Aussichtslose Berufung: Anwalt wird auf 12.000 Euro Schadenersatz verklagt

Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, seinen Mandanten nach bestem Wissen und Gewissen zu beraten. Dazu gehört auch, ihn vor aussichtslosen Schritten und damit verbundenen Kosten zu bewahren. In einem aktuellen Fall soll ein Anwalt rund 12.000 Euro Schadenersatz an die Rechtsschutzversicherung seines Mandanten zahlen, weil er genau das versäumt hat. Wie es dazu kam, erfahren Sie hier…

Anwalt reicht aussichtlose Berufung ein – und verpasst auch noch die Frist

In diesem Fall geht es um einen Rechtsanwalt, der seinen Mandanten zunächst in erster Instanz vertrat, diese Klage wurde jedoch vom Erstgericht abgewiesen. Obwohl die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung von Vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte, da es für das Berufungsverfahren keine neuen Beweismittel gab, die zu einer anderen Einschätzung des Berufungsgerichts hätten führen können, reichte der Anwalt für seinen Mandanten Berufung ein.

Das war jedoch nicht der einzige Fehler des Anwalts: Er reichte noch dazu die Berufungsbegründung am letzten Tag der Frist beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein, anstatt beim für die Berufung zuständigen Oberlandesgericht Nürnberg. Die Folge: Er versäumte die Berufungsfrist.

Tipp:

In unserem Artikel können Sie nachlesen, dass Fristversäumnisse bei der Korrespondenz mit dem Gericht kein Einzelfall sind.

Rechtsschutzversicherung fordert 12.000 Euro Schadenersatz

Gravierendere Folgen hatte es jedoch für den Anwalt, dass er weder seinen Mandanten noch dessen Rechtsschutzversicherung über die aussichtslose Berufung aufgeklärt hatte. Die Rechtsschutzversicherung zeigte sich wenig begeistert und verklagte den Anwalt vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth auf rund 12.000 Euro Schadenersatz für die entstanden Verfahrenskosten des Berufungsverfahrens. Die Richter gaben dem Versicherer Recht. Der Rechtsanwalt hätte seinen Mandanten und die Rechtsschutzversicherung über die Aussichtslosigkeit der Berufung informieren müssen und keine Berufung einlegen dürfen.

Ring frei für Runde zwei: Der Anwalt geht selbst in Berufung

12.000 Euro Schadenersatz? Das wollte der Anwalt nicht auf sich sitzen lassen und ging seinerseits beim OLG Nürnberg in Berufung. Doch auch dort stieß er auf wenig Verständnis: In seinem Beschluss (Az: 13 U 916/17) legte das Gericht dem Anwalt nahe, die Berufung zurückzunehmen, um weitere Kosten zu vermeiden.

Nach Überzeugung der Richter haftet ein Anwalt dann für einen Schaden, wenn dieser bei der pflichtgemäßen Erfüllung des Anwaltsvertrages nicht entstanden wäre. Davon ging das Gericht hier aus, der Anwalt hätte dem Mandanten dringend von der Berufung abraten und ihn außerdem darüber aufklären müssen, dass er, wenn er die Berufung trotzdem wünscht, den Rechtsstreit auf eigene Kosten (ohne Deckung des Rechtsschutzversicherers) führen muss.

„Zwar steht es einer Partei frei, Prozesse zu führen, die sie nicht gewinnen kann. Dieses Recht unterliegt jedoch Einschränkungen, wenn die Prozessfinanzierung durch einen Rechtsschutzversicherer erfolgt“, so das OLG Nürnberg.

Der Anwalt hatte sogar eingeräumt, dass er seinen Mandanten zwar auf die geringen jedoch nicht auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hat. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt aber nur dann die Prozess- und Anwaltskosten, wenn eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Der Versicherer ist nur verpflichtet, objektiv notwendige Kosten zu übernehmen. Das war hier nicht der Fall. Daher ist der Rechtsanwalt nach Auffassung des Gerichts schadenersatzpflichtig.

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© Jan Mörgenthaler – exali AG