EuGH-Urteil: Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) verstößt gegen EU-Recht

Der Europäische Gerichtshof hat gestern entschieden: Die Regelungen zu Höchst- und Mindestpreisen in der deutschen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sind überzogen und widersprechen daher EU-Recht! Was die Richter genau bemängeln und welche Konsequenzen das für Architekten und Ingenieure haben könnte, erfahren Sie hier.

Neue HOAI soll am 01.01.2021 in Kraft treten

Nachdem der Bundestag Mitte September der Änderung der HOAI zugestimmt hat, wird das Gesetz am 01.01.2021 in Kraft treten. Die neue HOAI ist notwendig, da der Europäische Gerichtshof im letzten Jahr entschieden hatte, dass die dort enthaltenen Mindest- und Höchstsätze dem EU-Recht widersprechen (siehe Artikel unten). Die HOAI wird daher entsprechend abgeändert und nun folgende Regelungen enthalten:

  • Die Honorare für Architekten- und Ingenieure können in Zukunft immer frei vereinbart werden
  • Die Vorgaben in der HOAI können zur Vereinbarung des Honorars als Orientierungshilfe dienen
  • Falls keine wirksame Honorarvereinbarung geschlossen wurde, gilt der sogenannte Basishonorarsatz als vereinbart. Dessen Höhe entspricht dem bisherigen Mindestsatz.

Die neue Verordnung zur HOAI finden Sie hier (PDF).

Wettbewerb in der EU muss über Preis möglich sein

Dem höchsten europäischen Gericht mangelt es in der HOAI an der Verhältnismäßigkeit der Mindest- und Höchstsätze, die in der HOAI festgelegt sind. Diese dürfen nach der bisherigen Regelung nicht unter- bzw. überschritten werden. Damit sollte ein zu starker Preiskampf verhindert und die Sicherheit der Arbeiten garantiert werden. Doch diese Regelung kippte der EuGH nun kürzlich in seinem Urteil (PDF: Urteil vom 04.07.2019, AZ: C-377/17). Bei ihrer Entscheidung stützten die Richter sich auf die im Jahr 2006 verabschiedete EU-Dienstleistungsrichtlinie, die besagt, dass grundsätzlich im freien europäischen Binnenmarkt der Wettbewerb auch über den Preis möglich sein muss.

Mindest- und Höchstsätze garantieren keine Qualität

Die deutschen Argumente, dass durch die geregelten Mindest- und Höchstsätze Qualitätsstandards und der Verbraucherschutz gesichert werden, ließen die EU-Richter nicht gelten: Die Mindestsätze gelten nämlich nur für Architekten und Ingenieure. Die entsprechenden Leistungen hingegen dürfen auch andere Dienstleister erbringen, wenn sie entsprechende Qualifikationen nachweisen. Daher seien die Mindestsätze nicht geeignet, um Qualitätsstandards zu sichern.

In Zukunft mehr Wettbewerb über den Preis

Für Architekten und Ingenieure in Deutschland bedeutet das Urteil, dass die Honorarsätze in der HOAI in Zukunft nicht mehr verpflichtend gelten und sie nun verstärkt über den Preis ihrer Arbeit verhandeln müssen. In einer Stellungnahme kündigte die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Barbara Ettinger-Brinckmann, an: „Wir werden die intensiven Gespräche mit dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium fortführen, um die Leistungsbilder und Honorarsätze der HOAI mit Zustimmung der Bundesländer zumindest als abgeprüften Referenzrahmen zu erhalten.“

Entscheidung des EuGH ist ab sofort zu beachten

Wie genau ein solcher Referenzrahmen aussehen könnte, bleibt abzuwarten. Deutschland muss nun in jedem Fall handeln: Es ist verpflichtet, das EuGH-Urteil so schnell wie möglich umzusetzen und die Regelungen zu den Mindest- und Höchstsätzen aufzuheben. Dies kann zwar bis zu einem Jahr dauern, trotzdem ist die Entscheidung des EuGH bereits jetzt zu beachten. Denn solange ein nationales vom EuGH für rechtswidrig erklärtes Gesetz noch nicht aufgehoben ist, haben die deutschen Gerichte im Ernstfall die Pflicht, die Entscheidung des EuGH durchzusetzen.

Infos der Bundesarchitektenkammer zum EuGH-Urteil

Weitere Infos zur EuGH-Entscheidung und entsprechend FAQ finden Sie auf der Website der Bundesarchitektenkammer. Bezüglich zukünftiger Honorarvereinbarungen teilt diese mit, dass es nach wie vor entscheidend sei, dass Architekten überhaupt eine Honorarvereinbarung treffen. Es ändere sich lediglich, dass – falls keine Vereinbarung getroffen wird – Architekten sich dann nicht mehr auf die unwiderlegliche Vermutung, dass der Mindestsatz vereinbart wurde, berufen können. Außerdem rät die Bundesarchitektenkammer dazu, frühzeitig schriftliche Verträge abzuschließen, in denen die Vergütungshöhe eindeutig geregelt ist. Dabei können Architekten weiterhin Bezug auf die HOAI nehmen, jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, ob Mittel-, Höchst- oder Mindestsätze zugrunde gelegt werden.

Die HOAI soll als Rechtsverordnung bestehen bleiben

Außerdem teilt die Bundesarchitektenkammer ihren „Plan B“ mit, den sie „seit langem“ für den Fall des EuGH-Urteils in der Schublade habe, der jedoch aus politischen Gründen nicht kommuniziert wurde. Hauptziel sei es, die HOAI als Rechtsverordnung zu erhalten. Diese habe die Bundesregierung auch bereits zugesichert. Für eine modifizierte HOAI werde vorgeschlagen:

Bleibt abzuwarten, ob dieser Vorschlag angenommen wird. Sobald sich zur HOAI etwas Neues ergibt, erfahren Sie es natürlich bei uns.

Egal was kommt: Berufshaftpflicht für Architekten- und Ingenieure bleibt!

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© Ines Rietzler – exali AG