Achtung Unterlassungserklärung: Einmal unterschreiben, immer wieder zahlen

Eine Abmahnung kann Selbständige ganz schön nervös machen und vielleicht dazu verleiten, voreilig etwas zu unternehmen. Aber Achtung: Blinder Aktionismus kann teuer werden. Denn die Unterlassungserklärungen, die den Abmahnungen beiliegen, können unabsehbare Folgen für die Zukunft haben. Wir stellen zwei Fälle vor, in denen die Abgemahnten wegen einer einzigen Unterlassungserklärung mehrmals zur Kasse gebeten wurden…

LG Düsseldorf: Pauschalpreise und eine pauschale Unterlassungserklärung?

Im ersten Fall ging es um die Betreiberin einer Praxisklinik, die Fettabsaugungen und andere Behandlungen aus dem Bereich der plastischen Chirurgie online zum Festpreis anbot. Dafür wurde sie von der Wettbewerbszentrale abgemahnt, da medizinische Behandlungen individuell nach der GOÄ berechnet werden müssen. Die Frau unterschrieb daraufhin eine Unterlassungserklärung. Darin stand der exakte Wortlaut der Werbung und die genaue URL der Webseite, das heißt, die Praxisinhaberin verpflichtete sich, die Werbung in der Form auf dieser Internetseite zu unterlassen.

Daran hielt sie sich auch. Auf verschiedenen anderen Webseiten warb sie allerdings weiterhin mit ihren Behandlungen zum Festpreis. Nach Meinung der Wettbewerbszentrale ein klarer Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung, auch wenn diese dem Wortlaut nach auf eine Domain beschränkt war. Sie forderte deshalb von der Frau die in der Unterlassungserklärung vereinbarte Vertragsstrafe.

Diese berief sich jedoch auf den Text der Unterlassungserklärung und ließ es auf ein gerichtliches Verfahren ankommen. Vor dem Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 13.11.2019, Az: 34 O 21/19) wartete dann allerdings die böse Überraschung: Der Schutz der Unterlassungserklärung lasse sich generell nicht auf eine Domain beschränken, so die Richter. Damit musste die Beklagte für jeden weiteren Verstoß die Vertragsstrafe bezahlen, insgesamt 8.000 Euro.

LG und OLG Düsseldorf: Immobilienmakler mit Fehlern im Impressum

Beim zweiten Fall traf es einen Immobilienmakler. Er schaltete Werbung auf Facebook, allerdings war weder das Handelsregister noch die zugehörige Handelsregisternummer in seinem Impressum angegeben. Auch er wurde abgemahnt und unterzeichnete eine Unterlassungserklärung, die ihm die Werbung auf Facebook ohne vollständiges Impressum untersagte.

Der Makler schaltete weiterhin Anzeigen mit mangelhaftem Impressum, wenn auch nicht auf Facebook, und zog so erneut die Aufmerksamkeit der Abmahner auf sich. Diese forderten die Unterlassung der Werbung und die Zahlung von gleich zwei Vertragsstrafen in Höhe von je 5.100 Euro. Das Landgericht Düsseldorf gab dem Abmahner Recht. Daraufhin ging der Makler in Berufung. Aber auch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 29.8.2019, Az: I-2 U 44/18) hatte er keinen Erfolg mit seiner Argumentation. Die Richter bestätigten die beiden Vertragsstrafen von insgesamt 10.200 Euro.

Natürliche Handlungseinheit? Nicht bei mehreren Plattformen!

Manch einer wundert sich jetzt vielleicht warum der Immobilienmakler gleich zweimal zur Kasse gebeten wurde: Denn rechtlich ist es auch möglich, zeitlich nah beieinanderliegende Verstöße zu einer „natürlichen Handlungseinheit“ zusammenzufassen und dann nur einmal die Vertragsstrafe für den Verstoß festzusetzen. Das geht unter folgenden Voraussetzungen:

Im Fall des Immobilienmaklers sei wegen der unterschiedlichen Domains für Dritte jedoch gerade keine Einheit erkennbar, so das Gericht. Deshalb müsse der Beklagte die Vertragsstrafe auch für beide Rechtsverletzungen einzeln bezahlen.

Was ist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung?

Zu einer Abmahnung gehört immer auch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Diese ist nichts anderes als ein Vertrag, in dem sich der Abgemahnte dazu verpflichtet, das abgemahnte Verhalten nicht zu wiederholen. Rechtlich gesehen entsteht auf dieser Vertragsgrundlage ein Dauerschuldverhältnis. Sollte der Abgemahnte gegen die Vereinbarung verstoßen, ist er verpflichtet, dem Abmahner eine Vertragsstrafe zu zahlen. Außerdem muss er den Verstoß sofort beenden. Vorsicht: Auf keinen Fall sollten Sie eine Unterlassungserklärung leichtfertig und ohne rechtliche Prüfung unterschreiben. Denn damit geben Sie ein Schuldanerkenntnis ab und geben zu, dass Sie die Rechtsverletzung, die Ihnen vorgeworfen wird, auch begangen haben. In vielen Fällen ist die Unterlassungserklärung bewusst weit gefasst und geht über den ursprünglichen Verstoß hinaus. Zudem sind viele Abmahnungen rechtsmissbräuchlich, dann kann eine Unterlassungserklärung laut BGH Urteil auch gekündigt werden.

Wie Sie eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung erkennen, erfahren Sie hier: BGH-Urteil: 3 Anhaltspunkte, dass Sie zu Unrecht abgemahnt wurden.

Auf den Zweck der Unterlassungserklärung kommt es an

Bei den meisten Rechtsverstößen im Internet besteht Wiederholungsgefahr. Deswegen sind Unterlassungserklärungen an sich ein wichtiges Instrument, das die Gerichte entlasten soll. So muss der Rechteinhaber oder Wettbewerber nicht wegen jedem einzelnen Verstoß die Justiz bemühen. Dabei ist vor allem der Schutzgedanke wichtig, der hinter einer Unterlassungserklärung steckt. Und genau das wurde den Abgemahnten in den Düsseldorfer Urteilen zum Verhängnis.

Das OLG argumentierte damit, dass die Wiederholungsgefahr eines Verstoßes nicht von der immer gleichen Handlung ausginge, sondern von allen „im Kern identischen“ Verletzungsarten (sogenannte Kerntheorie). Dass ein Domainwechsel nichts an der Rechtsverletzung oder dem Wettbewerbsverstoß an sich ändert, ist verständlich. Dass eine in der Unterlassungserklärung schriftlich festgehaltene Beschränkung auf eine einzelne Domain deswegen aber überhaupt keine Rechtswirkung entfaltet, überrascht jedoch.

Vorsicht: Haftung auch für Suchergebnisse und Snippets bei Google

Das OLG Frankfurt a. M. entschied zudem (Urteil vom 22.08.2019, Az: 6 U 83/19), dass auch die Informationen, die Suchmaschinen über eine Webseite ausspielen, von einer Unterlassungserklärung umfasst sind. Das heißt: Wer eine Unterlassungserklärung unterschreibt, haftet auch für Suchergebnisse bei Google. Deswegen müssen Seitenbetreiber zeitnah den Cache bei Google löschen (lassen) und betroffene Seiten zum erneuten Crawling einreichen. Im Frankfurter Fall ließ sich die Beklagte dazu zwei Wochen Zeit, nach Ansicht des Gerichtes zu lange.

Berufshaftpflicht: Schutz bei Abmahnungen

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten, ist das zwar ärgerlich, mit einer Berufshaftpflichtversicherung über exali.de allerdings nicht existenzbedrohend. Der Versicherer prüft auf eigene Kosten, ob die Abmahnung rechtmäßig ist oder nicht. Unrechtmäßige Forderungen werden abgewehrt, rechtmäßige bezahlt. Außerdem überprüft der Versicherer im Schadenfall den Umfang der Unterlassungserklärung, sodass Sie nicht leichtfertig mehr versprechen, als Sie halten können.

Bei Fragen zum optimalen Versicherungsschutz für Ihr Business helfen Ihnen unsere Kundenbetreuer gerne telefonisch weiter, ganz ohne Callcenter oder Warteschleife.