Von Altersvorsorgepflicht bis Scheinselbständigkeit: Die Top-Themen für Selbständige im Überblick
Gesetzliche Krankenversicherung: Mindestbeitrag halbiert, aber weiter viel zu tun
Ein Riesenerfolg für den VGSD und andere Verbände im letzten November: Nach langem Kampf hatte die Bundesregierung endlich ein Einsehen und senkte den Mindestbeitrag zur gesetzlichen Krankenkasse für Selbständige um 56 Prozent. Statt eines fiktiven Mindesteinkommens von 2.284 Euro im Monat wird nun ein solches von 1.015 Euro angenommen. Damit zahlen Selbständige statt eines Mindestbeitrags von 423 nur noch 188 Euro im Monat! Alle Infos dazu können Sie hier nachlesen: Krankenkassen-Mindestbeitrag für Selbständige halbiert.
Dieser große Erfolg ist jedoch kein Grund, sich auszuruhen, sagt Dr. Andreas Lutz im Interview, denn es gibt nach wie vor viele Ungerechtigkeiten beim Thema gesetzliche Krankenversicherung. Beispielsweise bezahlen Selbständige, die knapp über 450 Euro monatlich verdienen, einen Beitrag von 41 Prozent Ihrer Einnahmen. Zudem profitieren von dem gesunkenen Mindestbeitrag nur Selbständige, die mit einem gesetzlich Versicherten verheiratet sind. Bei Selbständigen, die einen privat versicherten Partner haben, der deutlich mehr verdient, wird das Einkommen zusammengezählt, dann halbiert und der Beitrag aus dieser Summe berechnet. Das bedeutet, Selbständige zahlen wieder mehr, als vergleichbare Angestellte bezahlen würden.
Private Krankenversicherung: Starke Erhöhungen eindämmen
Doch nicht nur bei der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es viel zu tun. Auch die private Krankenversicherung ist ein wichtiges Thema beim VGSD. Denn zwar steigt der Beitrag zur privaten Krankenversicherung nicht so häufig wie zur gesetzlichen, dafür umso höher. Erhöhungen von über 10 Prozent sind keine Seltenheit. Der Grund dafür: Der Gesetzgeber erlaubt nur größere Anpassungen, das heißt, die Krankenkasse muss abwarten, bis genügend zusammengekommen ist. Das muss sich ändern, sagt Dr. Andreas Lutz! Außerdem muss es für Selbständige einfacher werden, die private Krankenversicherung zu wechseln.
Alle Infos rund um das Thema gesetzliche und private Krankenversicherung, die Forderungen des VGSD und die Position der Politik gibt es in unserem Video:
Altersvorsorgepflicht kommt, aber das “Wie” ist die Frage!
Die Altersvorsorgepflicht für Selbständige steht im Koalitionsvertrag und wird voraussichtlich zum 1. Januar 2021 eingeführt. Sie trifft alle Selbständigen, die nicht bereits freiwillig privat für ihr Alter vorsorgen. Da die Altersvorsorgepflicht nicht zu verhindern ist, konzentriert sich der VGSD gemeinsam mit anderen Verbänden darauf, für eine sinnvolle Umsetzung zu kämpfen (Positionspapier von insgesamt 24 Berufsverbänden) und hat vier Forderungen formuliert:
- Altersvorsorgepflicht soll nur für zukünftige Selbständige gelten
- Eine übermäßige Belastung für Selbständige von über 60 Prozent der Einnahmen soll verhindert werden. Selbständigkeit muss sich weiterhin lohnen!
- Keine Rentenversicherungspflicht durch die Hintertür! Hintergrund: Einige Politiker wollen die privaten Alternativen so unattraktiv gestalten, dass am Ende nur die Rentenversicherung als attraktive Möglichkeit der Altersvorsorge übrig bleibt.
- Rechtssicherheit im Hinblick auf Scheinselbständigkeit. Hintergrund: Um die Altersvorsorgepflicht überwachen zu können, braucht die Rentenversicherung von den Finanzämtern die Daten über die Selbständigen. Die Rentenversicherung prüft rückwirkend auf vier Jahre, ob ein Selbständiger wirklich selbständig und nicht doch rentenversicherungspflichtig war. Die Folge: Selbständige könnten ihre Aufträge verlieren.
Alle Forderungen erklärt Dr. Andreas Lutz im Interview zum Thema Altersvorsorgepflicht:
Scheinselbständigkeit: Es muss endlich Rechtssicherheit her!
Beim Thema Scheinselbständigkeit besteht weiterhin keine Rechtssicherheit, im Gegenteil: Die Unsicherheit unter Auftraggebern und Auftragnehmern hat sich weiter verschärft. Die Abgrenzungskriterien sind unzeitgemäß, es gibt langwierige und willkürliche Statusfeststellungsverfahren. Die Folge: Viele Unternehmen vergeben keine Aufträge mehr an Selbständige, weil sie Angst haben, dass sie Jahre später große Summen an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen müssen.
Im IT-Bereich ist die Lage besonders dramatisch: Denn immer mehr Unternehmen setzen auf agile Methoden wie SCRUM. Aufgrund der Rechtsunsicherheit beim Thema Scheinselbständigkeit können solche Projekte jedoch kaum rechtssicher mit Selbständigen durchgeführt werden. Selbständige sind jedoch für den Erfolg eines solchen Projekts immens wichtig, da sie das nötige Knowhow dafür mitbringen! Die dramatischen Folgen: Innovative IT-Projekte werden ins Ausland verlagert, Selbständige verlieren ihre Aufträge und werden in deutlich schlechter bezahlte Leiharbeit gedrängt.
Auch die geplante Vereinfachung des Statusfeststellungsverfahrens (also des Verfahrens, in dem die Rentenversicherung feststellt, ob jemand selbständig oder angestellt beschäftigt ist) sieht Dr. Andreas Lutz skeptisch: Leider sehe es so aus, als sei mit „Vereinfachung“ gemeint, aus Selbständigen einfacher Angestellte machen zu können.
Derzeit ist der VGSD dabei, mehr Druck auf die Politik auszuüben. Mit einer Umfrage will er nachweisen, dass Aufträge durch die aktuelle Regelung ins Ausland abwandern (was die Bundesregierung derzeit bestreitet). Hier gibt es weitere Infos des VGSD zum Thema Scheinselbständigkeit.
Das Interview mit Dr. Andreas Lutz zum Thema Scheinselbständigkeit können Sie sich hier ansehen:
Abmahnmissbrauch stoppen: Gesetzesentwurf liegt vor
Abmahnanwälte und Abmahnvereine, die Abmahnungen als Geschäft entdeckt haben, machen Selbständigen das Leben schwer. Wegen kleinster Verstöße werden Abmahnungen mit Unterlassungserklärungen verschickt und bei Verstößen hohe Vertragsstrafen gefordert. Viele Selbständige unterschreiben die Unterlassungserklärungen einfach, um das Thema vom Tisch zu haben. Doch das kann schlimme Konsequenzen haben: Denn wenn pro Verstoß eine Vertragsstrafe von 3.000 Euro bezahlt werden soll, beispielsweise für eine falsche Prozentangabe, dies jedoch bei zehn Produkten geschieht, ist eine Gesamtstrafe von 30.000 Euro die Folge!
Das Geschäft mit den Abmahnungen muss aufhören, dachte sich auch VGSD-Mitglied Vera Dietrich und hat im April 2018 eine Bundestags-Petition gegen Abmahnmissbrauch auf den Weg gebracht, die rund 25.000 Unterstützer fand. Nachdem die Initiative auch in den Medien hohe Wellen schlug, hat das Bundesjustizministerium einen Gesetzesentwurf gegen den Abmahnmissbrauch ausgearbeitet.
Trotzdem sind sich die Regierungsvertreter in einigen Themen noch uneinig. Justizministerin Barley will beispielsweise, dass DSGVO-Verstöße abgemahnt werden können; das Wirtschafts- und Innenministerium ist jedoch dagegen, da DSGVO-Verstöße bereits von Datenschutzbehörden überwacht werden.
Vera Dietrich hat zu dem Gesetzesentwurf eine Stellungnahme ausgearbeitet, die von 20 Verbänden mitgezeichnet wurde. Darin wird gefordert, dass
- DSGVO-Verstöße nur von den Landesämtern für Datenschutzaufsicht abgemahnt werden dürfen und nicht zusätzlich von Wettbewerbern,
- nichtige DSGVO-Verstöße erst nach erfolgloser Verwarnung abgemahnt werden können,
- jeder, der eine Abmahnung verschickt, diese elektronisch an das Justizministerium melden muss (so kann später ein Missbrauch besser aufgedeckt werden).
Weitere Infos und die aktuellen Entwicklungen zum Gesetzesentwurf gegen Abmahnmissbrauch gibt es hier auf der Seite des VGSD.
Was Dr. Andreas Lutz zum Kampf gegen den Abmahnmissbrauch sagt, erfahren Sie in unserem Video:
Für alle Selbständigen wichtig: An eine gute Absicherung denken!
Die angesprochenen Themen (Krankenversicherung, Altersvorsorgepflicht, Scheinselbständigkeit und Abmahnmissbrauch) sind für Selbständige wichtig und beschäftigen sie täglich. Schnell können übermäßige Belastungen oder neue Verpflichtungen das eigene Business gefährden.
Damit Sie als Selbständiger Ihr Risiko zumindest dort kalkulierbar machen können, wo es möglich ist, können Sie mit den Berufshaftpflichtversicherungen über exali.de Ihr Business umfassend absichern. Diese stehen an Ihrer Seite, wenn Sie für berufliche Fehler haften müssen. Im Falle einer Abmahnung prüft der Versicherer beispielsweise auf eigene Kosten, ob diese berechtigt ist und übernimmt eine berechtigte Schadenersatzzahlung.
Sie haben Fragen zum optimalen Versicherungsschutz für Ihr Business? Dann rufen Sie uns an! Bei exali.de helfen wir Ihnen persönlich weiter, ohne Warteschleife oder Callcenter.
© Ines Rietzler – exali AG