Kein Projektzuschlag: Consulting-Unternehmen soll mit 70.000 Euro haften
Wer einen Consultant beauftragt, erhofft sich durch dessen Analysen und Handlungsempfehlungen einen entscheidenden Vorteil. Doch was passiert, wenn die Beratungsleistung nicht den gewünschten Erfolg bringt? Der Kunde nimmt den Consultant in Haftung. Wie in diesem Fall: Als die Dienste eines Consulting-Unternehmens seinem Auftraggeber nicht den gewünschten Projektzuschlag in den USA brachten, forderte der 70.000 Euro. Eine Inanspruchnahme die zeigt, dass auch der Dienstvertrag den Berater nicht schützt, wenn der Kunde Schadenersatz wegen Beratungsfehlern geltend macht…
Wir schildern einen typischen Schadenfall aus dem Consulting-Umfeld und erklären, warum und wie die Vermögensschadenhaftpflicht – im speziellen die Consulting Versicherung – freiberufliche Berater schützt.
Kunde fordert saftigen Schadenersatz von 70.000 Euro
Consultants können für Beratungsfehler in Haftung genommen werden
Haftung lässt sich durch Dienstvertrag nicht ausschließen
Consulting-Versicherung sichert berufliche Fehler ab
Zuschlag für Großprojekt in USA bleibt aus
Der ganze Fall von vorne: Ein Consulting-Unternehmen war von einem SAP-Beraterhaus damit beauftragt worden, dessen Business nach vorne zu bringen. Die Berater sollten das SAP-Haus bei einem international aufgestellten Automotiv-Konzern positionieren. Die Aufgabe: Coaching und Training während des Bewerbungsprozesses als Lieferant für eines der Werke in den Vereinigten Staaten.
Dass der Kunde gerade dieses Consulting-Unternehmen hinzuzog, hatte seinen Grund: Einer dessen Berater war früher Manager bei dem Automotiv-Konzern gewesen. Seine Kontakte, Hintergrundinformationen und Strukturkenntnisse – so hoffte der Auftraggeber – sollten für Erfolg bei den ausstehenden Projektverhandlungen sorgen.
Doch dann kam alles anders. Als einer der Mitarbeiter des SAP-Hauses zu Verhandlungsgesprächen in die USA reiste, zeigte sich, dass ein so großes Projekt, wie erhofft, nicht Zustandekommen würde. Aus Sicht des Consulting-Unternehmens Usus, da neue Lieferanten sich erst durch kleinere Aufträge beweisen müssten.
Nach dem Scheitern des Großprojekts nahm der SAP-Dienstleister auf Anraten des Consulting-Unternehmens deshalb an der Ausschreibung für ein kleineres Projekt teil – hielt sich dabei jedoch nicht an dessen Empfehlung in punkto geforderter Stundensatz.
Das Ende vom Lied: Das SAP-Haus bekam nicht den „Fuß in die Tür“ des Konzerns.
Kunde fordert saftigen Schadenersatz von 70.000 Euro
Ein Ausgang, über den das SAP-Systemhaus entsprechend verärgert war – und ein Verantwortlicher für das Scheitern der ambitionierten Pläne lag schnell auf der Hand: Das Consulting-Unternehmen, das – aus Sicht des Kunden – den gewünschten Erfolg nicht erzielt hatte.
Kurz nach der Absage aus den USA nahm das SAP-Beraterhaus das beauftragte Consulting-Unternehmen deshalb durch einen Anwalt in Anspruch: In einem Schreiben forderte es das Honorar zurück, das es bis zu diesem Zeitpunkt für die erbrachte Beratungsleistung bezahlt hatte. Zudem forderte es Entschädigung für alle vergeblichen Aufwendungen, wie die Reisekosten des Mitarbeiters in die Vereinigten Staaten.
Am Ende belief sich die Anspruchstellung des Kunden auf die saftige Schadensumme von 70.000 Euro.
Consultants können für Beratungsfehler in Haftung genommen werden
Muss das Consulting-Unternehmen nun tatsächlich für diese Kosten aufkommen?
Zunächst einmal muss sich das Consulting-Unternehmen mit der Forderung und dem Schreiben des Anwalts auseinandersetzen. Sofern es keine hausinterne Rechtsabteilung gibt, fallen dafür von vorneherein Kosten für den eigenen Rechtsbeistand an. Darüber hinaus besteht das nicht unerhebliche Kostenrisiko für eine gerichtliche Auseinandersetzung und Schadenersatzzahlungen.
Denn das der Kunde seine 70.000 Euro Schadenersatzforderung durchsetzen kann, ist nicht abwegig: Consultants können für die Richtigkeit ihrer Beratung, Analysen und Handlungsempfehlungen in Anspruch genommen werden. Das Argument „Ich berate doch nur“ zählt in der Praxis nicht.
Zur Erklärung: Haftungsrechtlich macht es keinen Unterschied, ob es sich bei einer Dienstleistung um eine reine Beratungsleistung oder die „aktive“ Umsetzung bzw. Ausführung von Konzepten handelt. Wer einem Dritten einen Schaden zufügt, haftet und ist gesetzlich zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet.
Haftung lässt sich durch Dienstvertrag nicht ausschließen
Eine Inanspruchnahme, vor der auch der Dienstvertrag nicht schützt. Viele freiberuflichen Consultants versuchen Schadenersatzforderungen vorzubeugen, indem sie mit ihren Kunden Dienst- statt Werkverträge abschließen, da bei Letzteren die Haftung für Garantien oder Gewährleistungen noch deutlich weiter gehen kann.
Doch auch aus dem Berater- bzw.- Dienstvertrag lassen sich etliche Pflichten ableiten:
- die Kardinalpflicht zur „Experten-Leistung“, d.h. der Auftraggeber vertraut und baut auf die Expertise des beauftragten externen Consultants;
- die Pflicht zur Einhaltung von Fristen und Terminen;
- die Pflicht zur Vertraulichkeit, Geheimhaltung und zum Datenschutz;
- Informations- und Hinweispflichten (z.B. Schutz von Rechten Dritter).
Bei Nicht-Einhaltung oder sog. Schlechtleistung der im Dienstvertrag festgelegten Pflichten, entsteht genauso Haftung, wie bei einem Werkvertrag.
Consulting-Versicherung sichert berufliche Fehler ab
Eine zeitgemäße Consulting Versicherung schützt freiberufliche Berater und Consulting-Unternehmen vor derartigen finanziellen Forderungen (versicherungstechnisch = Vermögensschaden) und damit in Verbindung stehenden Kosten für die juristische Auseinandersetzung.
Im Versicherungsfall stellt die Consulting-Haftpflicht (insbesondere die integrierte Vermögensschadenhaftpflicht) das Consulting-Unternehmen von Forderungen Dritter - – etwa seinem Auftraggeber – frei. Im konkreten Fall sind dies beispielweise die vergeblichen Aufwendungen des Kunden im Zusammenhang mit der fehlerhaften Dienstleistung – um den Bogen zum Schadenfall zu spannen.
Zudem kommt der Consulting-Versicherung eine weitere wichtige Funktion zu: Im Rahmen des Passiven Rechtsschutzes setzt sich der Versicherer rechtlich mit der Gegenseite auseinander. Er prüft auf seine Kosten, ob und in welcher Höhe die Ansprüche begründet sind und wehrt unbegründete Ansprüche ab. Damit wird das Kostenrisiko einer rechtlichen Auseinandersetzung auf den Versicherer verlagert.
Gerade in beschriebenem Schadenfall gibt es sicher einige Fragen, die der juristischen Klärung bedürfen – etwa, ob der Projektzuschlag tatsächlich seitens des Consulting-Unternehmens fest in Aussicht gestellt wurde und welche Rolle dessen Beratung für das Scheitern seines Kunden bei der Ausschreibung spielte.
© Flora Anna Grass – exali AG