Ich bin dann mal ein Werbeslogan? Vorsicht bei der Verwendung bekannter (Buch-)Titel!
Auszeit gefällig? Dann einfach mal dem Alltag den Rücken kehren und sich auf eine spannende Reise begeben! Sich selbst überwinden, Grenzen überschreiten und neue Dinge fern der Heimat kennenlernen – das bestärkt. Viele Menschen wählen für ihre inspirierende Auszeit den Jakobsweg, von dessen Begehung auch Multi-Talent Hape Kerkeling in seinem Bestseller „Ich bin dann mal weg“ berichtet. Ein Slogan, der bald in aller Munde war und auch tolle Dienste in der Werbekampagne „Ich bin dann mal weg.de“ leistete. Doch ist das erlaubt?
Um das zu beantworten, haben wir auf der exali.de Info-Base den Rechtsexperten Alexander F. Bräuer zu Rate gezogen. In seinem Gastbeitrag erklärt er, warum Unternehmer bei der Bewerbung eigener Produkte oder Dienstleistungen mit bekannten (Buch-)Titeln künftig noch größere Vorsicht walten lassen müssen und ihre Werbemaßnahmen kritisch überprüfen sollten.
Die bunte Welt der Werbeslogans
Welcher Unternehmer möchte nicht seine Werbekampagne mit aktuellen und bekannten Slogans pushen? „3...2...1...meins!“, „I’m lovin‘ it!“, „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ – bunte Werbeslogans sind aus der Werbewelt schon lange nicht mehr wegzudenken, denn sie bleiben im Gedächtnis. Das dachte sich wohl auch das hinter „weg.de“ und „ferien.de“ stehende Touristik-Unternehmen und nutzte Hape Kerkelings Buchtitel für seine Kampagne „Ich bin dann mal weg.de“. Die Verleger des Buches fanden das allerdings nicht so toll und sahen in der Werbekampagne eine unzulässige Ausbeutung des Rufes seines bekannten Buchtitels. Deshalb nahmen sie das Unternehmen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassen der Werbekampagne „Ich bin dann mal weg.de“ in Anspruch.
Slogans sind schutzfähig!
Zu Recht, entschied zunächst das Landgericht Köln und erließ die begehrte einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 07.03.2014 (Aktenzeichen 31 O 70/14). Auch im Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln setzte sich der Verleger letztlich durch.
In seinem Urteil vom 05.12.2014 (Az.: 6 U 100/14) betonte das OLG Köln zunächst, dass der Buchtitel „Ich bin dann mal weg“ schutzfähig sei. Zwar handle es sich dabei um eine gebräuchliche Redewendung, die auch einen beschreibenden Anklang aufweise. Gleichzeitig wiederum sei es aber originell, diese Redewendung, die umgangssprachlich für eine Verabschiedung stehe, als Titel eines Buches, in dem eine mehrwöchige Wanderung auf dem Pilgerweg beschrieben werde, zu verwenden. Damit sei der Titel originär schutzfähig. Zudem sei, wie der Senat auch aus eigener Anschauung wisse, das Buch omnipräsent gewesen und habe einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, sodass es sich bei dem Titel „Ich bin dann mal weg“ um einen bekannten Titel im Rechtssinne handele. Weiter sei der Buchtitel durchschnittlich, wenn nicht sogar überdurchschnittlich unterscheidungskräftig, so die Kölner Oberlandesrichter in ihrer Entscheidung.
Ein Plus für die Verleger
Das Touristik-Unternehmen habe nun die Wortfolge „Ich bin dann mal weg“ im Rahmen der Werbekampagne identisch übernommen und zumindest die Unterscheidungskraft des Buchtitels ausgenutzt.
Hierbei könne sich das Touristik-Unternehmen nicht mit Erfolg darauf berufen, Inhaberin der Wort-Bild-Marke „weg.de“ zu sein, da die Bezeichnung „weg.de“ in dem Werbeslogan „Ich bin dann mal weg.de“ völlig zurücktrete.
Somit kam das Kölner Oberlandesgericht zu dem Ergebnis, dass das Touristik-Unternehmen mit seiner Werbekampagne und dem Slogan „Ich bin dann mal weg.de“ den Buchtitel „Ich bin dann mal weg“ in unlauterer Weise ausgenutzt hat und bestätigte den Unterlassungsanspruch zu Gunsten des Verlegers.
Slogans unter dem Blickwinkel von Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht
In diesem Zusammenhang ist jedoch zu betonen, dass sich das Oberlandesgericht ausschließlich zur Frage der sog. geschäftlichen Bezeichnung im Sinne von § 15 des Markengesetzes (MarkenG) äußern musste. Allerdings kann die Übernahme von Titeln oder Slogans auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, so bspw. in Fällen der Herabsetzung oder Verunglimpfung sowie bei Herkunftstäuschungen oder gezielten Behinderungen. Ebenfalls wären urheberrechtliche Ansprüche denkbar. Sofern ein Slogan die nötige Schöpfungshöhe aufweist, könnte er als sog. Sprachwerk dem Schutz des Urheberrechts unterliegen. Letztlich besteht die Gefahr, dass Slogans auch als eingetragene Marken geschützt sind – wohl bekanntestes Beispiel hierfür ist die eingetragene Wortmarke „Geiz ist geil“.
Vorsicht ist besser als Nachsicht!
Auch wenn diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln durchaus noch Kritik zulässt und sie natürlich nur den dort streitgegenständlichen Sachverhalt erfasst, werden die empfindlichen Konsequenzen, die aus der Übernahme fremder Titel zu Werbezwecken erwachsen können, deutlich.
Unternehmer, Werbeagenturen, Webdesigner und Marketingmitarbeiter sollten das Urteil des Kölner Oberlandesgerichts gleichwohl zum Anlass nehmen, Werbekampagnen zu überprüfen, um jedwedes Risiko von vornherein auszuschließen.
Über unseren Gastautor:
Alexander F. Bräuer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er betreut Mandate auf den Gebieten des Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Geschmacksmusterrechts/Designrechts. Ein Tätigkeitsschwerpunkt ist die rechtlich-präventive Betreuung von Online-Händlern und Internetdienstleistern, das sog. Internetrecht/eCommerce-Recht. Er ist Partner der Anwaltskanzlei Weiß & Partner in Esslingen am Neckar.