Shitstorm in sozialen Netzwerken: Wenn der Dreck an die Pinnwand fliegt
Facebook, Twitter und Co. können für Unternehmen und Freiberufler ein wahrer Segen sein. Nie war der Draht zum Kunden so direkt, nie so ungezwungen und auch noch nie so billig. In der scheinbar lockeren Atmosphäre der viralen Kanäle ist die Sprache flapsiger als im klassischen Marketing. Doch die User sind eine unkontrollierbare Masse, die nicht immer den Spuren folgt, die sich Marketingexperten oder Onlineredakteure im stillen Kämmerlein ausgedacht haben. Wenn die User gewohnte Pfade verlassen und zum Angriff blasen, heißt es: Köpfe einziehen – Shitstorm im Anmarsch!
Auf der exali.de Infobase steht heute deshalb das Potenzial sozialer Netzwerke aber auch die damit verbundene Shitstorm-Gefahr im Mittelpunkt. Und damit auch das Thema, wer für die negativen Folgen (Umsatzeinbußen und den Reputationsverlust) geradesteht, wenn das Social Marketing nach hinten losgegangen ist.
Soziale Netzwerke: Garten Eden oder Minenfeld?
Soziale Netzwerke sind den Kinderschuhen entwachsen: Sie sind mitten in der Geschäftswelt angekommen und selbstverständlicher Teil einer guten Marketingstrategie.
So viele Vorteile die direkte User-Ansprache mit sich bringt, es gibt einen entscheidenden Punkt, der schnell zum nachteiligen Bumerang werden kann: Die User können direkt, vor den Augen der Öffentlichkeit, klar machen, was sie von der Marketingaktion, dem Posting oder auch dem Unternehmen selbst halten.
Setzt sich die entfesselte Herde aus Followern erst mal in Bewegung und galoppiert – ohne Rücksicht auf Verluste – über die Unternehmenspinnwand, ist viel Geschick (und Krisenkommunikation) nötig, um den Shitstorm wieder „einzufangen“.
Shitstorm: Spirit Airline zeigt, wie`s geht
Dieses Geschick hat die amerikanische Billig-Fluggesellschaft Spirit bewiesen, die wegen ihres „schlechten Service“ – zumindest, was die Meinung der User angeht – quasi dauerhaft im Shitstorm steht.
Die Marketingabteilung versucht jedoch nicht zu beschwichtigen. Im Gegenteil: Sie nutzt die Unzufriedenheit der Fluggäste für eine geniale Kampagne: Spirit ruft alle verärgerten Kunden auf, ihrem Hass Luft zu machen. Und zwar wortwörtlich: Bei der Kampagne „H8te thousand miles“ gibt es für jede Beschwerde 8000 Bonusmeilen.
Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, nimmt die Fluggesellschaft ihre Kunden sogar mit einem Video auf die Schippe, in dem das Geschäftsprinzip der Airline in einem lustigen Lied erklärt wird: „It´s a cheap seat for a cheap ass“ (Ein billiger Sitzplatz für einen geizigen A**ch).
Der Plant geht auf: Mit der Aktion hat es Spirit tatsächlich geschafft, dem Shitstorm den Wind aus den Segeln zu nehmen, gleichzeitig bekommt die Airline durch die Anmeldung für die Bonusmeilen auch wertvolle Kundendaten.
Das Kind und der Shitstorm der Augsburger Allgemeinen
Nicht ganz so geschickt verhielt sich die Online-Redaktion der Augsburger Allgemeinen. Während des WM-Spiels Niederlande-Mexico kam es hier zum Eklat. Grund dafür war ein Post mit dem TV-Bild eines molligen Jungen der Kindereskorte, dazu die Worte „Falls einer nen Ball vermisst“. Ein Shitstorm wie aus dem Lehrbuch war geboren.
Witze über dicke Menschen sind eine spezielle Art des Humors, den nicht Jeder gut findet – wenn der Joke jedoch auf Kosten eines Kindes geht, hat der Spaß für die meisten User ein Ende.
Der verantwortliche Redakteur dürfte wohl ziemlich schnell gemerkt haben, was er da losgetreten hat. Es hagelte Kritik von allen Seiten:
Noch während des Spiels entschuldigte sich die Augsburger Allgemeine in den sozialen Netzwerken für diesen Fehltritt.
Doch die Gemüter waren so erhitzt, dass eine Entschuldigung nicht viel ausrichten konnte. Es hagelte nicht nur Kommentare bei Facebook und Twitter, die Redaktion bekam Leserbriefe und Anrufe. Abonnenten kündigten an, die Zeitung abzubestellen, sogar ein Formular für Beschwerden beim Presserat wurde gepostet.
Zudem heizten andere Medien durch ihre Berichterstattung den Shitstorm an. Eine lange Entschuldigung im Blog der Augsburger Allgemeinen folgte. Nach und nach beruhigten sich in den folgenden Tagen die Gemüter.
Pril und der Shitstorm
Die Marketingköpfe bei Spirit haben den Shitstorm zu einer genialen Idee umgewandelt, eine Meisterleistung, die nur den allerwenigsten Unternehmen gelingt.
Wie eine Marketingkampagne zum Shitstorm wird, zeigt die Geschichte des Spülmittelherstellers Pril. Hier hat ein „Hähnchen“ dem Marketingteam gehörig die Laune verhagelt.
So unangenehm wie Shitstorms sind, einen positiven Aspekt gibt es: Sie sind oft so schnell vorüber, wie sie gekommen sind. Was bleibt, ist jedoch der Imageschaden, der mühsamen „Wiederaufbau“ an Reputation und Vertrauen nach sich zieht. Im schlimmsten Fall führt solch ein Marketing-Fail sogar zu Umsatzeinbußen des Unternehmens.
Und dann ist da natürlich noch die Suche nach dem Schuldigen, der für das Debakel mit allen finanziellen Konsequenzen verantwortlich gemacht werden kann.
Wenn nach dem Shitstorm Köpfe rollen
Da viele Unternehmen Social Media Kampagnen in professionelle Hände geben und Werbeagenturen sowie Social Media Marketer beauftragen, ist der Verantwortliche schnell gefunden– und zur Kasse gebeten: Für alle Kosten für Krisenkommunikation, Reputationsschäden, Umsatzeinbußen und weiteren Konsequenzen (natürlich finanzieller Natur, z.B. PR-Kampagnen, um das Image wieder aufzupolieren), die ihrem Auftraggeber durch den Fail im Social Web entstanden sind.
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