Corona-Krise: Tipps zur Businessplanung und finanziellen Hilfe für Selbständige
Bestandsaufnahme machen und Kosten senken
Auch wenn es in der jetzigen Situation schwierig ist: Bleiben Sie ruhig und verfallen Sie nicht in blinden Aktionismus. Analysieren Sie in Ruhe Ihre Lage und überlegen Sie zuerst, welche Kosten Sie senken können. Es kommt jetzt vor allem darauf an, die Liquidität, sprich die geschäftlichen Barreserven, zu schonen, sodass Sie Ihren Verpflichtungen auch bei Umsatzrückgängen oder gar Ausfällen weiterhin nachkommen können. Sollte es bereits jetzt mit der Liquidität eng werden, gibt es mehrere Notfallmaßnahmen:
- Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter: Sowohl für gewerbliche als auch für private Räumlichkeiten soll es für die Zeit der Corona-Krise einen Kündigungsschutz geben, wenn Mieter wegen Einkommensausfällen die Miete nicht mehr zahlen können. Dies betrifft Mietschulden ab 1. April bis zunächst 30. Juni 2020. Nichtsdestotrotz müssen gestundete Mieten natürlich später nachgezahlt werden, wenn die Auftragslage und Liquidität wieder besser ist.
- Rufen Sie bei Ihrer Krankenkasse an: Gesetzliche Krankenkassen setzen derzeit die Sozialversicherungsbeiträge freiwillig herab, wenn ein Antrag gestellt wird. Bei der Techniker Krankenkasse gibt es beispielsweise die Möglichkeit, eine vorübergehende Beitragsstundung für maximal sechs Monate zinslos zu beantragen mit der zusätzlichen Option, später die gestundeten Beiträge in Raten zu bezahlen. Wenn Sie – wie viele Selbständige – privat versichert sind, ist es leider nicht so einfach, eine Beitragsstundung oder -reduzierung zu erreichen, da die Beiträge nicht umsatzabhängig berechnet werden. Trotzdem lohnt es sich, bei der Krankenversicherung nachzuhaken.
- Kontaktieren Sie Ihre Lebensversicherung: Bessere Chancen der Beitragsstundung gibt es aktuell bei den Lebensversicherern, in die Selbständige zum Teil hohe monatliche Beiträge zahlen. Hier gibt es erste Meldungen von gewährten Beitragsaufschüben und Stundungen bis zu zwölf Monaten.
- Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater: Finanzämter bieten Steuerstundungen oder die Möglichkeit an, Vorauszahlungen herabzusetzen. In vielen Bundesländern gehören unkomplizierte Steuererleichterungen zu den Sofortmaßnahmen. Ein neutrales Antragsformular gibt es beispielsweise beim Bayerischen Landesamt für Steuern (PDF: Antragsformular Steuererleichterung). Außerdem soll es die Möglichkeit geben, sich die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen für das Jahr 2020 zurückerstatten zu lassen. Auch dazu kann Ihnen Ihr Steuerberater weiterhelfen.
Geschäftsmodell an Corona-Krise anpassen
Wenn Sie sich finanziell Erleichterung verschafft haben, überprüfen Sie Ihr Businessmodell. Überlegen Sie, wie Sie Ihre Leistung trotz Corona-Krise erbringen können. Falls Sie nicht bereits ein digitales Geschäftsmodell haben, denken Sie darüber nach, wie Sie Ihre Dienstleistung digital (oder noch digitaler) erbringen können. Als Rechtsanwalt können Sie beispielsweise Rechtsberatung online anbieten. Sie sind Coach oder Trainer? Dann nehmen Sie Coachingvideos oder Podcasts auf, bieten Webinare an oder Schulungen per Videokonferenz.
Wenn Sie bereits komplett digital sind und hier kein Verbesserungspotenzial besteht, können Sie überlegen, wie Sie Ihr Business so ausrichten können, um anderen in der derzeitigen Situation zu helfen. Bieten Sie beispielsweise Coachings für effizienteres Arbeiten im Homeoffice an, beraten Sie Unternehmen zu finanziellen Hilfen und Fördermöglichkeiten oder zu Marketing in Krisenzeiten. Auch wenn Ihnen das in der momentanen Lage keine neuen Aufträge bringt, werden sich potenzielle Auftraggeber an Sie erinnern und es ergeben sich vielleicht ganz neue Chancen und Möglichkeiten.
Wenn Sie momentan viel freie Zeit haben, nutzen Sie diese für Ihre Fortbildung oder dazu, lange liegengebliebene und vielleicht unbequeme Aufgaben zu erledigen. Was wollten Sie schon immer einmal lernen, hatten jedoch nie die Zeit dafür? Welche Skills bringen Ihnen etwas für die Zeit nach Corona? Was bringt Ihrem Business etwas, um die nächste Krise (besser) zu meistern? Haben Sie ein vielversprechendes Projekt schon lange im Kopf, konnten es aus Zeitgründen bisher aber nicht anpacken? Dann könnten Sie die Zeit auch dafür sinnvoll einsetzen und sind mit einer neuen Businessidee nach der Krise am Start, die Sie ansonsten vielleicht nie gehabt hätten.
Kredite bekommen in der Corona-Krise: Experteninterview
In der Corona-Krise gibt es finanzielle Soforthilfe und Kredite für Selbständige, Freelancer und Unternehmen. Dazu gehören auch die KfW-Kredite, die über die Hausbanken beantragt werden können. Diese zu bekommen ist jedoch kein Selbstläufer. Wir haben mit Unternehmenscoach und Trainerin Gertrud Hansel von der Schule für Unternehmer darüber gesprochen, wie Sie am schnellsten und wahrscheinlichsten einen KfW-Kredit bekommen und was Sie tun können, wenn Sie keine Hausbank haben oder dort keinen Termin bekommen. Die wichtigsten Tipps haben wir hier zusammengefasst, das Video können Sie sich unten ansehen:
- Die Kredite gibt es über die Hausbanken. Falls Sie dort so schnell keinen Termin bekommen, sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater. Diese haben oft bessere Kontakte zu Banken und können Ihnen eventuell schneller einen Termin besorgen.
- Wenn Sie keine Hausbank, sondern eine Direktbank haben, sollten Sie rechtzeitig versuchen, dort oder über Vergleichsportale einen „normalen“ Kredit zu bekommen. Handeln Sie auf jeden Fall schnell, bevor Sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten, rät die Expertin.
- Sinnvoll ist laut Gertrud Hansel auch ein sogenannter Bereitstellungskredit. Dieser steht sozusagen im Hintergrund und Sie können daraus schöpfen, wenn Sie das Geld wirklich brauchen. Brauchen Sie doch keine finanzielle Hilfe, können Sie den Kredit zurückgeben.
Businessplan für die Bank erstellen
Auf den Termin bei der Bank müssen Sie sich gut vorbereiten. Auch in der Corona-Krise brauchen die Banken verlässliches Zahlenmaterial, sagt die Expertin. Dabei sind selbst erarbeitete Zahlen, zu denen Sie Antworten haben, immer besser als ein auf die Schnelle zusammengestellter Businessplan Ihres Steuerberaters, so Hansel. Das sind die Tipps der Expertin für den Termin bei der Bank:
- Erstellen Sie einen Businessplan für mindestens drei Monate, noch besser sind sechs Monate
- Da es schwierig ist, in einer Krise wie dieser eine verlässliche Planung zu erstellen, rät die Expertin zu drei Varianten des Businessplans: einen für den schlimmsten Fall, einen für den besten Fall und einen für den wahrscheinlichsten Fall.
- Machen Sie eine Aufstellung des letzten Quartals, eventuell auch des ersten Quartals 2020. Tragen Sie ein, welche Aufträge Sie momentan noch haben, welche vielleicht wegfallen, welche schon weggefallen sind und welche Sie neu generieren können, weil Sie neue Ideen für Ihr Geschäftsmodell haben.
- Haben Sie im Hinterkopf: Die Banken werden in der momentanen Lage Anträge wohlwollend prüfen, sie brauchen aber trotzdem nachvollziehbare Zahlen und werden keine Kredite einfach so vergeben.
Hinweis: Natürlich hatten es Freelancer und Soloselbständige bereits in der Vergangenheit schwerer, an Kredite bei Banken zu kommen und es gibt einige Berichte im Netz, dass dies auch in der Krise nicht besser geworden ist. So werden manche Aussagen der Politiker zur wirtschaftlichen Hilfe als „Lippenbekenntnisse“ bezeichnet. Portale der Landesbanken sind nicht oder nur schwer erreichbar. Aber bedenken Sie: Auch solche Institutionen hat die Krise unvorbereitet getroffen und sie kämpfen ebenfalls mit technischen und personellen Engpässen. Lassen Sie sich von den negativen Berichten nicht herunterziehen, sondern versuchen Sie aktiv die Situation zu bewältigen, denn nach wie vor gilt: „wer nicht fragt der nicht gewinnt.“
Im Video gibt es noch mehr Tipps von unserer Expertin:
Einen Überblick zu aktuellen Entwicklungen für Selbständige und Freelancer in der Corona-Krise finden Sie in diesem Artikel: Die wichtigsten Informationen zum Coronavirus für Selbständige und Freelancer.
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