Fotografen aufgepasst! EuGH urteilt über Zuständigkeiten bei Urheberrechtsverletzungen im Web
Europa rückt zusammen, der Markt soll einheitlicher werden und die Grenzen für Handel und Bürger auf ein Minimum beschränkt sein. Die Europäische Union bringt aber nicht nur Vorteile, sie wirft auch immer wieder Fragen auf. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste sich nun mit einer dieser Fragen befassen. Wird im Web das Urheberrecht eines Fotografen verletzt, ist dann ein Gericht in dessen Heimatland zuständig oder aber ein Gericht des Landes, in dem die Urheberrechtsverletzung tatsächlich stattfand?
Das Urteil des EuGH und welche Folgen die Entscheidung für Kreative hat, steht auf der InfoBase im Fokus.
EuGH entscheidet über Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen im Web
Was heißt das Urteil für die Praxis?
Generell bedeutet das Urteil des EuGH:
Fotografin klagt gegen Urheberrechtsverletzung
Zu Beginn eine kurze Fallbeschreibung: Eine österreichische Architektur-Fotografin hat die Werke des österreichischen Architekten Georg W. Reinberg fotografiert. Später veranstaltete der Architekt eine Tagung, bei der er (mit Genehmigung der Fotografin) diese Fotos seiner Bauten zeigte.
Die Tagung wiederum wurde von einer Agentur organisiert. Diese hat im Anschluss die Bilder der Fotografin auf der Agentur-Webseite zum Download angeboten, allerdings ohne die Zustimmung der Fotografin und ohne diese als Urheberin zu nennen.
Dagegen zog die Fotografin vor das Handelsgericht Wien und forderte 4.050 Euro Schadenersatz. Die Agentur jedoch stellte direkt in Frage, ob das österreichische Gericht für den Fall zuständig sei. Immerhin sei die Internetseite der Agentur sichtbar auf Deutschland ausgerichtet und verfüge über eine „.de“ Domain.
Durch die bloße Abrufbarkeit aus Österreich werde keine Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts begründet, so die Argumentation der Agentur.
EuGH entscheidet über Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen im Web
Das Handelsgericht Wien setzte das Verfahren aus und übergab dem EuGH die Frage der Zuständigkeit (C 441/13).
Der Europäische Gerichtshof nahm sich der Sache an und urteilte, dass das österreichische Gericht durchaus die Zuständigkeit für den Fall besitzt. Aus dem Urteil:
„Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist mit der Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens gemeint, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann (Urteil Coty Germany, EU:C:2014:1318, Rn. 46). […]Daher ist es für die Bestimmung des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs zur Feststellung der gerichtlichen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 unerheblich, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Website nicht für den Mitgliedstaat des vorlegenden Gerichts bestimmt ist.“
In einfachen Worten: Es reicht aus, dass die Webseite im Land des Gerichts (in diesem Fall Österreich) abrufbar sei, sie muss nicht auf das entsprechende Land ausgerichtet sein.
Doch das Gericht machte auch klar, dass das Gericht nur über die Schadenshöhe im jeweiligen Land entscheiden kann, nicht über den Schaden, der durch die Urheberrechtsverletzung eventuell in anderen Ländern entstanden ist. Im Wortlaut:
„Die Gerichte anderer Mitgliedstaaten sind nämlich nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 und dem Territorialitätsgrundsatz grundsätzlich für die Entscheidung über einen im Hoheitsgebiet ihres jeweiligen Mitgliedstaats im Hinblick auf Urheber und verwandte Schutzrechte verursachten Schaden zuständig, da sie am besten in der Lage sind, zu beurteilen, ob diese vom betreffenden Mitgliedstaat gewährleisteten Rechte tatsächlich verletzt worden sind, und die Natur des verursachten Schadens zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil Pinckney, EU:C:2013:635, Rn. 46).“
Im Klartext bedeutet dies, dass das Wiener Gericht in diesem Fall zwar für die Urheberrechtsverletzung in Österreich zuständig ist, der Schadenersatz, der dadurch aber möglicherweis ein Deutschland fällig wird, liegt nicht in der Zuständigkeit der Wiener Richter.
Was heißt das Urteil für die Praxis?
Eine Internetseite ist in der Regel in mehr als nur einem Land abrufbar, aus der Entscheidung des EuGH geht also hervor, dass eine Urheberrechtsklage nicht zwangsläufig nur in dem Land erfolgen kann, auf das die Seite ausgerichtet ist.
Im Fall der österreichischen Fotografin könnte also eine weitere Klage vor einem deutschen Gericht folgen, das über die Höhe des in Deutschland entstandenen Schadens urteilt.
Generell bedeutet das Urteil des EuGH:
Ist nun eine Seite auf mehrere Länder ausgerichtet, ist zu vermuten, dass in jedem der Länder dem Rechteinhaber durch die unautorisierte Veröffentlichung ein Schaden entstanden ist. Dem Urteil des EuGH folgend wäre dann wegen ein und derselben Veröffentlichung gegebenenfalls in mehreren Ländern Klage zu erheben.
Hinweis in eigener Sache: Daher ist es wichtig, dass durch eine Berufshaftpflichtversicherung Rechtsverletzungen nicht nur in der BRD, sondern in Europa oder bestenfalls weltweit abgesichert sind.
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Weiterführende Informationen:
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© Sarah-Yasmin Fließ – exali AG