Zwei Linien als Unterschrift? Auch der Anwalt hat ein Recht auf „Sauklaue“...

„Zeig mir deine Handschrift und ich sag dir, wer du bist!“ Die Handschrift ist ein Spiegel von Seele und Persönlichkeit: Die einen schreiben geschwungen-kreativ, andere setzen einen Druckbuchstaben – brav wie gelernt – neben den anderen. Und wieder andere wie beispielsweise Ärzte oder Anwälte haben den Ruf, so zu schreiben, dass das Geschriebene ohne Lizenz zur Lesbarkeit ein Rätsel bleibt: Zwei einfache Linien als Unterschrift sind da keine Seltenheit, für den Vorsitzenden eines Berufungsgerichtes allerdings Grund genug, eine Berufung und Wiedereinsetzung abzuschmettern.

Warum das BGH aber Verständnis für die ungewöhnliche Zeichenführung in der Unterschrift zeigt und zur Milde mahnt, steht heute gut lesbar auf der exali.de Info-Base.

Handschriften des Grauens

„Oh, wie du wieder schreibst. Du wirst bestimmt einmal Arzt oder Anwalt.“ Laut Volksmund haben Ärzte und Anwälte nämlich eines auf jeden Fall gemeinsam: die „Sauklaue“. Weil die ärztliche Krakelei bei Rezepten und Krankenakten sogar schon Todesopfer forderte, wurde mittlerweile bereits eine Initiative gegründet, damit Ärzte Rezepte nur noch elektronisch ausstellen. Das Problem mit der unleserlichen Unterschrift aber bleibt – bei Ärzten wie auch Anwälten.

Wiedereinsetzung wegen „Anwaltsklaue“ verwehrt

Rechtsanwalt W. wurde genau diese jetzt zum Verhängnis! Mit dem Urteil der ersten Instanz nicht so ganz einig, entschied er sich, in Berufung zu gehen, um das Urteil von einem übergeordneten Gericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfen zu lassen. Die Berufungsschrift unterschrieb er – wie üblich – oberhalb des maschinenschriftlichen Zusatzes „W.“ mit seiner Unterschrift: zwei nicht miteinander verbundene Linien, von denen eine senkrecht und eine waagrecht verläuft.

Soweit so gut, die Frist ist gewahrt, der Schriftsatz verschickt – und doch findet der Vorsitzende des Berufungsgerichts noch einen Grund, die Berufung zu verweigern: „[E]s liege mangels Unterschrift keine ordnungsgemäße Berufung vor,“ so seine Gründe (vgl. BGH-Beschluss vom 09.07.2015, Az.: V ZB 203/14). Die Berufungsfrist war nun also doch versäumt

Jetzt kann nur noch ein Schlupfloch helfen: die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 Satz 1 ZPO. Doch auch dieser Antrag wurde wegen nicht ordnungsgemäßer Unterschrift abgeschmettert: „Der Schriftzug bestehe aus leicht bogenförmigen Strichen, die zueinander nahezu im rechten Winkel gesetzt worden seien. An individuellen Merkmalen fehle es vollständig.“

Plädoyer für die Anwalts-Unterschrift

Für die Richter am Bundesgerichtshof ist das jedoch kein Grund; sie zeigen Verständnis für eine „von einem starken Abschleifungsprozess“ gekennzeichnete Unterschrift, die mit den vielen Anwaltsjahren eben an Lesbarkeit verliert. Der Schriftzug des Prozessbevollmächtigten unter der Berufungsschrift genügt demnach den Anforderungen:

„Eine diesen Anforderungen genügende Unterschrift verlangt einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug, der individuelle, charakteristische Merkmale, die die Nachahmung erschweren, aufweist, sich ohne lesbar sein zu müssen, als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt (...) ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Dabei ist in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein- und derselben Person aufweisen, jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen (...).“

Zudem hat Rechtsanwalt W. eigenhändig unterschrieben und lässt mit dem maschinenschriftlichen Namenszusatz „(W.)“ keinen Zweifel an der Urheberschaft des Schriftsatzes.

Die exali.de Anwaltshaftpflicht: Als Rechtsanwalt gut aufgehoben...

Puh, nochmal Glück gehabt: Die Rechtsbeschwerde war erfolgreich; die Mandantin erlitt keinen Nachteil! Doch nicht immer gehen Beschlüsse so glimpflich für den Anwalt aus. Nur gut, dass Anwälte in solchen Fällen jederzeit auf ihre Pflichtversicherung zählen können: Die exali.de Berufshaftpflicht für Anwälte bietet mit der Vermögensschaden-Haftpflicht (VSH) und den optionalen Deckungsbausteinen Büro- und Betriebshaftpflicht (BHV) sowie der Eigenschadenversicherung für Datenschutz- und Cyber-Risiken (DCD) optimalen Versicherungsschutz für den Anwaltsalltag!

Weiterführende Informationen:

© Nicole Seibert – exali AG