Schmerzen hilft. Eine solche Wirkung ist jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen.
Geklagt hatte in dem Verfahren der Verband Sozialer Wettbewerb. Der beklagte Händler hatte diesem gegenüber bereits im Jahr 2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und sich darin verpflichtet, nicht mehr mit der Behauptung zu werben, das Muskel-Tape habe eine schmerzlindernde Wirkung. Anfang 2017 hat der Onlinehändler die Tapes dann jedoch bei Amazon angeboten. Schnell waren unter dem Angebot Bewertungen von Kunden zu finden, die Aussagen wie „schmerzlinderndes Tape“, „schnell lässt der Schmerz nach“ oder „Linderung der Schmerzen ist spürbar“ enthielten.
BGH: Klare Trennung zwischen Angebot und Bewertung
Daraufhin verklagte der Verband Sozialer Wettbewerb den Händler auf Unterlassung und Zahlung der Vertragsstrafe sowie der Abmahnkosten. Die Begründung des Klägers: Der Beklagte habe sich die Kundenrezensionen zu eigen gemacht und damit gegen die abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen. Er hätte auf die Löschung der Kundenbewertungen drängen müssen und – falls das nicht möglich gewesen wäre – das Produkt nicht mehr bei Amazon anbieten dürfen.
Sowohl das Landgericht Essen als auch das Oberlandesgericht Hamm wiesen die Klage ab. Nun wurden die Entscheidungen vom BGH in letzter Instanz bestätigt. Der Richter begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei den Kundenbewertungen zwar um irreführende Äußerungen Dritter handelte, der Onlinehändler jedoch mit den Bewertungen nicht aktiv geworben habe. Der Anwalt des Onlinehändlers hatte argumentiert, dass für Kunden die Trennung zwischen Angebot und Kundenbewertung klar erkennbar ist. Dieser Argumentation folgte auch der BGH.
Haftungsrisiko Kundenbewertung
Auch wenn Onlinehändler nicht für den Inhalt von Kundenbewertungen auf Amazon haften müssen, bergen diese trotzdem noch einige Risiken. Darauf müssen Sie achten, wenn Sie mit Kundenbewertungen werben:
Irreführende Werbung mit Kundenbewertungen
Achtung: Das BGH Urteil gilt nur für Bewertungen auf Amazon. Eine Kundenbewertung im eigenen Onlineshop kann immer noch irreführend sein. Dazu hatte das OLG Köln ein Urteil im Fall eines Händlers gefällt, der „Zauberwaschkugeln“ verkaufte und dem untersagt wurde, mit der Aussage „spart Waschmittel“ zu werben. Diese Aussage verwendeten dann jedoch einige Kunden in ihren Rezensionen auf der Website des Händlers. Darin sahen die Richter einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung, die der Onlinehändler zuvor abgegeben hatte. Den ganzen Fall können Sie hier nachlesen: Urteil: Händler muss positive Kundenbewertungen löschen!
Auch wer Bewertungen kauft oder fälscht, handelt irreführend und verstößt gegen das Wettbewerbsrecht. Abmahnungen von Mitbewerbern und Verbraucherverbänden sind vorprogrammiert. Außerdem ist der Image- und Vertrauensverlust der Kunden, wenn sie davon erfahren, nicht wiedergutzumachen. Eine Irreführung ist es auch, wenn Sie Bewertungen selektieren, das heißt nur gute Bewertungen veröffentlichen und schlechte Bewertungen löschen. Außerdem ist es unzulässig, sich Bewertungen mit „Belohnungen“ zu erkaufen, also beispielsweise mit einem Gutschein. Auch dürfen Bewertungen nicht zur Bedingung einer Gewinnspielteilnahme gemacht werden.
Bitte um Bewertung per Mail ist Werbung
Viele Unternehmen schreiben Kunden gezielt an und bitten sie um eine Bewertung. Dieses Vorgehen hat der BGH jedoch als unzulässige Werbung eingestuft (BGH, Urteil vom 10.07.2018, Az: VI ZR 225/17). Die Begründung: Die Bitte um eine Bewertung diene der Kundenbindung und sei daher Werbung. Und diese ist nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Kunden zulässig. Wenn Sie also Ihre Kunden nach einer Bewertung fragen wollen, holen Sie dafür genauso ihre Zustimmung ein wie für die Versendung von Werbe-Mails.
Datenschutz bei Verwendung von Kundenbewertungen
Wenn Sie eine Kundenrezension in Ihrem Onlineshop veröffentlichen wollen, speichern und verarbeiten Sie die entsprechenden Daten des Kunden. Und hierbei gelten die Vorschriften der DSGVO. Holen Sie daher immer die Einwilligung des Kunden ein und listen Sie in dieser genau auf, wo Sie seine Bewertung veröffentlichen und welche Daten Sie dafür speichern und verarbeiten. Wenn der Kunde seine Einwilligung widerruft – wozu er jederzeit berechtigt ist – müssen Sie die entsprechenden Referenzen und Daten sofort löschen.
Hinweis
Wenn Sie zusätzlich das Logo Ihres Kunden verwenden wollen, brauchen Sie dafür seine Einwilligung, um keine Markenrechte zu verletzen.
Hier finden Sie mehr Informationen zum Thema Kundenreferenzen veröffentlichen.
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Auch wenn durch das BGH-Urteil nun ein Haftungsrisiko für Onlinehändler wegfällt, bleiben leider noch genügend übrig. Ob Abmahnungen, Schadenersatzforderungen, Produkthaftung oder Cyberkriminalität: Mit der Webshop-Versicherung über exali.de sichern Sie Ihr eCommerce Business umfassend ab, egal ob Sie Ihre Produkte im eigenen Onlineshop oder auf Amazon oder eBay verkaufen.
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