Fehlendes Widerrufsformular kostet 15.000 Euro: Was Sie zur Widerrufsbelehrung wissen müssen
Widerruf eines Maklervertrags nach drei Monaten
Hintergrund in dem Fall ist, dass der Hinweis auf das Widerrufsrecht nicht nur im Onlinehandel erfolgen muss, sondern auch bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Und so war es in dem Fall, den der BGH entschieden hat (BGH, Urteil vom 26.11.2020, Az: I ZR 169/19): Ein Immobilienmakler schloss Ende August 2017 mit zwei seiner Kunden einen Maklervertrag über den Verkauf eines Reihenhauses in deren Wohnung. Über ihr Widerrufsrecht hat der Makler die Kunden zwar informiert, ihnen jedoch weder die Widerrufsbelehrung ausgehändigt noch das Muster-Widerrufsformular den Vertragsunterlagen beigefügt.
Der Makler machte sich nach Vertragsschluss an die Arbeit und konnte das Reihenhaus seiner Kunden erfolgreich an Käufer vermitteln. Daraufhin stellte er eine Rechnung an die Kunden und verlangte seine Maklerprovision. Doch anstatt die Rechnung zu begleichen, widerriefen die beiden Kunden den Vertrag circa drei Monate nach Vertragsschluss.
Daraufhin verklagte der Makler die zwei Hausbesitzer auf Zahlung von rund 15.000 Euro sowie den Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten. Nachdem ein Landgericht und ein Oberlandesgericht die Klage des Maklers abwiesen, landete der Fall letztendlich vor dem BGH.
BGH betont: Muster-Widerrufsformular ist Pflicht
Und auch dort erteilten die Richter:innen dem Makler eine klare Absage: Zwar sei es unstrittig, dass die Parteien einen Maklervertrag geschlossen haben und der Makler die vereinbarte Leistung erbracht hat. Jedoch sei der Widerruf der Beklagten rechtmäßig, da sie nicht ordentlich über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien. Dazu – das stellte das Gericht explizit fest – gehöre auch eine Aushändigung der Belehrung an die Verbraucher inklusive Muster-Widerrufsformular.
Werden Verbraucher:innen nicht ordentlich über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt, beträgt die maximale Widerrufsfrist ein Jahr und 14 Tage.
Widerrufsrecht ist nicht erloschen
Bei Dienstleistungsverträgen – wie in diesem Fall – gilt ebenfalls das Widerrufsrecht, allerdings gibt es dabei eine Besonderheit: Das Widerrufsrecht kann vorzeitig erlöschen, wenn der Verbraucher erstens ausdrücklich zustimmt, dass der Dienstleister vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung seiner Dienstleistung beginnt und zweitens bestätigt, dass er bei vollständiger Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist sein Widerrufsrecht verliert. In vorliegendem Fall hatte der Makler zwar auf diese Besonderheit hingewiesen und sogar entsprechend vorformulierte Passagen in die Widerrufsformulierung aufgenommen. Da er diese jedoch den Kunden nicht ordnungsgemäß aushändigte, entspricht auch dies nicht einem korrekten Hinweis auf die Widerrufsbelehrung und ist daher nicht anwendbar.
Der BGH wies folglich die Revision des Maklers zurück und dieser bleibt auf seiner Rechnung und den Anwaltskosten sitzen.
Widerrufsbelehrung: aufklären, aushändigen und dokumentieren!
Der Fall zeigt, dass eine ordentliche und umfängliche Widerrufsbelehrung nicht nur im Onlinehandel wichtig ist und ein Verstoß im schlimmsten Fall noch härtere Folgen als „nur“ eine Abmahnung haben kann.
Widerrufsbelehrung im Onlinehandel
Für Onlinehändler gilt zum Thema Widerrufsbelehrung:
- Verwenden Sie das gesetzliche Muster für die Widerrufsbelehrung
- Behalten Sie Änderungen zum Widerrufsrecht im Blick, damit Sie keine veralteten Formulierungen verwenden
- Sie müssen das Muster-Widerrufsformular bereitstellen. Dieses muss für den Kunden vor der Bestellung einsehbar sein. Sie dürfen das Formular nicht verändern, müssen aber in das entsprechende Feld Ihren Namen und Ihre Anschrift eintragen.
- Nach Beendigung der Bestellung müssen Sie dem Kunden die Widerrufsbelehrung und das Formular noch einmal per Mail senden oder in das Paket legen.
Weitere Infos zur Widerrufsbelehrung gibt es in unserem Video:
Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen
Das Widerrufsrecht betrifft auch sogenannte Fernabsatzverträge, also Verträge, die – wie in diesem Fall der Maklervertrag – außerhalb von Geschäftsräumlichkeiten geschlossen werden. Dies betrifft auch Verträge, die über E-Mail, am Telefon oder über das Internet geschlossen wurden. Das müssen Sie in diesen Fällen zur Widerrufsbelehrung bei Vertragsabschluss beachten:
- Sie müssen Verbraucher:innen beim Abschluss des Vertrages über ihr Widerrufsrecht belehren.
- Die Widerrufsbelehrung muss schriftlich erfolgen.
- In der Widerrufsbelehrung müssen Sie den Verbraucher darauf hinwiesen, dass er den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen kann.
- Ihre Kunden müssen bestätigen, dass Sie über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt wurden
- Zur Widerrufsbelehrung gehört auch das Muster-Widerrufsformular, wie der BGH in seinem Urteil noch einmal betonte. Am besten fügen Sie es im Anschluss an die Widerrufsbelehrung bei. Händigen Sie beides dem Kunden aus.
Aufgrund dieser strengen Vorgaben sollten Sie immer nachweisen können, dass Sie Ihre Kunden über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt haben und diesen die Widerrufsbelehrung und das Widerrufsformular ausgehändigt haben.
Dass auch ein Anwaltsvertrag ein Fernabsatzvertrag und damit widerrufbar sein kann, können Sie in diesem Artikel nachlesen: BGH-Urteil: Wann ist der Anwaltsvertrag ein Fernabsatzvertrag und kann widerrufen werden?
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