Keyword löst Rechtsstreit aus: Google AdWords und das Markenrecht

Wer nach „Sneakern von adidas“ googelt, bekommt vielleicht auch eine Anzeige von Puma angezeigt, wer nach „Audi“ sucht, dem spuckt Google möglicherweise auch eine BMW-Anzeige aus. Solche Wettbewerbskampagnen bei Google AdWords gibt es häufiger und als Nutzer haben wir uns schon daran gewöhnt. Genau diese Praxis wurde einem Werbetreibenden jetzt aber zum Verhängnis. Warum er wegen der Verwendung einiger Keywords Ärger bekam? Den ganzen Fall gibt`s hier zum Nachlesen.

Wenn ein Keyword zum Problem wird…

In dem Fall, der nun im Berufungsverfahren entschieden wurde, ging es um eine Firma, die Felgenreparaturen anbietet. Diese hatte in einer AdWords-Kampagne den Begriff „Wheel Clean Tec“ als Keyword verwendet. Das Problem dabei: Dieser Begriff ist der Name der im Handelsregister eingetragenen Firma eines Wettbewerbers. Dieser war damit überhaupt nicht einverstanden und zog vor Gericht.

Die Grundlage für den Fall ist das Markengesetz (MarkenG). Dort heißt es in § 15 Abs. 2, dass es Dritten (also zum Beispiel Wettbewerbern) untersagt ist, eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

Rechtsverletzung und Verwechslungsgefahr?

Der Kläger argumentierte, dass die Nutzung dieses Keywords erstens rechtsverletzend ist, weil sein Konkurrent mit einem fremden Firmennamen sein eigenes Angebot bewirbt und ihm so Kunden streitig machen will. Und zweitens, so der Kläger, bestehe eine Verwechslungsgefahr. Denn „normale“ Internetnutzer könnten davon ausgehen, dass der Kläger selbst die Anzeige geschaltet hat. Dieser Eindruck werde noch dadurch verstärkt, dass der Beklagte in seiner Anzeige auch den Begriff „Felgendoktor Glücksburg“ verwendet – genau dort hat nämlich der Kläger seinen Firmensitz, das beklagte Unternehmen hingegen sitzt in Flensburg.

Diese Vorwürfe wollte der Beklagte nicht auf sich sitzen lassen. Er argumentierte, die Marke des Klägers sei rein beschreibend und ihr fehle deshalb die notwendige Kennzeichnungskraft. Auch Verwechslungsgefahr bestehe nicht. Denn der durchschnittliche Internetnutzer könne sehr wohl zwischen Anzeige und Suchtreffern unterscheiden. Die Anzeige sei klar von den Suchergebnissen abgetrennt und enthalte keinen Hinweis auf das Unternehmen und die Marke des Klägers.

Gericht: Keyword verstößt gegen das Markenrecht

Das Landgericht Kiel gab dem Kläger zwar Recht und sah in der Praktik eine Markenrechtsverletzung, jedoch mit einer kleinen Einschränkung: Es konnte in dem Verfahren dem Beklagten nicht nachweisen, dass er tatsächlich den Begriff „Wheel Clean Tec“ als Keyword benutzt hat und dass er die Absicht hatte, dass die Anzeige unter diesem Suchbegriff bei Google erscheint.  

Nachdem das Landgericht dem Kläger Recht gegeben hatte, legte der Beklagte beim Oberlandesgericht Schleswig-Holstein Berufung ein. Jedoch ohne Erfolg: Das OLG wies die Berufung ab und bestätigte das Urteil des Landgerichts (OLG Schleswig Holstein, 22.03.2017, Az: 6 U 29/15). In der Begründung folgte das Gericht der Argumentation des Klägers.

„Störerhaftung“: AdWords-Anzeige muss überprüft werden 

Blieb noch das Problem für das Gericht, dem Beklagten die Absicht nachzuweisen, dass die Anzeige unter dem strittigen Begriff bei Google erscheint. Die Lösung war dabei die sogenannte „Störerhaftung“. Denn, so das Berufungsgericht, es könne dem Beklagten zwar nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass er beim Erstellen der AdWords-Anzeige beabsichtigte, dass die Google-Anzeige genau so erscheint. Aber er hätte nach dem ersten Hinweis des Klägers dessen Vorwurf überprüfen und abstellen müssen.  

Störerhaftung

„Als Störer haftet derjenige, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt und ihm zumutbare Mitwirkungspflichten verletzt hat.“ (vgl. BGH I ZR 304/01, S. 18)

Vereinfacht gesagt: Jemand kann auch für eine Rechtsverletzung zur Verantwortung gezogen werden, weil er sie in irgendeiner Art gefördert, aber nicht selbst begangen hat.

Nach Auffassung des Gerichts hätte der beklagte „Felgendoktor“ also kontrollieren müssen, unter welchen Suchbegriffen seine Anzeige bei Google angezeigt wird. Entscheidend für das Urteil ist die Tatsache, dass der Beklagte trotz Hinweis nicht reagierte. Denn die Frage, ob der Beklagte im Vorfeld wusste, dass die Anzeige auf dieses Keyword gematcht wird, ist nicht zu beantworten.  

Exkurs: AdWords-Anzeige kontrollieren: Wie geht das?

Bei AdWords gibt es die Optionen, Keywords auf „broad match“ (weitgehend passendes Keyword) zu buchen. Das bedeutet, Google zeigt die Anzeige bei Eingabe vieler Suchbegriffe an, die irgendwie passen könnten. Das kann manchmal auch unsinnig sein – und auf dieses Verhalten von Google hat der Werbetreibende keinen Einfluss. Dieser kann zwar unter „Anzeigenvorschau und -diagnose“ bei Google AdWords das Ausspielen der Anzeige simulieren, eine 100%ige Sicherheit, unter welchem Keyword diese bei welchem Internetnutzer ausgespielt wird, gibt es jedoch nicht.

Wer im Vorfeld kritische Keywords (zum Beispiel den Firmennamen eines Wettbewerbers) nicht ausschließt, sollte dringend regelmäßig die Suchbegriffe kontrollieren, die verursacht haben, dass die Anzeige ausgespielt wird. Im Zweifel können diese Suchbegriffe dann in AdWords gesperrt werden und die Anzeige wird bei diesem Suchbegriff nicht weiter angezeigt.

Weiterer Fall zeigt: Kontrollpflichten vernachlässigen kann teuer werden!

Ein ähnliches Problem hatte auch eine Beklagte vor dem OLG Frankfurt. Ihr wurde in der Vergangenheit rechtskräftig verboten, die Bezeichnung „ringtaxi“ als Keyword in ihren AdWords-Anzeigen zu verwenden. Einige Zeit später stellte die damalige Klägerin fest, dass bei Eingabe der Suchbegriffe „ring taxi“ noch immer eine Annonce der Beklagten mit dem Text „Ringtaxi – www.(...).de“ erschien. Die Klägerin zog also wieder vor Gericht und forderte, dass ein Ordnungsgeld verhängt wird, da ihrer Meinung nach ganz klar ein Verstoß gegen das Urteil vorlag. Das wollte die Beklagte natürlich nicht auf sich sitzen lassen und argumentierte, dass erstens gar kein Verstoß vorliegt, weil die Worte mit einem Leerzeichen getrennt als Suchbegriff verwendet wurden und zweitens sie keine Schuld trifft, weil sie ihren zuständigen Dienstleister sofort nach dem damaligen Urteil darüber informiert hatte, „ringtaxi“ als Keyword zu löschen.

Die Richter ließen weder das eine noch das andere Argument gelten und verhängten ein Ordnungsgeld von 3.000 Euro (OLG Frankfurt a. Main, Beschluss vom 05.06.2018, Az: 6 W 43/18)! Begründung: Die Beklagte ist ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Sie hätte erstens erkennen müssen, dass bei Eingabe der Suchbegriffe „ring taxi“ immer noch eine Annonce mit dem Begriff „Ringtaxi“ ausgespielt wird und zweitens ihren Dienstleister viel umfassender über das Urteil  informieren und ihn klarer anweisen müssen, welche Suchbegriffe er löschen soll.

Business rechtzeitig absichern

Diese Fälle zeigen wieder einmal: Nur, weil eine Kontrollpflicht in der Praxis schwer oder gar nicht umzusetzen ist, heißt das noch lange nicht, dass Gerichte nicht darauf verweisen und Urteile wie im obigen Fall fällen. Es ist schwer, im täglichen Business allen Möglichkeiten, eine Rechtsverletzung zu begehen, auszuweichen. Eine Abmahnung kann schnell teuer werden – deshalb ist es wichtig, auf eine gute Absicherung zu setzen, wenn versehentlich doch einmal etwas danebengeht.

Die Berufshaftpflichtversicherungen über exali.de bieten für diese Fälle bestmöglichen Schutz. Der Versicherer klärt zunächst auf eigene Kosten, ob die Abmahnung gerechtfertigt ist und übernimmt am Ende berechtigte Schadenersatzzahlungen.

 

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© Ines Rietzler – exali AG