Gesetzesänderung: Neues Bauvertragsrecht für 2018!
Neues Jahr, neues Gesetz: Das „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“ ist das erste im BGB verankerte Vertragsrecht, das speziell für Architekten und Ingenieure formuliert ist. Obwohl bei der Gesetzänderung vor allem der Verbraucherschutz im Vordergrund steht, sind auch Architekten und Ingenieure betroffen: Sowohl der Vertragsabschluss und seine Vorbereitung, als auch die Vertragserfüllung sind Teil der Neuregelung. Was sich geändert hat, wer betroffen ist und was das für die Praxis bedeutet, erfahren Sie hier.
Reform des Werkvertragsrechts
Mit dem neuen Gesetz (§ 650p BGB) wurde eine Reform des Werkvertragsrechts beschlossen. Diese Neuerung regelt den Bauvertrag als Spezialfall des Werkvertrags im BGB. Das bisher bestehende Baurecht ist veraltet und bot vor allem für Hausbauer viele rechtliche Grauzonen: So ist weder ein Fertigstellungstermin des Bauwerks zwingend festgelegt noch ein Widerrufsrecht im Bauvertrag verankert.
Schon im März 2017 haben Bundestag und Bundesrat den Änderungen im Bauvertragsrecht zugestimmt; seit dem 01.01.2018 sind die neuen Regelungen nun in Kraft. Folglich richten sich alle Verträge, die bis zum 31.12.2017 geschlossen wurden, noch nach dem alten Recht.
Neues Bauvertragsrecht: Die Änderungen im Überblick
Das Gesetz bringt vor allem privaten Bauherren mehr Rechte, doch auch Unternehmen, Architekten und Handwerker haben dadurch Vorteile. Zum ersten Mal überhaupt werden der Bauvertrag, der Verbraucherbauvertrag, aber auch der Architekten- und der Ingenieurvertrag im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Hier gibt´s die Änderungen en détail:
Änderung kaufrechtlicher Regelungen
Mit der Änderung von § 439 Abs. 3 BGB soll der Regress eines Unternehmers gegen einen Lieferanten erleichtert werden. Bisher konnte der Unternehmer zwar Nacherfüllung bei der Lieferung mangelhaften Materials verlangen, auf den Aus- und Einbaukosten blieb der Unternehmer jedoch meist sitzen.
Mit der Neuregelung ist der Lieferant im Rahmen der Nacherfüllungspflicht dazu verpflichtet, dem Käufer auch die Kosten für den Aus- und Einbau sowie der Lieferung zu erstatten.
Änderungen des allgemeinen Werkvertragsrechts
a) Abschlagszahlungen
Bisher wurde die Höhe der Abschlagszahlungen danach berechnet, welcher Wertzuwachs für den Auftraggeber durch die bisher erfolgten Leistungen eingetreten ist. Mit der Änderung ist künftig ein Anspruch auf Höhe des Wertes der erbrachten und geschuldeten Leistungen vorgesehen. Ohne Juristendeutsch heißt das, dass die Arbeitszeit und der Aufwand als Abschlagsorientierung gelten und nicht der Wert des Bauvorhabens. Zusätzlich dürfen Unternehmen (also auch Architekten und Ingenieure) in Zukunft bis zur Abnahme maximal 90 Prozent der vereinbarten Gesamtvergütung als Abschlagszahlung fordern. Kunden dürfen also zehn Prozent der Summe einbehalten, bis klar ist, dass die Arbeit des Dienstleisters mangelfrei ist. Die Beweislast liegt beim Dienstleister, er muss beweisen, dass seine Arbeit ohne Mängel war.
Eine weitere Änderung bezüglich der Abschlagszahlungen betrifft die Mängeleinbehalte: Bisher konnte der Auftraggeber (im BGB „Besteller“ genannt“) Abschlagszahlungen bei wesentlichen Mängeln der Bauleistung verweigern. Mit dem neuen Gesetz muss der Auftraggeber trotz Mängel an erbrachten Leistungen einen Abschlag zahlen.
b) Abnahmefiktion
Am Ende des Auftrages müssen Bauherren das Werk ihrer Auftragnehmer abnehmen, wenn kein wesentlicher Mangel dagegen spricht. Für den Fall, dass Auftraggeber einen Abnahmetermin verweigern, gibt es nun eine neue Regelung, die Auftragnehmer vor „Abnahmemuffeln“ schützt.
Bisher galt die Abnahme als erfolgt, wenn der Bauherr innerhalb einer angemessene Frist die Abnahme nicht unter Angabe eines Mangels verweigert hat.
Mit der Neuerung gilt die Abnahme sogar dann als erfolgt, wenn zwar objektiv Mängel vorliegen, aber der Auftraggeber innerhalb der gesetzten Frist weder eine Abnahme erteilt, noch unter Angabe von Mängeln die Abnahme verweigert.
Einfach gesagt: Reagiert der Bauherr in Zukunft nicht auf die Abnahmeaufforderung, gilt das Werk nach einer angemessenen Frist als abgenommen.
c) Recht auf außerordentliche Kündigung
Bislang fehlte im allgemeinen Werkvertrag das Recht auf außerordentliche Kündigung. Künftig sollen beide Vertragspartner das Recht erhalten, den Bauvertrag aus wichtigen Gründen kündigen zu können (§ 648a (neu) BGB).
Neuregelungen zum Bauvertragsrecht
Mit der Einführung eines neuen Bauvertrag-Kapitels werden die bisher verstreuten Regelungen zum Werkvertrag zusammengefasst und um einige Vorschriften ergänzt. Neu sind dabei:
- die Bestimmungen zum Anordnungsrecht des Auftraggebers (§ 650b BGB)
- die Vorgaben für Preisberechnung bei Mehr- und Minderleistungen (§ 650c BGB)
- die Regelung über die Zustandsfeststellung, für den Fall der Abnahmeverweigerung (§ 650f BGB)
Neuregelung des Verbrauchervertrages
Unternehmen sollen künftig dazu verpflichtet sein, Verbrauchern vor Vertragsschluss eine genaue Beschreibung des Bauvorhabens zur Verfügung zu stellen. So sollen Verbraucher einen genauen Überblick über die angebotenen Leistungen erhalten. Damit können sie die Angebote verschiedener Unternehmen und Dienstleister besser vergleichen.
Außerdem müssen die künftig geschlossenen Bauverträge eine verbindliche Angabe dazu enthalten, wann der Bau fertig gestellt sein wird. Innerhalb von 14 Tagen ab Vertragsschluss haben Verbraucher zudem die Möglichkeit, den Bauvertrag zu widerrufen.
Sollten sich während der Bauausführung Änderungswünsche seitens der Bauherren ergeben, können diese künftig den Vertragsinhalt in Einvernehmen mit dem Unternehmer an die neuen Vorstellungen anpassen.
Neuregelung des Architekten- und Ingenieurvertrages
Der Architekten- und Ingenieursvertrag wird mit dem neuen Gesetz als eigener Vertragstyp geregelt. Neu ist die sogenannte „Zielfindungsphase“, in der die Planungsgrundlagen ermittelt und eine vorläufige Kostenschätzung vorgelegt werden soll.
Diese Änderung soll künftig vor allem einen populären Streitpunkt zwischen Architekt und Auftraggeber verhindern: Sind die Vorschläge des Architekten zum Bauvorhaben schon als beauftrage Leistung zu vergüten oder sind sie mit einer unentgeltlich ausgeführten Akquisetätigkeit gleichzusetzen? Im letzteren Fall konnten Architekten und Ingenieure für diese Leistung keine Vergütung beanspruchen. Die neu eingeführte Zielfindungsphase soll dabei die Rechten und Pflichten beider Parteien regeln.
Praxistipps für Architekten und Ingenieure zum neuen Recht
Mit der Einführung des neuen Rechts sollten folgende Punkte fester Bestandteil des persönlichen Reminders sein:
- Alle Vertragsmuster und allgemeine Vertragsbedingungen an die neue Rechtslage anpassen.
- Achtung: Das neue Gesetz gilt nur für Neubauten und erhebliche Umbaumaßnahmen, zudem muss der Bauherr schon ein eigenes Grundstück haben.
- Bei öffentlichen Aufträgen ist zu beachten, dass nicht der Zeitpunkt des Ausschreibungsbeginns ausschlaggebend ist, sondern das Datum der Zuschlagserteilung. Hier sollten Selbständige besonders darauf achten, welches Recht anzuwenden ist.
- In jedem Fall sollten Betroffene sich von einem kompetenten Fachanwalt für Bau-und Architektenrecht in das neue Baurecht einweisen lassen.
Paragraphenfallen? Besser versichert!
Dem neuen Gesetz folgen nicht nur neue Regelungen, Rechte und Pflichten, sondern auch große Umstellungen. Weil in den Zeiten des gesetzlichen Umbruchs doch der eine oder andere Paragraphen-Fehltritt passieren kann, ist es umso wichtiger, sich abzusichern.
Die Berufshaftpflicht für Architekten über exali.de (auch Architekten-Haftpflicht genannt) beinhaltet einen passiven Rechtsschutz, der im Fall der Fälle die Kosten (z.B. Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und auch Gerichtskosten) für eine juristische Verteidigung und berechtigte Schadensersatzforderungen Dritter übernimmt.
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