Urheberrecht für Selbständige, Freelancer:innen und Unternehmen

Urheberrecht: Als Selbständige:r, Freelancer:in oder Unternehmer:in ist es für Sie unerlässlich, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, um rechtliche Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden. Sie benötigen ein Gespür dafür, welche Werke urheberrechtlich geschützt sind, was Sie bei deren Nutzung beachten müssen und wo noch rechtliche Grauzonen bestehen (beispielsweise im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz). In diesem hochkarätigen Gastartikel der Rechtsanwältin und Spezialistin für Urheberrecht, Denise Himburg, erhalten Sie einen breiten Überblick über die wichtigsten Aspekte des Urheberrechts und wie Sie das Risiko für Abmahnungen und Schadenersatzforderungen minimieren können.

Inhaltsverzeichnis:

Urheberrecht – Was ist das und wie entsteht es?

Das Urheberrecht ist regelmäßig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen und einer der größten rechtlichen Fallstricke, über den Selbständige, Freelancer:innen und Unternehmer:innen stolpern können. Umso wichtiger ist es für alle, die ihren Lebensunterhalt nicht in einem Angestelltenverhältnis verdienen, sich mit den Grundzügen vertraut zu machen. So können Sie viel Ärger von vorneherein vermeiden.

Das Urheberrecht schützt literarische und künstlerische Schöpfungen. Dazu gehören unter anderem:

Dieser Schutz erstreckt sich auf eine konkrete Gestaltung, beispielsweise bei einem Text auf die Art und Weise, in der das Thema dargestellt wird, oder auf die sprachliche Ausdrucksform. Urheberschutz setzt also eine für andere Menschen wahrnehmbare Formgestaltung voraus. Nicht erforderlich ist eine dauerhafte Fixierung des Werkes, zum Beispiel in Papierform. Wer beispielsweise ein Musikstück auf dem Klavier improvisiert oder sich ein Gedicht ausdenkt, erhält für diese Improvisationen Urheberschutz.

Bloße Ideen oder Vorstellungen einer Person, die ein Musikstück oder Gedicht erst erstellen möchte, sind dagegen nicht urheberrechtlich geschützt. Sie sollten daher Ideen, von denen Sie sich viel versprechen, bis zur tatsächlichen Umsetzung geheim halten, wenn Sie nicht wollen, dass Dritte Ihre Ideen aufgreifen und Ihnen am Markt zuvorkommen.

Außerdem setzt Urheberschutz keine Eintragung oder Hinterlegung voraus. Er entsteht mit Schaffen des Werks, also sobald ein Text geschrieben oder vorgetragen oder eine Melodie niedergeschrieben oder gespielt wird. Auch ist kein Hinweis notwendig, dass Urheberschutz besteht beziehungsweise beansprucht wird. Insbesondere ist kein „Copyright-Hinweis“ erforderlich. Im angelsächsischen Rechtskreis weist der Copyright-Vermerk nicht auf die/den Urheber:in, sondern auf die/den Rechteinhaber:in hin. Ob und welche Bedeutung ihm im deutschen Urheberrecht zukommt, ist umstritten. Jedenfalls weist der Copyright-Vermerk nach der Rechtsprechung weder auf Urheberschutz hin noch lässt er vermuten, dass Urheberschutz für ein Werk besteht.

Urheberrecht: Schutzdauer, Übertragbarkeit und Nutzungsrechte

Doch wie lange ist ein Werk nun urheberrechtlich geschützt? Dafür gibt es klare gesetzliche Vorgaben: Der Urheberschutz schöpferische Werke (§ 2 UrhG) endet spätestens 70 Jahre nach dem Tod der/des Urheber:in. Bei Lichtbildern (§ 72 UrhG) erlischt der Schutz bereits 50 Jahre nach der ersten Veröffentlichung. Auch sonstige Leistungsschutzrechte für Menschen, die an der Herstellung oder Darbietung eines Werks beteiligt sind, genießen eine kürzere Schutzdauer. Zudem ist das Urheberrecht zwar vererbbar, aber nicht an sich übertragbar. Ein:e Urheber:in kann die Ausübung ihrer/seiner Rechte per Verfügung auf eine andere Person übertragen – zum Beispiel im Fall ihre/seines Todes.

Die/Der Urheber:in kann Dritten jedoch gestatten, ihr/sein Werk auf die eine oder andere Art zu nutzen und auf diesem Wege bestimmte Nutzungsrechte einräumen. Doch auch in diesem Fall verbleibt das Urheberrecht bei der Urheberin beziehungsweise beim Urheber. Aufgrund dieser Vorschriften ist das „geistige und persönliche Band“ zwischen Urheber:in und Werk daher sehr eng, was sich auch in den Vorschriften im Urheberrechtsgesetz widerspiegelt.

Zweck des Urheberrechtsgesetzes und Überblick über die Urheberrechte

Das Urheberrechtsgesetz basiert auf zwei wichtigen verfassungsrechtlichen Prinzipien: dem Persönlichkeitsrecht und dem Eigentumsrecht. So heißt es in § 11 UrhG:

„Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.“

Das Urheberrecht dient also dem Schutz der ideellen und materiellen Interessen der/des Urheber:in. Um dieses Ziel umzusetzen, gewährt das Urheberrechtsgesetz „Urheberpersönlichkeitsrechte“ und „ausschließliche Verwertungsrechte". Die Urheberpersönlichkeitsrechte schützen vor unerlaubter Erstveröffentlichung eines Werkes (§ 12 UrhG), der Nutzung eines Werkes ohne Urheberangabe (§ 13 UrhG) und vor der Entstellung eines Werkes (§ 14 UrhG).

Die ausschließlichen Verwertungsrechte garantieren, dass allein die/der Urheber:in das Recht hat, ihr/sein Werk in körperlicher oder unkörperlicher Form zu verwerten, um so an der Nutzung durch Dritte angemessen beteiligt zu werden.

Urheberrecht: Was kann alles geschützt sein?

Das Urheberrecht schützt eine breite Vielfalt an Werken aus den Bereichen Literatur, Kunst und Wissenschaft. Urheberschutz genießen hierbei nicht nur klassische Werke wie Romane, Gedichte oder Gemälde. Auch Alltägliches wie Produktbeschreibungen, Immobilienangebote, Stadtpläne, Schriftarten, Piktogramme, sogar AGB und Datenschutzerklärungen können urheberrechtlich geschützt sein, sofern sie die erforderliche Schöpfungshöhe aufweisen.

Nach § 2 Abs. 1 UrhG können insbesondere folgende Werkarten Urheberschutz genießen:

1.Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme

2.Werke der Musik

3.Pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst

4.Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der
  angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke

5.Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen
  werden

6.Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden

7.Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne,
  Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen

Als Sprachwerke können nicht nur klassische Texte wie Romane oder Gedichte, sondern auch Produktbeschreibungen, Werbe- und Anzeigentexte, Slogans, AGB und DIN-Normen, Stellenausschreibungen, Gebrauchsanweisungen und Gutachten geschützt sein.

Werke der bildenden Kunst im engeren Sinne sind Werke, die keinem funktionellen Gebrauchszweck dienen, beispielsweise Malerei, Radierungen, Bildhauerei und Druckgrafik. Als Werke der bildenden Kunst können auch Installationen (zum Beispiel Lichtshows) oder Performances urheberrechtlich geschützt sein. Zur Malerei und Grafik gehören auch Schrift- und Bildgestaltungen in Marken, Logos, Werbeanzeigen, -plakaten und -prospekten.

Bei Werken der angewandten Kunst handelt es sich um Kunsterzeugnisse, die einem Gebrauchszweck dienen. Diese kommen in verschiedenen Bereichen in unzähligen Arten vor. Urheberschutz ist beispielsweise für Möbel, Lampen, Haushaltsgeräte, Spielgeräte, Comic-Figuren oder Schmuck möglich. Ferner zählt die Mode zur angewandten Kunst. Zeichnungen, Entwürfe und Schnittmuster sowie die nach diesen Vorlagen gefertigten Modelle können ebenfalls Urheberschutz genießen. Auch das Layout einer Webseite oder von Printmedien wie Zeitungen und Zeitschriften als Ganzes kann Urheberschutz genießen, wenn es sich aus der Masse der alltäglichen Designs heraushebt.

Als Werke der Baukunst können sowohl ganze Bauwerke, Fassadengestaltungen, Eingangsbereiche, Treppenhäuser oder ein einzelnes Zimmer urheberrechtlich geschützt sein. Alltagsbauten, die nicht aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragen beziehungsweise reine Zweckbauten ohne künstlerischen Anspruch sind nicht urheberrechtlich geschützt.

Als Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art können beispielsweise Baupläne, Landkarten, Stadtpläne, Konstruktionszeichnungen, dreidimensionale Modelle und Schaubilder, Lernspiele, Piktogramme, technische Normenwerke wie DIN-Normen, Tabellen, Formulare, Fonds-Prospekte oder Kreuzworträtsel urheberrechtlich geschützt sein.

Urheberschutz setzt „persönliche geistige Schöpfung“ voraus

Es ist jedoch nicht genug, dass eine Gestaltung unter eine der oben genannten Werkarten fällt. Gemäß § 2 Absatz 2 UrhG sollen nur „persönliche geistige Schöpfungen“ Urheberschutz genießen. Erläuterungen, was eine „persönliche geistige Schöpfung“ ist, sucht man im Urheberrechtsgesetz allerdings vergeblich. Durch § 2 Absatz 2 UrhG hat der Gesetzgeber jedoch klargestellt: Es soll nicht jeder Text, jede Zeichnung, jeder Slogan urheberrechtlich geschützt sein. Die Feinheiten überließ der Gesetzgeber jedoch den Gerichten. Und die haben bestimmt: Eine persönliche geistige Schöpfung setzt einen menschlichen Schaffensprozess und eine individuelle beziehungsweise einzigartige Gestaltung voraus.

Der menschliche Schaffensprozess: Wie entsteht ein urheberrechtlich geschütztes Werk?

Urheberrechtlich geschützt sind (bisher) nur Gestaltungen, die auf die schöpferische Tätigkeit eines Menschen zurückzuführen sind. Reine Zufallserzeugnisse (zum Beispiel durch Bleigießen entstandene Formen) sind daher ebenso wenig urheberrechtlich geschützt wie Erzeugnisse, die von Tieren hergestellt werden (zum Beispiel Tierdressur).

Gegen Urheberschutz spricht dagegen nichts, wenn Maschinen wie 3D-Drucker oder Computerprogramme (zum Beispiel CAD-Programme) als Hilfsmittel zur Erzeugung des Werkes eingesetzt werden. Ob Urheberschutz auch dann noch möglich ist, wenn die/der Urheber:in bestimmte Zufallsmomente oder von ihm nicht kontrollierte Eingriffe einer Maschine in den Schaffungsprozess mit einbezieht, ist umstritten.

Ob KIs urheberrechtlich geschützte Werke erzeugen, ist unklar

Ebenso fraglich ist, ob an Erzeugnissen, die durch künstliche Intelligenz (KI) erstellt werden, Urheberrechte entstehen können. KI-Technologien wie ChatGPT oder Dall-E können Bilder malen, Musik komponieren, Computerprogramme schreiben und Designs gestalten, die mittlerweile so überzeugend sind, dass sie von echten Werken kaum zu unterscheiden sind. Es bleibt abzuwarten, wie Gerichte entscheiden werden beziehungsweise ob der Gesetzgeber das Urheberrechtsgesetz einmal mehr ändert, um auch KI-Leistungen und KI-Investitionen zu schützen.

Tipp:

Werke durch eine künstliche Intelligenz erstellen zu lassen, bietet zwar eine enorme Arbeitserleichterung, wirft rechtlich jedoch einige Fragen auf. Im Artikel ChatGPT: Verletzen KI-basierte Texte das Urheberrecht? erläutern wir hierzu einige urheberrechtliche Fragestellungen.

Individuelle Gestaltung und Schöpfungshöhe: Was bedeutet das für den Urheberschutz?

Immer wieder wird betont, dass das Geschaffene eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen muss. Die Gestaltung muss eine persönliche Handschrift tragen, eine individuelle Note aufweisen und mehr Eigenkreationen enthalten als Leistungen, die von jedem mit vergleichbarer Ausbildung und Begabung erbracht werden könnten. Das Geschaffene muss sich also vom Alltäglichen und Handwerksmäßigen abheben.

Die Frage, ob eine Gestaltung die erforderliche Schöpfungshöhe aufweist, muss dabei stets im Einzelfall geprüft werden. Allgemein gültige oder einheitliche Regeln gibt es nicht. Im Rahmen der Einzelfallprüfung muss die Gestaltung (zum Beispiel ein Text oder Logo) mit anderen bereits bestehenden Gestaltungen dieser Art verglichen und entschieden werden, ob diese sich von den vorbekannten Gestaltungen abhebt.

So bejahte zum Beispiel das LG München (Urteil vom 2.1.2008, 21 O 3262/08) den Urheberschutz einer Heiratsanzeige als Sprachwerk mit folgender Begründung:

„In Inhalt und Duktus setzen sie sich auch insofern von herkömmlichen Annoncen ab, als sie in die Nähe von Charakterisierungen kommen, wie man sie etwa in Romanen findet, wenngleich die Annoncen unzweifelhaft kein großer Romancier verfasst hat. Die literarische Qualität ist aber auch nicht maßgeblich, sondern allein die Frage, ob die Texte eine individuell-schöpferische Leistung darstellen. Und das ist der Fall: Die Annoncen der Klägerin sind in Wortwahl und Stil gekonnt auf den angesprochenen (elitären) Personenkreis zugeschnitten; schon darin ist eine individuell-schöpferische Leistung zu sehen. Es ist auch (…) nicht etwa so, dass die Texte durch die zu beschreibenden Personen weitgehend vorgegeben sind – wie das etwa für die Beschreibung eines Staubsaugers zutreffen mag. Bei der Beschreibung und Charakterisierung einer Person lässt sich nicht nur die nahezu unerschöpfliche Vielfalt der Sprache, sondern insbesondere auch die ganze Bandbreite der menschlichen Wahrnehmung zur Geltung bringen. So leistet in den Annoncen der Klägerin auch die Auswahl der Charaktereigenschaften ebenso wie deren sprachliche Umsetzung einen Beitrag zur individuell-schöpferischen Leistung.“

Das LG Köln (Urteil vom 9.6.2022, 14 O 282/20) bejahte den Urheberschutz der grafisch stilisierter Abbildung eines Pizzastücks als Werk der angewandten Kunst (Grafik) mit folgender Begründung:

 „Es handelt sich nicht um eine rein naturalistische Darstellung eines Pizzastücks, sondern dieses wird durch Form- und Farbgebung auf das wesentliche reduziert und bleibt gleichwohl erkennbar. Dem Gestalter steht bei der Wiedergabe eines stilisierten Pizzastücks eine sehr breite Auswahl verschiedener ästhetischer Möglichkeiten zur Verfügung. Ein ähnlich der geometrisch reduzierten Form der hier streitgegenständlichen Abbildung gestaltetes Logo findet sich im Wettbewerbsumfeld (…) nicht. Daher kommt auch dieser Gestaltung jedenfalls noch ein Mindestmaß schöpferischer Individualität nach der »kleinen Münze« zu.“

Ausnahme Fotografie: Stets geschützt, auch ohne Schöpfungshöhe  

Eine Ausnahme vom „klassischen“ Urheberrecht bilden Fotografien. Diese sind immer urheberrechtlich geschützt, egal ob sie eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen oder nicht. Das Urheberrechtsgesetz unterscheidet lediglich nach der Qualität von Fotos: Allerwelts-Fotos und Schnappschüsse sind als "Lichtbilder" gemäß § 72 UrhG geschützt, während Fotos mit Schöpfungshöhe als "Lichtbildwerke" gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 5 UrhG geschützt sind.

Tipp:

Bilder werten jeden Webauftritt enorm auf. Doch bei ihrer unbedachten Nutzung drohen Abmahnungen und teure Unterlassungserklärungen! Wie Sie Bilder korrekt nutzen, das erfahren Sie im Artikel Bilder rechtssicher verwenden: Alle Infos im Überblick.

Lichtbilder genießen jedoch den gleichen Schutz wie Lichtbildwerke. Unterschiede bestehen nur bei der Dauer des Schutzes: Lichtbildwerke sind bis zu 70 Jahre nach dem Tod der/des Urheber:in geschützt, während Lichtbilder nur bis zu 50 Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung geschützt sind. Beide dürfen Sie nicht einfach ohne Erlaubnis nutzen.

Wer muss den Urheberschutz beweisen - und wie?

Berufen Sie sich darauf, dass eine bestimmte Gestaltung wie beispielsweise ein Text, eine Grafik, ein Stadtplan oder Logo Urheberschutz genießt, müssen Sie darlegen und notfalls beweisen, dass ein Werk die erforderliche Schöpfungshöhe aufweist.

Insoweit genügt es nicht, die Gestaltung nur vorzulegen. Vielmehr müssen Sie darlegen, welche konkreten Merkmale der Gestaltung den Urheberschutz begründen sollen und dass diese eigenartig und individuell sind. Das erfordert auch einen durchaus „kreativen“ Vortrag. Dies wird in Urheberrechtsprozessen oft unterschätzt - selbst Anwälte widmen sich diesem Vortrag nicht immer mit der gebotenen Aufmerksamkeit.

Wer ist die/der Urheber:in?

Urheber:in ist der Mensch, der das Werk geschaffen hat. Das kann daher nur eine natürliche Person sein, also ein:e Texter:in, Komponist:in etc. Haben mehrere ein Werk zusammen geschaffen, sind sie Miturheber:innen. Eine juristische Person wie beispielsweise GbR, GmbH oder AG kann also nie Urheber:in sein. Diesen kann sie/er jedoch Nutzungsrechte einräumen.

Wollen Sie sich auf Urheberrechte oder Nutzungsrechte berufen, müssen Sie beweisen, dass Sie Urheber:in sind oder dass diese:r Ihnen Nutzungsrechte eingeräumt hat. § 10 UrhG stellt insoweit eine Vermutungsregelung auf, sowohl für Urheberschaft als auch für die Rechtsinhaberschaft.

Nach § 10 Absatz 1 UrhG gilt als Urheber:in, wer auf einem erschienenen Werk oder auf dem Original eines Kunstwerks in der üblichen Weise so bezeichnet ist. Die Verwendung eines Pseudonyms, Künstlernamens oder Künstlerzeichens genügt, wenn es als Bezeichnung der/des Urheber:in bekannt ist. Ist beispielsweise neben einem Foto der Name einer/eines Fotograf:in oder unter einem Text der Name einer/eines Autor:in angeführt, gelten diese als Urheber:innen. Möchte jemand die Urheberschaft bestreiten, muss sie/er den vollen Beweis dafür erbringen, dass die genannte Person nicht die/der Urheber:in ist.

§ 10 Absatz 3 UrhG begründet zudem eine entsprechende Vermutung zugunsten der Inhaber:in ausschließlicher Nutzungsrechte im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren sowie allgemein für Unterlassungsansprüche.

Urheber:innen in Arbeits- und Dienstverhältnissen: Das müssen Sie als Unternehmer:in beachten

Ein Teil der Werke entsteht nicht freischaffend, sondern im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses, sei es als Journalist:in, Designer:in, Fotograf:in oder in einem anderen Berufszweig. Alternativ schaffen viele Leute auch Auftragswerke. Anders als im US-amerikanischen Recht, gilt das Schöpferprinzip in Deutschland auch im Arbeits- und Dienstverhältnis. Urheber:in ist daher die/der Arbeitnehmer:in oder - bei Auftragswerken – die/der Auftragnehmer:in.

Nutzungsberechtigung nach Vereinbarung

Eine hiervon zu trennende, aber nicht weniger wichtige Frage ist, ob Arbeitgeber:innen beziehungsweise Auftraggeber:innen berechtigt sind, die so geschaffenen Werke zu nutzen. Eine Nutzungsberechtigung ergibt sich im besten Fall nur dann, wenn sie ausdrücklich vereinbart wurde. Diese kann im Arbeits- beziehungsweise Werkvertrag oder in einer separaten Vereinbarung geregelt sein. Wurde keine ausdrückliche Vereinbarung geschlossen, ist die Nutzungsberechtigung des anhand der Regelungen in §§ 43 UrhG und 69 b UrhG zu bestimmen.

Nutzungsrecht für betriebliche Zwecke

Nach § 43 UrhG erwerben Sie als Arbeitgeber:in schon mit dem Arbeitsvertrag ein ausschließliches Nutzungsrecht an Werken, die Ihre Arbeitnehmer:innen in Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstvertrag schaffen. Allerdings nur in dem Umfang, in dem sie für betriebliche oder dienstliche Zwecke benötigt werden. „In Erfüllung arbeits- oder dienstvertraglicher Pflichten“ ist ein Werk geschaffen, wenn seine Entstehung schon arbeitsvertraglich vorgesehen war (sogenannte Pflichtwerke). Maßgeblich sind die Berufsbezeichnung und Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag. Wurde ein:e Arbeitnehmer:in etwa als Fotograf:in angestellt und die Anfertigung von Fotos vereinbart, „gehören“ die Fotos Ihnen als Arbeitgeber:in.

Anbietungspflicht für freie Werke

Werke, die nur „bei Gelegenheit“ der Beschäftigung oder außerhalb des Arbeitsverhältnisses geschaffen werden, sind von § 43 UrhG nicht erfasst (sogenannte Freie Werke). Hierzu zählen Werke, die die/der Arbeitnehmer:in in der Freizeit, bereits vor dem Beginn oder erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses geschaffen hat. Bei „Gelegenheit“ werden Werke geschaffen, die Ihr:e Mitarbeiter:in zum Beispiel aus eigener Initiative schafft oder die über die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten hinausgehen. Umstritten ist, ob die/der Arbeitnehmer:in verpflichtet ist, Arbeitgeber:innen freie Werke zur Auswertung anzubieten. Die herrschende Meinung bejaht eine Anbietungspflicht des Arbeitnehmenden für freie Werke, wenn diese zwar außerhalb des vereinbarten Tätigkeitsbereiches liegen, aber im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen.

§ 69 b UrhG enthält eine § 43 UrhG vorgehende Sonderregelung für Software. Um die Position der/des Arbeitgeber:in zu stärken, sieht § 69 b UrhG als gesetzliche Vermutung vor, dass dieser alle vermögensrechtlichen Befugnisse an der Software innehat, die die/der Arbeitnehmer:in "in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers“ geschaffen hat, es sei denn, es wurde vertraglich etwas anderes vereinbart“. Anders als bei § 43 UrhG erwerben Sie als Arbeitgeber:in also alle vermögensrechtlichen Befugnisse an den Programmierleistungen Ihrer/Ihres Mitarbeiter:in. Sie/er ist also von jeglicher Verwertung ihrer/seiner Programmierleistungen ausgeschlossen. Um diese Konsequenz zu vermeiden oder einzuschränken, muss sie/er ausdrückliche vertragliche Regelung mit der/dem Arbeitgeber:in treffen.

Verwertungsrechte der/des Urheber:in

Nach § 15 UrhG steht allein der/dem Urheber:in das Recht zu, ihr/sein Werk zu nutzen und Dritte von der Benutzung auszuschließen. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen der Verwertung in körperlicher Form und in unkörperlicher Form.

Das Gesetz zählt in § 15 UrhG folgende Verwertungsrechte beispielhaft auf:

Die/Der Urheber:in hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Das Recht umfasst insbesondere

1.das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG),

2.das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG),

3.das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG).

Die/Der Urheber:in hat ferner das ausschließliche Recht, ihr/sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG),

2.das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG),

3.das Senderecht (§ 20 UrhG),

4.das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21 UrhG),

5.das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher
  Zugänglichmachung (§ 22 UrhG).

Unkörperliche Verwertungshandlungen sind der/dem Urheber:in nur dann vorbehalten, wenn sie öffentlich sind. Das bedeutet: Nicht öffentliche unkörperliche Verwertungshandlungen sind ohne Erlaubnis der/des Urheber:in zulässig.

Gemäß § 15 Absatz 3 UrhG ist die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jede:r, die/der nicht mit der- oder demjenigen, die/der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Urheberrechtsschranken: Wann darf man Werke ohne Erlaubnis nutzen?

Wie das Sacheigentum unterliegt auch das Urheberrecht als sozialgebundenes Recht im Interesse der Allgemeinheit gewissen Schranken. So sieht das Urheberrechtsgesetz in den §§ 44a - 63 UrhG zahlreiche Ausnahmen vor, in denen Sie ein Werk ohne Erlaubnis der/des Urheber:in nutzen können.

Tipp:

Sich auf andere Werke zu berufen, ist längst nicht mehr nur in der Wissenschaft üblich. Damit Ihnen dabei keine Urheberrechtsverletzung unterläuft, haben wir im Artikel Zitatrecht: So zitieren Sie andere Werke korrekt zusammengefasst, worauf es beim korrekten Zitieren ankommt.

Einige der Schrankenregelungen sehen als Ausgleich für den Entzug einen gesetzlichen Anspruch der/des Urheber:in auf angemessene Vergütung vor. Die §§ 62, 63 und 63a UrhG enthalten zur Wahrung des Urheberpersönlichkeitsrechts das grundsätzliche Verbot zur Änderung von Werken im Rahmen einer nach einer Schranke erlaubten Benutzung (§ 62 UrhG), die Pflicht zur Quellenangabe (§ 63 UrhG) und die grundsätzliche Unmöglichkeit des Vorausverzichts auf die gesetzlichen Vergütungsansprüche (§ 63a UrhG).

Urheberrechtsverletzungen: Was sind die rechtlichen Konsequenzen?

Nutzen Sie ein Werk ohne Erlaubnis der/des Urheber:in und greift auch keine Ausnahme, sprich Schrankenregelung, ein, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor. Der/Dem Urheber:in beziehungsweise der/dem ausschließlichen Rechteinhaber:in stehen im Fall einer Urheberrechtsverletzung unter anderem folgende Ansprüche zu:

Unterlassungsanspruch – Kein Verschulden erforderlich

Der Unterlassungsanspruch setzt kein Verschulden voraus. Dieser Anspruch besteht also auch gegen Sie, wenn Sie überhaupt nicht wussten, dass Sie eine Urheberrechtsverletzung begehen und dennoch eine Abmahnung erhalten. Übrigens: Da die Abmahnkosten am Unterlassungsanspruch „hängen“, setzt auch der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kein Verschulden voraus.

Schadensersatz – Strenge Anforderungen an Sorgfaltspflichten

Der Schadensersatzanspruch dagegen setzt ein Verschulden Ihrerseits voraus. Jedoch ist kein Vorsatz, also eine absichtliche Urheberverletzung erforderlich. Es genügt, wenn Sie fahrlässig handeln, das heißt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat. Die Rechtsprechung ist hier sehr streng. So müssen Sie sich, wenn Sie fremde Werke nutzen, umfassend und lückenlos nach den erforderlichen Nutzungsrechten erkundigen. Werden beispielsweise Unternehmen Fotos von Dritten zur Nutzung auf einer Webseite überlassen, müssen sie nachfragen, ob und welche Nutzungsrechte Dritte an dem Foto haben und ob sie diese an Dritte weitergeben dürfen. Verlassen Sie sich dabei nicht auf bloße Zusicherungen, sondern lassen Sie muss sich Dokumente wie beispielswiese Lizenzverträge vorlegen. Prüfen Sie, ob diese die von Ihnen geplante Nutzung gestatten. Gewerbliche Verwerter:innen unterliegen dabei erhöhten Prüfungsanforderungen. Bei schwierigen Rechtsfragen sollten Sie zudem sachkundigen Rechtsrat einholen.

Tipp:

Wie schnell eine ungenehmigte Werknutzung auch im Bereich Musik zu einer Schadenersatzforderung führen kann, das erfuhr ein über exali versicherter IT-Dienstleister im Artikel Ungenehmigte Musiknutzung bei Mode-Event - ein echter Schadenfall.

Berechnungsmethoden beim Schadensersatz im Urheberrecht

Den Schadenersatz kann die/der Urheber:in nach ihrer/seiner Wahl auf drei verschiedenen Wegen berechnen:

Hierbei wird der Gewinn berechnet, den die/der Urheber:in durch eine eigene Verwertung des Werkes hätte erzielen können, wenn es nicht von der/dem Verletzer:in verwertet worden wäre.

Hierbei wird der Gewinn ermittelt, den die/der Verletzer:in durch die Urheberrechtsverletzung erzielt hat.

Bei der Schadensberechnung nach der sogenannten Lizenzanalogie wird unterstellt, die Parteien hätten einen Lizenzvertrag zu angemessenen Konditionen geschlossen. Die Wahl dieser Berechnungsmethode führt allerdings nicht dazu, dass nachträglich tatsächlich ein Lizenzvertrag entsteht, sodass die Rechtsverletzung weiterhin bestehen bleibt. Ausgangspunkt sind die Lizenzen, die die/der Urheber:in üblicherweise verlangt und am Markt auch tatsächlich durchsetzen kann.

Im Zweifel muss die/der Urheber beweisen, dass sie/er die benannte Lizenzgebühr am Markt tatsächlich erhalten würde, zum Beispiel durch Vorlage von Lizenzverträgen. Kann sie/er diesen Beweis nichterbringen, wird in einem nächsten Schritt auf im Markt bestehende Vergütungsregeln zurückgegriffen. Bestehen auch solche nicht, schätzt das Gericht den Schadenersatz nach § 287 ZPO. Maßgeblich sind hier Art, Umfang und Dauer des Verstoßes. Je nach Fall droht Schadensersatz in drei- oder gar vierstelliger Höhe.

Wiederholungsgefahr, Unterlassungserklärung und Vertragstrafen im Urheberrecht

Nach der Rechtsprechung begründet die Urheberrechtsverletzung die Vermutung, dass von der verletzenden Partei weitere Urheberrechtsverletzungen drohen (sogenannte Wiederholungsgefahr). Dabei ist zu beachten, dass die Verletzungshandlung nicht nur für identische Verletzungen, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen die Wiederholungsgefahr begründet. Die Wiederholungsgefahr kann nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen entfällt die Wiederholungsgefahr auch ohne die Abgabe einer solchen Erklärung. Die Rechtsprechung ist hier aber streng. Selbst Betriebseinstellungen oder Produktionsumstellungen beseitigen die Wiederholungsgefahr nicht.

Achtung!

Viele Abgemahnte denken, wenn sie die abgemahnte Handlung beseitigen wie zum Beispiel das abgemahnte Foto löschen, besteht kein Anspruch mehr auf Abgabe einer Unterlassungserklärung. Das ist nicht richtig. Allein die Entfernung des abgemahnten Verstoßes beseitigt nicht die Wiederholungsgefahr.

Mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verspricht die/der Abgemahnte, die beanstandete Handlung zu unterlassen (zum Beispiel das abgemahnte Foto nicht mehr zu nutzen) und im Falle einer Wiederholung eine Vertragsstrafe an die/den Abmahner:in zu zahlen. Dies führt zu einem Unterlassungsvertrag zwischen beiden Parteien, an den die/der Abgemahnte "lebenslang" gebunden ist. Als Abgemahnte:r sind allerdings nicht verpflichtet, eine vorformulierte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Sie können diese abändern oder eine eigene Erklärung formulieren. Die Erklärung muss jedoch geeignet sein, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Sie müssen in der Unterlassungserklärung außerdem keine feste Vertragsstrafe angeben. In vorformulierten Unterlassungserklärungen sind oft Vertragsstrafen von 5.100 Euro genannt. Es genügt aber, eine „angemessene Vertragsstrafe“ zu versprechen.

Tipp:

Sollten Sie eine Abmahnung erhalten, gilt zuallererst: Keine Panik! Denn die passende Reaktion kann Ihnen bereits viel Ärger ersparen. Mehr über das richtige Verhalten erfahren Sie hier: Abmahnung erhalten? So reagieren Sie richtig.

Vertragstrafen im Urheberrecht: So können Sie sie vermeiden

Was viele Abgemahnte nicht wissen: Nicht die Abmahnung ist das größte Problem. Das weitaus größere finanzielle Risiko liegt in der Gefahr von Vertragsstrafen wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung. In Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet wird oft (nur) ein Verstoß auf einer konkreten Webseite angeführt. Die Unterlassungserklärung beschränkt sich jedoch nicht auf diese Webseite, sondern gilt für „das Internet“. Wird zum Beispiel das abgemahnte Foto auch auf Social Media genutzt, aber nur von der Webseite gelöscht, ist eine Vertragsstrafe sicher.

Vor Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung müssen Sie daher umfassend aufräumen, das heißt das abgemahnte Fotos nicht nur von der in der Abmahnung angeführten Webseite, sondern von allen Webseiten, Marktplätzen und Social Media entfernen. Zudem müssen Sie dafür sorgen, dass das Foto auch vom Server und aus dem Cache gängiger Suchmaschinen gelöscht wird. Auch die Abrufbarkeit eines Fotos nach Eingabe einer konkreten URL kann eine Vertragsstrafe auslösen.

Strafbewehrte Unterlassungserklärung im Urheberrecht: Vor- und Nachteile

Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sollte wohl überlegt sein. Wiegen Sie die Vor- und Nachteile sowie die wirtschaftlichen Risiken sorgfältig gegeneinander ab. Die damit verbundenen Nachteile können im Einzelfall auch dazu führen, dass die Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung am Ende die wirtschaftlich sinnvollere Lösung ist und es klüger sein kann, den Gang vor Gericht zu riskieren

Vorteile einer Unterlassungserklärung im Urheberrecht

Geben Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, ist der Unterlassungsanspruch erfüllt und muss dann nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden. Dies spart sowohl Gerichts- als auch Anwaltskosten.

Achtung!

Durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung räumen Sie als Abgemahnte:r weder den Verstoß noch eine Schuld ein. Sie können auch danach noch argumentieren, dass die Abmahnung unberechtigt ist. Aus der Abgabe einer Unterlassungserklärung folgt auch keine Pflicht zur Zahlung von Abmahnkosten, es sei denn, die von Ihnen unterzeichnete Unterlassungserklärung enthält eine solche Pflicht.

Nachteile einer Unterlassungserklärung im Urheberrecht

Stellt die/der Abmahner:in nach Abgabe einer Unterlassungserklärung fest, dass die/der Abgemahnte gegen diese verstoßen hat, kann sie/er eine Vertragsstrafe fordern. Wurde in der Unterlassungserklärung in dieser Hinsicht eine bestimmte Summe versprochen, müssen Sie diese als Abgemahnte:r also bezahlen. Wurde in der Abmahnung nur eine „angemessene Vertragsstrafe“ versprochen, muss die/der Abmahner:in die konkrete Höhe der Vertragsstrafe nun nach billigem Ermessen festlegen. Halten Sie als Abgemahnte:r die festgelegte Vertragsstrafe für zu hoch, können Sie diese vom Gericht überprüfen lassen.

Je nach Art und Dauer des Verstoßes können Vertragsstrafen mehrere Tausend Euro betragen. Stehen Verstöße auf mehreren Webseiten, Plattformen oder in verschiedenen Anzeigen im Raum, sind auch Vertragsstrafen in Höhe von 10.000 Euro und mehr möglich.

Die Vertragsstrafe müssen Sie an die/den Abmahner:in zahlen. Daher hat diese:r ein großes Interesse daran, Verstöße nach Abgabe einer Unterlassungserklärung aufzudecken oder sogar zu provozieren, um in den Genuss von Vertragsstrafen zu kommen.

Werden Sie abgemahnt, haften Sie auch für Verstöße von Mitarbeiter:innen oder beauftragten Dritten (zum Beispiel Agenturen, Influencer:innen, Kooperationspartner:innen). Es sei denn, eine Haftung für Dritte ist in der Unterlassungserklärung explizit ausgeschlossen.

Daher ist es wichtig, Mitarbeiter:innen und beauftragte Dritte über die Bedeutung und Folgen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu informieren und Vorgaben zur Vermeidung eines Verstoßes zu erteilen. Zudem sollten Sie regelmäßig überprüfen, ob die Vorgaben eingehalten werden.

Urheberrechtliche Abmahnung: Unterlassungserklärung unterschreiben oder Urteil riskieren?

Es gibt keine Pflicht, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, auch wenn die Abmahnung berechtigt ist. Die Gründe, warum Abgemahnte „lieber“ das Risiko eines Gerichtsverfahrens eingehen als eine Unterlassungserklärung abzugeben, können ganz unterschiedlicher Art sein.

So können Zweifel daran bestehen, dass die/der Abmahner:in ihre/seine Ansprüche tatsächlich gerichtlich geltend macht. Es gibt durchaus Abmahner:innen, die nur „freiwillig“ gezahlte Abmahnkosten und Vertragstrafen einsammeln, Unterlassungsansprüche aber nie gerichtlich geltend machen. Ein weiterer Grund für die Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung ist, dass Verstöße gegen ein gerichtliches Unterlassungsverbot keine Vertragsstrafen, sondern „nur“ Ordnungsgelder nach sich ziehen. Ordnungsgelder sind in der Regel geringer und fließen überdies dem Staat zu. Die/Der Abmahner:in hat daher gegebenenfalls kein Interesse, Verstöße gegen die Unterlassungserklärung aufzudecken, schließlich hat sie/er wirtschaftlich nichts davon. Zudem ist zu beachten, dass Abgemahnte im Falle einer gerichtlichen Verurteilung nicht für Verstöße Dritter (Mitarbeiter:innen, Agenturen, etc.) haften. Anders bei Unterlassungserklärungen: Hier haftet der Abgemahnte auch für Fehler seiner Mitarbeiter:innen oder beauftragter Dritter.

Werden Sie abgemahnt, sollten Sie sich daher vor Abgabe einer Unterlassungserklärung fragen, ob Sie vollkommen sicher sind, dass Sie umfassend aufgeräumt haben und absolut ausgeschlossen ist, dass Sie in Zukunft gegen die Unterlassungserklärung verstoßen. Ist die Antwort kein klares „Ja“, sollte Sie gegebenenfalls keine Unterlassungserklärung abgeben. Ob eine Unterlassungserklärung oder das Risiko eines Gerichtsverfahrens die wirtschaftliche sinnvollere Lösung ist, hängt unter anderem von der Höhe des Streitwerts für den Unterlassungsanspruch ab. Bei sehr hohen Unterlassungsstreitwerten kann ein Klageverfahren mit Kosten von 10.000 Euro und mehr verbunden sein. Dann müssen Sie gegebenenfalls notgedrungen eine Unterlassungserklärung abgeben und alles daran setzen, Vertragsstrafen zu vermeiden.

Urheberrecht - ein Thema für Unternehmen, Freiberufler:innen und Selbständige

Wenn Sie sich mit dem Thema Urheberrecht vertraut machen, schützen Sie sich und Ihr Unternehmen vor unnötigen finanziellen Belastungen und rechtlichen Konsequenzen. Ein gewisses Verständnis für die Materie hilft Ihnen, leicht vermeidbare Urheberrechtsverletzungen von vornherein zu verhindern und sich somit vor teuren Abmahnungen und unangenehmen Rechtsstreitigkeiten zu schützen.

Tipp:

Abmahnungen sind sicher eines der größten Ärgernisse für Freiberufler:innen und Selbständige. Mehr Tipps zur Vermeidung von Rechtsverletzungen haben wir daher hier für Sie aufbereitet: Die 5 häufigsten Rechtsverletzungen und wie Sie diese vermeiden.

Haben Sie eine Abmahnung erhalten, sollten Sie sich nach Erhalt so schnell wie möglich anwaltlich beraten lassen. Anwältinnen und Anwälte für Urheberrecht werden Ihnen insbesondere das Pro und Kontra einer Unterlassungserklärung in Ihrem spezifischen Fall darlegen und Sie bei der Entscheidungsfindung fachkundig beraten.

Wenn Sie eine Berufshaftpflichtversicherung haben, übernimmt diese außerdem die Kosten für die anwaltliche Beratung und Vertretung. Vergessen Sie nicht, die Abmahnung Ihrem Versicherer umgehend zu melden. Er wird dann das weitere Vorgehen übernehmen.

Unsere Gastautorin Denise Himburg:

 

Rechtsanwältin Denise Himburg aus Berlin berät in der Kanzlei RESMEDIA und vertritt seit mehr als 20 Jahren bundesweit Mandanten im IP-Recht (Markenrecht, Designrecht, Wettbewerbsrecht) und Urheberrecht. Seit 2011 ist sie Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Beratung und Vertretung im Medienrecht und Äußerungsrecht. Zu ihren Mandanten gehören sowohl Kreative wie Fotograf:innen, Designer:innen, Texter:innen und Grafiker:innen als auch Unternehmen, Start-ups und Freiberufler:innen aus den unterschiedlichsten Branchen und Bereichen wie Werbung und Marketing, Medienunternehmen, Filmverleiher:innen, Online-Händler:innen und Plattformbetreiber:innen, Bildungsträger:innen und Pharmaunternehmen.