OHG Österreich: Bereits Aufnahme des Bildes kann eine Rechtsverletzung sein
Nicht nur das Veröffentlichen bzw. Verbreiten von Personenaufnahmen ohne Einwilligung kann eine Rechtsverletzung nach sich ziehen, sondern bereits die Aufnahme des Bildes an sich. Mit diesem kürzlich gefällten Urteil folgt der Oberste Gerichtshof in Österreich nicht nur deutscher Rechtsauffassung – es zeigt auch, wie schwierig es für Fotografen & Co. ist, andere Personen ohne deren explizite Einwilligung rechtlich sicher abzulichten.
Auf der exali.de InfoBase schildern wir das Urteil aus dem benachbarten Österreich in aller Kürze und erklären, wie freiberufliche Kreative ihr berufliches Risiko absichern können.
Unbefugte Bildaufnahme prinzipiell nicht verboten?
OGH Österreich: Fotografieren kann Persönlichkeitsrechte verletzen
Deutscher Rechtsauffassung gefolgt
Media-Haftpflicht schützt bei Rechtsverletzungen
Ungefragt andere Personen mit der Digital-Kamera abgelichtet
Und so kam es zu der Auseinandersetzung vor dem OGH Österreich: Beklagter war ein Hauseigentümer aus Wien, der mit einigen der von ihm beschäftigten Werkunternehmern im rechtlichen Disput stand. Aus diesem Grund sollte mit deren Anwalt und betroffenen Personen eine Befundaufnahme in besagtem Haus stattfinden – bei der auch der Hauseigentümer anwesend war.
Ungefragt und ohne die Gruppe über den Verwendungszweck aufzuklären, griff dieser dabei spontan zur Kamera und lichtete die Anwesenden ab. Nach Aufforderung zur Löschung des digitalen Fotos gab er an, das Bild lediglich zu seiner Belustigung geschossen zu haben. Diese lapidare Antwort trug nicht gerade zu einer Deeskalation der ohnehin angespannten Situation bei.
Die aufgebrachten Personen klagten – und nun mussten sich die österreichischen Gerichte mit der Frage auseinandersetzen, ob und wann bereits die Aufnahme eines Fotos (auch ohne Veröffentlichungsabsicht) bereits rechtswidrig sein kann.
Unbefugte Bildaufnahme prinzipiell nicht verboten?
Ein komplexes Thema, wie sich herausstellte. Zunächst wurde die Klage im Erstinstanzlichen Verfahren und in der Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass nach § 78 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes zwar die persönlichkeitsrechtsverletzende Veröffentlichung eines Personenbildnisses verboten ist – die unbefugte Aufnahme jedoch nicht.
Ähnlich dem § 22 des deutschen Kunsturhebergesetzes (KunstUrgG), der da lautet:
„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. (…)“.
OGH Österreich: Fotografieren kann Persönlichkeitsrechte verletzen
Höchstrichterlich wurde der Sachverhalt jedoch anders bewertet. Die entscheidende Rolle spielte dabei das Persönlichkeitsrecht. Denn genau das – genauer: das Recht auf Bildnisschutz, das zu den Persönlichkeitsrechten gehört – sei in diesem speziellen Fall verletzt worden, entschied nun das OGH Österreich. Dort war der Rechtsstreit gelandet, nachdem die Kläger mehrfach in Revision gegangen waren.
Wörtlich heißt es dazu in der Entscheidung des OGH (6Ob256/12h):
„Vielmehr kann auch die Herstellung von Bildnissen einer Person in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen.“
In einfachen Worten zusammengefasst: Wer andere Personen ungefragt, grundlos, ohne den Zweck darzulegen und zu seiner eigenen Belustigung ablichtet, kann damit Persönlichkeitsrechte verletzen – und muss mit juristischen und daraus resultierenden finanziellen Konsequenzen rechnen. Die bekam auch der fotografierende Hauseigentümer zu spüren: Am Ende musste er für die aufgelaufenen Verfahrenskosten in Höhe von rund 6.500 Euro aufkommen…
Deutscher Rechtsauffassung vom Persönlichkeitsrechts-Schutz gefolgt
Mit seiner Entscheidung folgte das OGH auch deutscher Rechtsauffassung zum Thema Persönlichkeitsrechts-Schutz, wie er im Grundgesetz verankert ist. Denn auch hierzulande gilt: Wird ein Bild ohne Genehmigung der betreffenden Person aufgenommen, kann bereits das Herstellen des Fotos eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen – auch ohne Verbreitungsabsicht.
Lediglich in Ausnahmefälle darf auch ohne Einwilligung auf den Auslöser der Kamera gedrückt werden – etwa, wenn es sich bei den Abgelichteten um
- Versammlungen (kollektive Willensbestätigung, sich Zusammenzuschließen),
- Personen als unwesentliches Beiwerk (Person übt keinerlei Einfluss auf Gesamtwirkung des Bildes aus) – oder
- Personen öffentlichen Interesses (keine Abbildungen von Privatem)
handelt.
Verständlich und kompakt zusammengefasst auch nachzulesen im Beitrag „Fotos von Gebäuden, Personen und Marken im öffentlichen Raum“ von Rechtsexperte Tim Hoesmann.
Media-Haftpflicht schützt Fotografen & Co. bei Rechtsverletzungen
Natürlich führt nicht jede Personenaufnahme, die ohne Einwilligung aufgenommen wurde, automatisch zu einer Rechtsverletzung. Wie auch der OGH in Österreich betonte, kommt es auf den einzelnen Fall und die Abwägung der Interessen von Fotograf und Abgebildeten an.
Dennoch zeigt das Urteil, wie schnell Fotografen & Co. in die Falle Rechtsverletzung tappen können, wenn sie auf den Auslöser ihrer Kamera drücken – ohne sich zuvor das (zumindest stillschweigende) Einverständnis der abgelichteten Person geholt zu haben.
Ein berufliches Risiko, das über die Media-Haftpflicht von exali.de abgesichert werden kann. Aufgebaut nach der so genannten „offenen Deckung“ sichert sie die mit der beruflichen Dienstleistung im Kreativ Bereich verbundenen Tätigkeiten ab.
Eine zentrale Rolle spielt in der Media-Haftpflicht auch der Schutz bei Rechtsverletzungen seitens der Freiberufler – wie der Verletzung von
- Persönlichkeitsrechten (und Namensrechten)
- Urheberrechten
- Markenrechten und Lizenzrechten
- Wettbewerbsrechten
- Datenschutzgesetzen.
Zudem sind Ansprüche aus der Veröffentlichung für eigene Produkte und Dienstleistungen des Kreativen abgedeckt.
Weiterführende Informationen
- Infografik: Schäden & Risiken im IT- und New Media Business – und wie sich Freiberufler präventiv schützen können
- Fragen aus der Praxis: Wie schützt die Media-Haftpflicht Webworker, Designer, Blogger, Texter, Fotografen & Co?
- Persönlichkeitsrechtsverletzung: 400.000 Euro Schadenersatz für Prinzessin Madeleine
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