Rechtssichere und professionelle Korrespondenz via Social Media? Facebook auf dem Prüfstand!
„Wer nicht mit der Zeit geht, der muss... mit der Zeit gehen.“ Wie Recht Stromberg mit diesem Spruch doch hat! Am digitalen Scheideweg muss man sich entscheiden: Aufbruch ins Neuland oder Niedergang in der digitalen Revolution. Auch die Kommunikationswege sind davon betroffen und ändern sich beständig, schnell und erbarmungslos. Das Fax ersetzt den Postbrief, die E-Mail ersetzt das Fax und Facebook und Whatsapp schicken die E-Mail aufs Altenteil.
Mit E-Mails jonglieren, wenn es um Rechtsgeschäfte geht, ist mittlerweile gang und gäbe. Ob der Funke allerdings auch auf Social Media Kanäle überspringen wird und Netzwerke wie Facebook für die geschäftliche Kommunikation taugen, damit beschäftigt sich Fabian Reinholz, Rechtsanwalt der Kanzlei Härting, heute in seinem Gastbeitrag auf unserer exali.de Info-Base.
Geschäftliche Kommunikation per Mausklick
Den guten alten Brief und das Fax restlos ersetzen? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Nach wie vor wird vor allem geschäftliche Kommunikation gerne per Brief oder per Fax erledigt, zum einen weil gesetzliche Formerfordernisse wie die Schriftform zu beachten sind. Zum erheblichen Teil geschieht das aber in dem Irrglauben, der Brief sei der rechtlich sicherste Weg der geschäftlichen Kommunikation und jede andere Art der Übermittlung ein Sicherheitsrisiko.
Mittlerweile wird aber ein Großteil geschäftlicher Kommunikation rechtssicher elektronisch abgewickelt. Verträge werden per Mausklick oder durch wechselseitige E-Mails geschlossen. Auch andere rechtserhebliche Erklärungen, z.B. Vertragskündigungen, Mahnungen, Widerrufserklärungen werden per E-Mail übermittelt. Die Tatsache, dass Rechtsgeschäfte grundsätzlich formlos zustande kommen können, macht es möglich. Kann ein Vertrag wirksam mündlich geschlossen werden, dann doch erst recht per E-Mail.
Facebook-Messages statt Briefe und Mails?
Wer es geschafft hat, sich mit der E-Mail als geschäftlichem Kommunikationsmittel anzufreunden, muss nun seinerseits davon überzeugt werden, dass auch Social Media Anwendungen wie Facebook diesen Zweck erfüllen. Oder tun sie das nicht?
Über Facebook findet derzeit ein großer Teil der privaten Kommunikation statt. Eignet sich das Medium aber auch für den Rechtsverkehr? Ein Tauglichkeitscheck:
1) Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen
Rechtsgeschäfte bedürfen – siehe oben – keiner besonderen Form. Erklärungen, die auf einen Vertragsschluss gerichtet sind, können auch elektronisch übermittelt werden. Genau genommen kann über die Facebook-Messaging-Funktion durch zwei sich deckende Mitteilungen ein Vertrag geschlossen, eine Kündigung erklärt oder eine Mahnung abgegeben werden, die den Empfänger in Verzug setzt.
Anders übrigens beim Like-Button. Wer einen Like Button klickt, äußert keinen Willen, sich rechtlich zu binden. Die Absicht eines Unternehmers, einen Kunden durch Klick auf den Like-Button zur Inanspruchnahme einer entgeltlichen Leistung zu verpflichten, scheitert an den strengen gesetzlichen Anforderungen an Bestellungen im e-Commerce, z.B. der vorgeschriebenen Buttonbeschriftung „zahlungspflichtig bestellen“ (§ 312j BGB).
2) Zugang von Vertragserklärungen
Damit Erklärungen Rechtsfolgen auslösen, muss sie der Empfänger auch erhalten. Das betrifft z.B. Kündigungen und Mahnungen aber auch Widerrufserklärungen bei Online-Bestellungen. Man spricht hierbei vom Zugang von Erklärungen. Zugang setzt voraus, dass die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass seine Kenntnisnahme möglich ist. Zum „Machtbereich“ des Empfängers gehören natürlich der Briefkasten und das E-Mail-Postfach, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Empfänger sie für die rechtsgeschäftliche Kommunikation vorgesehen hat, so z.B. wenn ein Unternehmen auf Briefpapier oder Werbematerial mit seiner Post- und seiner E-Mail-Adresse auftritt.
Beim Facebook-Account ist zu differenzieren: Die Facebook-Seite des Unternehmens ist für die Kommunikation mit Fans und Kunden gedacht, aber nicht, um rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben und zu empfangen. Dafür müsste es besondere Anhaltspunkte geben, z.B. dass der Unternehmer Kunden darum bittet, Reklamationen über Facebook zu melden oder dass sich eine solche Gewohnheit entwickelt, weil sich Mitarbeiter des Unternehmens auf geschäftliche Kommunikation mit Kunden über Facebook einlassen. Führt ein Unternehmer ein Softwareprojekt durch und verlagert sich die Kommunikation mit dem Softwarehersteller von E-Mail auf Facebook, besteht die Gefahr, dass der Facebook-Account zum Empfangsbereich für rechtserhebliche Erklärungen (Fristsetzungen, Kündigungen) des Projektpartners wird. Dann muss der Unternehmer seinen Facebook-Account im Auge behalten.
3) Formbedürftige Geschäfte
Ist für Rechtsgeschäfte ausnahmsweise die Schriftform vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben, kommt Facebook als Kommunikationskanal nicht in Frage, denn bei der Schriftform muss ein Dokument eigenhändig unterschrieben werden (§ 126 BGB). Immer mehr wird aber im Rechtsverkehr die Textform vereinbart oder ist vom Gesetz so vorgesehen (z.B. für den Widerruf von Online-Bestellungen). Dann sieht es schon anders aus. Textform (§ 126b BGB) erfüllen Briefe und Faxe, aber eben auch E-Mails. Textform verlangt lediglich, dass Nachrichten auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden. Das ist der Fall, wenn der Empfänger die Nachricht so aufbewahren kann, dass sie für ihn eine angemessene Zeit lang abrufbar ist. Dafür müssen die Nachrichten nicht einmal auf dem eigenen Rechner gespeichert sein. Da Messages über Facebook so lange abrufbar sind, wie der Account besteht, erfüllen Facebook Nachrichten die Textform, auch wenn die Nachrichten auf Servern von Facebook gespeichert sind.
4) Widerrufserklärungen
Widerruft z.B. ein Verbraucher eine Online-Bestellung bei Zalando, kann er das grundsätzlich auch über den Facebook-Account von Zalando tun, wenn der Account von Zalando für den Empfang solcher Erklärungen vorgesehen ist. Ist das bereits der Fall, weil sich der Social Media Manager von Zalando über Facebook mit Kunden auf Diskussionen um die Beschaffenheit der gelieferten Ware einlässt? Eher nicht. In solchen Situationen sollte das Social Media Management aber besser klarstellen, dass es für die Entgegennahme von Widerrufserklärungen nicht zuständig ist und gleichzeitig angeben, an wen sich der Kunde in diesen Fällen wenden muss.
Ein kurzes Fazit
Ja, Social Media taugt – wenn auch bedingt – zur geschäftlichen Kommunikation. Wie so oft aber, muss die Welt erst damit warm werden.
Über den Autor:
Fabian Reinholz ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Berliner Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Er befasst sich in seiner Praxis u.a. mit Fragen zum Marken, Wettbewerbs-, Urheber- sowie zum Internetrecht. Seine Mandanten kommen aus den Bereichen e-Commerce, Werbung und Sport.
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