Kostenvoranschlag: Was tun, wenn die Preisüberschreitung droht?
Geschlossene Verträge sind bindend
Eines vorneweg: Pacta sunt servanda. Das ist ein juristischer Grundsatz und besagt, dass ein gültiger Vertrag für beide Parteien verpflichtend ist, wenn er erst geschlossen ist. Deswegen kommt es entscheidend darauf an, welche Vereinbarungen zwischen den Parteien Vertragsgegenstand geworden sind und der Kostenvoranschlag gehört normalerweise nicht dazu.
Was ein Kostenvoranschlag regelt
Kostenvoranschläge sind nicht nur im Handwerk üblich. Gerade im Rahmen von Werkverträgen ist dieser vor Auftragsvergabe eher die Regel als die Ausnahme. Da der Kostenvoranschlag vor der Auftragsvergabe erstellt wird, soll er, im Gegensatz zum Vertragsangebot, nicht bindend sein, sondern den Arbeits- und Kostenaufwand einschätzen. Im BGB wird er als Kostenanschlag in § 632 und § 650 erwähnt und ist damit innerhalb des Werkvertragsrechts geregelt. Gewöhnlich enthält ein Kostenvoranschlag folgende Posten:
- Beschreibung der Tätigkeit
- Kosten (Stundenzahl und -sätze verschiedener Mitarbeiter:innen)
- Materialkosten (Angabe in Stück, Spezifizierung des Materials und Produktnamens)
- Arbeitszeit (voraussichtliches Projektende)
- Nächste Schritte (übliche Kostenschwankungen, Folgeangebot, Kontaktaufnahme)
Was ein Vertrag zwischen den Parteien regelt
Sobald ein gültiges Angebot und eine gültige Annahme dieses Angebotes erfolgt sind, ist ein Vertrag geschlossen. In der Praxis gibt es zwei Arten von Verträgen: Dienstvertrag und Werkvertrag. Bei beiden Vertragsarten sind folgende Vertragsinhalte festzulegen:
- Vertragsparteien
- zu erbringende Leistung
- Vertragsdauer
- Pflichten des Auftraggebers
- Werklohn/Dienstleistungsvergütung
- Verschwiegenheitspflicht
Bei einem Werkvertrag schuldet der:die Auftragnehmer:in dem:der Auftraggeber:in ein (materielles oder immaterielles) Werk, also ein konkretes Endergebnis der Arbeit. Bei einem Dienstvertrag wird hingegen ein vereinbarter Umfang an Arbeitszeit geschuldet. Wie sich die Vertragsarten unterscheiden, können Sie im Artikel Vertragsarten: Werkvertrag oder Dienstvertrag, wo liegt der Unterschied? nachlesen.
Generell können beide Parteien vereinbaren, was sie möchten, solange dem keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen. Häufig werden zum Beispiel Lieferbestimmungen oder ein Wettbewerbsverbot (Arbeit für einen Konkurrenten des Auftraggebers während der Vertragslaufzeit) vereinbart.
Zudem gibt es viele Mischformen der Vertragsarten, was die Rechtssituation kompliziert gestalten kann. Damit Sie sich bei Vertragsschluss also nicht selbst eine Falle stellen, sollten Sie ihre finale Version von einem Anwalt prüfen lassen. Eine Vorlage für einen rechtssicheren Dienstvertrag sowie eine Vorlage für einen rechtssicheren Werkvertrag finden Sie bei Freelancermap.
Ist ein Kostenvoranschlag ein Angebot?
Wenn Sie genau gelesen haben, werden Sie feststellen, dass die gemachten Angaben im Kostenvoranschlag mit den im Vertrag vereinbarten Leistungen teilweise übereinstimmen. Wenn Sie also sichergehen möchten, dass Ihre Kostenaufstellung nicht zum Vertragsbestandteil wird, sollten Sie Ihre Auftraggeber:innen darauf hinweisen, dass der Kostenvoranschlag kein Angebot im vertragsrechtlichen Sinn ist. Nutzen Sie dafür am besten eine Vorlage. Die Hauptunterschiede von Angebot und Kostenvoranschlag sind:
- Angebote werden kostenfrei erstellt, ein Kostenvoranschlag ist bereits eine Leistung und kann in Rechnung gestellt werden (gesondert zu vereinbaren)
- Kosten, die im Angebot festgehalten sind, müssen eingehalten werden, beim Kostenvoranschlag handelt es sich um eine Schätzung
- Das Ziel eines Angebots ist der Vertragsabschluss; das eines Kostenvoranschlags die Abgabe eines Angebots.
Eine Vorlage für einen Kostenvoranschlag finden Sie bei sevdesk oder bei karrierebibel.de.
Die Ausnahme: Verbindlicher Kostenvoranschlag
Mache Dienstleister:innen entscheiden sich allerdings bewusst für rechtsverbindliche Kostenvoranschläge. Diese sind auch als Festpreisvereinbarungen bekannt, werden Vertragsbestandteil und sind für beide Seiten verpflichtend. Diese Art des Kostenvoranschlags wird häufig als Vertragsangebot gewertet. Das heißt, der Dienstleister oder die Dienstleisterin trägt das finanzielle Risiko alleine. Sollten Materialien teurer werden oder mehr Arbeitszeit benötigt werden, als im verbindlichen Kostenvoranschlag festgelegt, gehen die Mehrkosten zulasten des Dienstleisters. Natürlich gibt es nur einen Grund, sich diesem Risiko bewusst auszusetzen. Durch die absolute Kostenkontrolle sind solche Angebote für Auftraggeber:innen attraktiver als andere. So verschaffen sich Anbieter einer Festpreisvereinbarung einen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern. Denn laut Gesetz sind Mehrkosten von Auftraggeber:innen zu tragen, wenn sie nicht wesentlich vom Kostenvoranschlag abweichen.
Umsatzsteuerangaben im Kostenvoranschlag
Des Weiteren sollten Sie Ihre Kostenvoranschläge auch von Ihren Rechnungen abgrenzen, damit Sie bei einer Rechnungsprüfung nicht ins Visier von Steuerermittlern geraten. Aufgrund der Preisangabenverordnung müssen Sie die Umsatzsteuer gegenüber Verbraucher:innen zwar ausweisen, gleichzeitig darf das Dokument aber nicht dazu geeignet sein, den oder die Empfänger:in (üblicherweise einen anderen Unternehmer oder eine andere Unternehmerin) zum Vorsteuerabzug zu verleiten. Ansonsten steht schnell eine Ermittlung wegen Steuerhinterziehung im Raum.
Ein anderer häufiger Streitpunkt rund um die Umsatzsteuer ist das „plötzliche“ Auftauchen der Umsatzsteuer in der Rechnung. Denn wenn Sie als Auftragnehmer:in nie für Verbraucher:innen, sondern lediglich für andere Unternehmer:innen arbeiten, könnten Sie theoretisch darauf verzichten, die Steuer auszuweisen, um eben nicht, wie oben erwähnt, zum Abzug der Vorsteuer zu verleiten. So entsteht allerdings leicht ein teures Missverständnis auf Seiten des/der Auftraggebers/Auftraggeberin. Geht er:sie von einem Bruttopreis aus, wird er:sie die Preissteigerung von bis zu einem Fünftel nur schwer verkraften. Aber auch davon abgesehen sollten Sie nicht darauf verzichten, die Umsatzsteuer auszuweisen. Fehlende Informationen laden immer zu Spekulationen ein. Sollte es zu einer Meinungsverschiedenheit mit Auftraggeber:innen kommen, werden Leerstellen im Kostenvoranschlag, Angebot oder der Rechnung regelmäßig zum Stein des Anstoßes.
Es hat sich bewährt, am Ende des Dokumentes explizit darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Kostenvoranschlag für eine noch zu erbringende Leistung handelt, weshalb die veranschlagten Summen nicht von der Vorsteuer abgezogen werden dürfen. Weisen Sie die Umsatzsteuer für die veranschlagten Beträge aus und überschreiben Sie das Dokument mit dem Wort Kostenvoranschlag. Verzichten Sie im gesamten Dokument auf die Worte Angebot und Rechnung.
Wie stark darf der Endpreis vom Kostenvoranschlag abweichen?
Da ein Kostenvoranschlag eine Schätzung ist, ist es ganz normal, dass der Endpreis der Leistung abweicht. Ist die Abweichung allerdings zu gravierend (BGB: „wesentlich“), wäre er zur Planung des Auftrages von vorneherein ungeeignet gewesen, sodass der Kunde/die Kundin deswegen den Vertrag außerordentlich kündigen kann. In der Regel gelten Abweichungen von zehn bis fünfzehn Prozent als unwesentlich. Im Einzelfall können allerdings selbst Abweichungen von bis zu einem Viertel des Kostenvoranschlags unwesentlich sein. Die Gründe dafür sind normalerweise:
- Der Auftrag war generell sehr günstig, weshalb eine Abweichung von 25 Prozent nicht viel ausmacht
- Das verwendete Material oder die Arbeitszeit ist in der Zwischenzeit stark im Preis gestiegen (z. B. wegen Mindestlohnerhöhung). Auch bei einem anderen Anbieter wäre die Dienstleistung nicht günstiger zu erhalten
Empfehlung: Absehbare Überschreitungen immer beim Kunden melden
Um das Vertragsverhältnis nicht zu belasten, sollten Sie Ihre:n Auftraggeber:in dennoch frühzeitig, also bereits bei einer Überschreitung von 10 Prozent, über gestiegene Kosten informieren. Haben Sie keine Angst vor einer Kündigung des Vertragsverhältnisses. Sagen Sie Ihren Kund:innen die Gründe für die Preisüberschreitung, dann können diese die Preisentwicklung besser nachvollziehen. Zudem stecken Sie beide normalerweise mitten im Projekt. Wenn andere Dienstleister:innen die Fertigstellung übernehmen würden, wäre das Ergebnis auch nicht günstiger zu erreichen. Klären Sie bei Vertragsschluss darüber auf, dass Sie Preiserhöhungen unter 10 Prozent nur kommunizieren, wenn der Kunde es explizit wünscht, damit das Projekt nicht ins Stocken gerät. Diese Information können Sie natürlich auch in den AGB unterbringen.
Berufliche Risiken umfassend abgesichert mit der Berufshaftpflicht über exali.de
Beim Streit mit Auftraggeber:innen geht es fast immer ums Geld. Deswegen ist der Kostenvoranschlag ein beliebtes Streitthema. Kennzeichnen Sie Ihre Kostenvoranschläge daher immer als solche und informieren Sie Ihre Auftraggeber:innen rechtzeitig bei einer drohenden Kostenüberschreitung, damit es gar nicht erst soweit kommt. Droht dennoch ein Rechtsstreit um Schadenersatz, sind Sie mit der Berufshaftpflichtversicherung über exali.de umfassend abgesichert.
Jede Forderung (zum Beispiel aufgrund einer vertraglichen Schlechtleistung, Leistungsverzögerung oder wesentlichen Preisüberschreitung) wird von den Schadenspezialisten des Versicherers zuerst geprüft, unberechtigte Forderungen werden auf Kosten des Versicherers abgewiesen (so genannter Abwehrschutz der Berufshaftpflicht) und berechtigte Schadenersatzforderungen bezahlt.
Im Rahmen einer IT-, Media-, Consulting- oder Architekten-Haftlicht erhalten Sie zudem Zugang zu den Assistance Leistungen des Versicherers Markel. Dazu gehört auch der Online-Rechtsservice, einer Datenbank mit über 1.000 Musterschreiben und -verträgen zum Download.
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