Aufgepasst bei Open Source Software: „open“ heißt nicht „alles erlaubt!“
Open Source ist für Experimente da, deshalb darf ich alles! Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube, der rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben kann. Vom Urheberrechtsverstoß bis zur Haftungs- und Gewährleistungsfrage: ITler sollten die rechtlichen Basics bei der Nutzung von Open Source kennen, um nicht in die Haftungsfalle zu tappen. Wir erklären, was erlaubt ist und was nicht.
Auch für OSS gilt das Urheberrecht!
Zunächst einmal gilt: Open-Source-Software (OSS) ist wie jede andere Software auch urheberrechtlich geschützt. Das heißt, entgegen einem weit verbreiteten Irrtum, darf auch diese Software nicht beliebig bearbeitet und verbreitet werden! Es gibt bestimmte Regeln, an die Programmierer sich halten müssen. Rechtsgrundlage ist die jeweilige Softwarelizenz. Am weitverbreitetsten ist die General-Public-Licence (GPL).
Wichtige Begriffsunterscheidung
Open Source Software/Freie Software sind einzelne Anwendungsprogramme oder Betriebssysteme (zum Beispiel Linux), deren Quelltext frei zugänglich ist und der unter Einhaltung bestimmter Regeln verändert und weiterverbreitet werden darf.
Freeware sind Programme, die kostenlos genutzt, kopiert und weiterverbreitet werden dürfen. Ihr Quellcode ist nicht einsehbar und die Software darf nicht verändert werden.
Shareware sind Programme, oder abgespeckte Versionen eines Programms, die Nutzer für einen begrenzten Zeitraum kostenfrei nutzen dürfen. Will der Nutzer das Programm nach Ablauf dieses Zeitraums weiter verwenden oder die Vollversion erwerben, muss er sich registrieren und meist eine Gebühr bezahlen. Der Quelltext ist nicht zugänglich und darf nicht bearbeitet werden.
Laut GPL dürfen Nutzer die Software inklusive Quelltext kopieren und verbreiten, wenn sie ihr Folgendes beifügen:
- Copyright-Vermerk
- Haftungs- und Gewährleistungsausschluss
- Lizenzbedingungen
- Quellcode (zum Beispiel über einen mitgelieferten Datenträger)
Bearbeitung ja – aber regelkonform!
Auch die Bearbeitung der Software ist gemäß GPL grundsätzlich erlaubt. Wenn Entwickler die veränderte Version der Software verbreiten wollen, müssen sie zusätzlich diese Vorschriften beachten:
- Die veränderte Version muss mit einem Bearbeitungsvermerk und dem Datum der Bearbeitung versehen werden.
- Auch die veränderte Version der Software muss vollständig den Regeln der GPL unterworfen sein. (Sogenannter Copyleft-Effekt: Die gesamte Software muss einschließlich aller Änderungen und Ergänzungen nach den Vorgaben in der Lizenz der Ursprungssoftware zur Nutzung freigegeben werden).
- Bei der Ausführung interaktiver Kommandos muss einmalig ein Copyright-Vermerk, ein Gewährleistungsausschluss und die Quelle der Lizenz angezeigt werden.
Aufgepasst: Wenn der Nutzer gegen die Lizenzbestimmungen verstößt, verliert er automatisch die Nutzungserlaubnis und kann von den Urhebern und Mit-Urhebern der Software in Anspruch genommen werden!
Tipp: Mehr Infos zum Thema Urheberrecht in der IT gefällig? Hier ist unser Interview dazu mit Rechtsanwalt Felix Gebhard von BPM legal:
Wer, wie, wann: Die Haftungsfrage
Ginge es nach der GPL, wäre die Frage nach der Haftung schnell beantwortet: Diese schließt die Gewährleistung für die OSS komplett aus. Das Problem: Die GPL wurde auf Grundlage des US-amerikanischen Copyright entwickelt. Dies widerspricht aber den Regelungen im BGB, wonach Gewährleistungsrechte nur in sehr geringem Umfang eingeschränkt werden dürfen. Die Regelung, Programmierer von der Haftung auszuschließen, ist also nach deutschem Recht unzulässig. Bei der Prüfung der Rechtslage käme es dann darauf an, ob Softwareentwickler die OSS isoliert oder gemeinsam mit weiteren Leistungen vertreiben.
Denn geben sie die veränderte oder ursprüngliche Software lediglich kostenlos weiter, wird dies rechtlich als Schenkung betrachtet und bei Schenkungsverträgen haftet der Urheber nach deutschem Recht nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Wird die Software aber in kostenpflichtigen Leistungspaketen vertrieben, zum Beispiel gemeinsam mit Support und Schulungen, entstehen gemischte Verträge und die Rechte und Pflichten der Parteien richten sich nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften des Vertragsrechts. Das heißt, Entwickler sind – wie oft angenommen – nicht automatisch von der Haftung ausgenommen und können schnell in die Haftungsfalle tappen.
Vorschriften kennen und frühzeitig an Absicherung denken
Klar ist also, OSS ist kein Spielplatz ohne Pflichten und Regeln. Auch hier sind urheber- und vertragsrechtliche Vorschriften zu beachten. Rechtlich gesehen sind viele Fragen offen und müssen im Einzelfall geklärt werden. Softwareentwickler sollten sich auf jeden Fall genau informieren, unter welche Softwarelizenz ihre Arbeit fällt und welche Regeln diese vorschreibt (Leitfaden Open Source Software).
Softwareentwickler laufen bei ihrer Arbeit schnell Gefahr, versehentlich Rechtsverletzungen zu begehen. Schadenersatzforderungen können schnell die gesamte Existenz bedrohen. Die IT-Haftpflicht über exali.de bietet umfassenden Schutz bei diesen und anderen Schadenersatzforderungen Dritter und Unterstützung bei der Klärung der Haftungssituation.
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© Ines Rietzler – exali AG