SEO: 250.000 Euro Schadenersatzforderung für „Unnatural Links“
SEOs können Internetseiten mit ihrer Arbeit aus dem Niemandsland der Suchmaschinenlisten in die Elite der ersten Google Ergebnisse katapultieren. Doch dieser Mechanismus, der Webseiten vom Durchschnitt zum Spitzenreiter machen kann, hat auch eine Schattenseite, die gut laufende Internetseiten auf die hinteren Ränge der relevanten Google Ergebnisse schleudert: der Google Penalty. Was geschehen kann, wenn ein Google Penalty mit voller Härte zuschlägt, zeigt ein Schadenfall aus der Praxis.
Der Schadenfall in unseren Video:
Der Fall des unglücklichen SEOs und wie die unglaubliche Forderung von 250.000 Euro zustande kam, exklusiv auf unserer InfoBase.
Ein Beispiel aus der Praxis von exali.de
Um den aktuellen Fall zu erklären, ist es nötig, einige Zeit zurück zu blicken. Ein SEO ist schon seit einigen Jahren für das Linkbuilding der Webseite eines Anbieters für Fahrradausflüge zuständig. Zu Beginn greifen die Maßnahmen auch gut und von Jahr zu Jahr buchen mehr Menschen ihre Radausflüge über die Webseite seines Auftraggebers. Neben dem SEO, ist allerdings parallel noch eine weitere Agentur, ebenfalls mit Linkbuilding, für den Radtourenanbieter beschäftigt.
Als dann die Nachricht kam, dass Google einen Penalty gegen die Seite verhängt, lag der Verdacht auf der zweiten Agentur und nicht auf dem SEO. Google informierte den Seitenbetreiber, dass Links der Seite gegen die Webmaster Guidelines verstoßen und deshalb die Seite zurückgestuft wird. Daraufhin hat der Seitenbetreiber die Agentur entlassen und deren Links gelöscht.
Was weder der SEO, noch der Seitenbetreiber zu diesem Zeitpunkt wussten: Ein Google Penalty verfällt nicht automatisch wenn das Problem behoben ist, es muss ein Antrag auf Aufhebung gestellt werden. Im Rahmen dieses sogenannten „Reconsideration Requests“ hätte der Seitenbetreiber auch erfahren, dass es nicht die Links der Agentur waren, die die Seite schädigten, sondern die Links des SEOs.
Die Wirkung des Google Penalty
Das Verheerende an der Geschichte des SEOs ist, dass zu Beginn die Auswirkungen des Penalty nicht bemerkt wurden. Über ein Jahr lang baute der SEO weiterhin Links auf, die nicht den Google Richtlinien entsprachen. Bis schließlich die Bombe platzte und die ganze Sache bekannt wurde. Ein genauerer Blick in die Statistiken der Fahrradtouren-Webseite zeigte, dass die Zahlen, schon kurze Zeit nach Bekanntwerden des Penalty, stagnierten. Der Seitenbetreiber berechnete die Auswirkungen der sinkenden Besucherzahlen und Buchungen und offenbarte schließlich das ganze Grauen.
Immense Verluste durch Google Penalty
In der Zeit seit des Penalty waren der Seite für Fahrradausflüge nach Angaben des Betreibers über 130.000 Euro Verlust durch ausbleibende Buchungen entstanden. Als Ursache sah der Inhaber natürlich einzig und alleine die „Unnatural Links“, die der SEO aufgebaut hatte. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen eines Penalty noch eine gewisse Zeit weiter anhalten, auch wenn die betreffenden Links entfernt sind. Deshalb erhöhte der Inhaber der Fahrradtour-Seite seine Schadenersatzforderung an den SEO noch weiter. Für die Zeit, die es benötigt, die Seite von den Links zu bereinigen und von den Nachwirkungen des Penalty zu befreien, veranschlagte der Seiteninhaber noch einmal knapp 60.000 Euro Umsatzausfall.
Doch auch hier nahmen die Forderungen noch kein Ende. Der SEO hatte insgesamt knapp 8.000 Links aufgebaut, die nicht den Google Richtlinien entsprachen, für dieses Honorar wollte der Seitenbetreiber ebenso Schadenersatz, wie für die Entfernung dieser Links. Am Ende stand unterm Strich eine Schadenersatzforderung von rund 250.000 Euro im Raum, die der Betreiber vom SEO verlangte.
Gut versichert bedeutet ruhig schlafen
Da der SEO eine Berufshaftpflichtversicherung hatte, war für ihn eigentlich kein finanzielles Risiko mit der Schadenersatzforderung des Kunden verbunden. Doch als die Summe sich nach und nach immer weiter erhöhte, wurde auch der SEO unruhig – er hatte eine Deckungssumme von 250.000 Euro für seine Media-Haftpflicht gewählt. Die Forderungen des Betreibers der Fahrradtour Webseite kamen dieser Grenze zwischenzeitlich gefährlich nahe.
Im Rahmen einer Berufshaftpflicht ist immer auch ein sogenannter Passiver Rechtschutz inbegriffen, der auf Versichererkosten prüft, ob die Schadenersatzansprüche, die an den Versicherten gestellt werden, an sich und natürlich auch im Hinblick auf den Umfang gerechtfertigt sind. Der passive Rechtschutz brachte im Fall des SEOs die entscheidende Wendung.
Aufatmen für den SEO
Dass der Fahrradausflugs-Seite durch die „Unnatural Links“ des SEOs Verluste entstanden sind, war zwar unbestreitbar, um jedoch festzustellen, wie hoch der Ausfall tatsächlich war, beauftragte die Versicherung einen Gutachter. Der Gutachter bestätigte generell die Berechnung des Umsatzausfalls des Betreibers, blickte aber etwas genauer auf die Zahlen.
Woher kommt der Schaden?
Nur ein Bruchteil der Kunden, die auf der Seite eine Fahrradtour buchten, kam (auch früher schon) überhaupt über Google Search. Die restlichen Besucher fanden ihren Weg über andere Quellen. Nachdem der SEO durch seine „Unnatural Links“ jedoch nur das Google-Ergebnis geschädigt hatte, war klar, dass er nicht die alleinige Schuld an den stagnierenden Buchungszahlen trug.
Der SEO konnte also aufatmen, die 250.000 Euro Schadenersatzforderung waren in dieser Höhe nicht gerechtfertigt und somit war auch keine Gefahr mehr, dass die Forderung die Versicherungssumme seiner Media-Haftpflicht überschritten. Dennoch lag der tatsächlich entstandene Verlust des Seitenbetreibers im hohen fünfstelligen Bereich. Die Media-Haftpflicht des SEOs beglich schließlich den Schaden, welcher laut Gutachten auch
Gut abgesichert durch passiven Rechtschutz
Nicht nur, dass die Media-Haftpflicht am Ende den Schaden bezahlte, der passive Rechtschutz hat den SEO vor dem Schlimmsten bewahrt. Es ist nicht verwunderlich, dass der Seiteninhaber die Umsatzausfälle erst einmal auf den Fehler des SEOs zurückführte und die gesamten 250.000 Euro von ihm forderte. Ohne Berufshaftpflicht-Versicherung hätte der SEO eigenständig nachweisen müssen, dass er nicht die alleinige Schuld trägt. Die Kosten für Rechtsanwälte und Gutachter wären letzten Endes auf ihn zurückgefallen und hätten, neben der Schadenersatzsumme, vermutlich die berufliche Existenz des SEOs bedroht.
© Sarah-Yasmin Fließ – exali AG