Insolvenz anmelden: Das müssen Sie beachten!
Scheitern gehört zum Leben und zum Businessalltag. Wenn alle Anstrengungen vergebens sind und nichts mehr hilft, um das eigene Unternehmen zu retten, bleibt oft nur noch die Insolvenz. Kein schönes Thema, trotzdem dürfen sich Unternehmer:innen bei der Insolvenzabwicklung keinen Fehler erlauben. Gesetzliche Bestimmungen müssen zwingend eingehalten werden, sonst drohen strafrechtliche Konsequenzen. Wie Sie beim Thema Insolvenz alles richtig machen, erfahren Sie hier…
Neue Regelungen zum Insolvenzantrag
Seit 2021 existieren neue Regelungen zum Insolvenzrecht, die weitreichende Änderungen für den Ablauf künftiger Verfahren beinhalten. Die wichtigsten Neuerungen haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Insolvenzgründe überarbeitet
Insolvenzgründe bestimmen die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Sie eine Insolvenz beantragen können. Sie bestehen im Wesentlichen aus drei Säulen:
- Zahlungsunfähigkeit
Ein Unternehmen gilt als zahlungsunfähig, wenn es nicht imstande ist, innerhalb von drei Wochen 90 Prozent seiner Verbindlichkeiten nachzukommen. - Überschuldung
Diese liegt zum einen vor, wenn selbst alle Mittel eines Unternehmens nicht mehr ausreichen, um ausstehende Rechnungen zu begleichen. Zum anderen sprechen wir von einer Überschuldung, wenn ein Fortbestehen des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten unwahrscheinlich ist. - Drohende Zahlungsunfähigkeit
Droht eine Unterdeckung von über zehn Prozent innerhalb von zwei Jahren, droht laut Insolvenzrecht eine Zahlungsunfähigkeit. In diesem Stadium steht es Ihnen frei, selbst Insolvenz anzumelden – Sie müssen es aber nicht.
Abhängig vom Insolvenzgrund ergibt sich außerdem die Frist für Ihren Insolvenzantrag. Ist Ihre Firma zahlungsunfähig, sind Sie verpflichtet, innerhalb von drei Wochen Insolvenz anzumelden. Liegt eine Überschuldung vor, verdoppelt sich diese Zeitspanne auf sechs Wochen.
Pflicht zum Insolvenzantrag je nach Rechtsform
Liegt einer der oben genannten Insolvenzgründe vor, sind Kapitalgesellschaften wie die GmbH, UG, AG sowie die GmbH & Co. KG gesetzlich dazu verpflichtet, Insolvenz zu beantragen. Das gilt NICHT für Einzelunternehmer:innen oder Personengesellschaften.
Auch abseits des Insolvenzverfahrens unterliegen Geschäftsführer:innen und Gesellschafter:innen einer GmbH erheblichen Haftungsrisiken. Rechtsanwalt Fabian Kappe erklärt im Interview zum Thema GmbH Haftung: So haften Geschäftsführer und Gesellschafter, worauf Sie sich gefasst machen müssen.
Verkürzte Restschuldbefreiung
Einzelunternehmer:innen und normale Verbraucher:innen verfügen weiterhin über die Option, sich von ihren restlichen Schulden befreien zu lassen. Das ist jetzt nach einer Zeitspanne von drei, anstatt wie früher von sechs Jahren möglich – vorausgesetzt, sie verhalten sich im Umgang mit ihren Finanzen angemessen. Diese verkürzte Zeitspanne gilt allerdings nur für die erste Insolvenz. Sollten Sie erneut in finanzielle Schieflage geraten, warten Sie fünf Jahre auf den Erlass Ihrer verbliebenen Schulden
Verlängerte Sperrfrist
Haben Sie ein Insolvenzverfahren durchlaufen, erwartet Sie nun eine Sperrfrist von elf Jahren, bevor Sie den Prozess erneut in Anspruch nehmen können. Diese Frist soll vorrangig eine abschreckende Wirkung entfalten und verhindern, dass Sie zu leichtfertig neue Schulden anhäufen.
Herausgabepflichten
Warten Sie künftig besser auf den Eintritt Ihrer Restschuldbefreiung, bevor Sie größere Schenkungen oder gar Erbschaften annehmen. Denn künftig gilt: Tritt eines der beiden Szenarien vorher ein, sind Sie verpflichtet, die Hälfte abzugeben. Ein Antrag beim Insolvenzgericht beugt hier bösen Überraschungen vor.
„Unangemessene Verbindlichkeiten“
§ 295 der Insolvenzverordnung enthält sämtliche Pflichten einer Schuldnerin und eines Schuldners auf. Dieser Paragraph wurde nun um einen Punkt erweitert. Laut ihm verbauen Sie sich Ihre Chancen auf eine Restschuldbefreiung, wenn Sie „unangemessene Verbindlichkeiten“ eingehen oder sogar Geld verschwenden.
Wann und wo Firmeninsolvenz anmelden?
Auch wenn es emotional gesehen den richtigen Zeitpunkt nicht gibt, muss ein Insolvenzantrag unverzüglich gestellt werden, sonst droht der Vorwurf der Insolvenzverschleppung! In der Insolvenzordnung (InsO) ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen Sie einen Insolvenzantrag stellen müssen. Diese sind die bereits oben genannten Säulen: Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO).
Trifft eines dieser Kriterien auf Ihr Unternehmen zu, gilt: Sofort reagieren und den Insolvenzantrag stellen! Sofort bedeutet gemäß Insolvenzverordnung, sobald die/der Unternehmer:in Kenntnis von einem der oben genannten Gründe erlangt, spätestens aber nach drei Wochen.
Der Insolvenzantrag muss bei dem Insolvenzgericht gestellt werden, in dessen Bezirk der Schuldner (also das insolvente Unternehmen) seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 3 InsO).
Kein Spaß: Insolvenzverschleppung!
Wer den Insolvenzantrag nicht rechtzeitig oder nicht richtig stellt, der/dem droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine empfindliche Gelstrafe! Beim Vorwurf der falschen Antragstellung ist aber nicht sofort alles verloren: meist räumt das Insolvenzgericht eine Frist ein, in der eventuelle Fehler korrigiert werden können.
Achtung: Insolvenzverschleppung sollten Unternehmer:innen auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Denn zusätzlich zum Straftatbestand kommt bei einigen Unternehmensformen, zum Beispiel bei der GmbH, noch ein haftungsrechtliches Problem auf diese zu. Denn dann heißt es „adé, beschränkte Haftung“ und Geschäftsführer:innen haften mit ihrem Privatvermögen!
Wer kann einen Insolvenzantrag stellen?
Dafür, wer den Insolvenzantrag stellt, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Die/der Schuldner:in (das insolvente Unternehmen) in Person eines Einzelunternehmers, Selbständigen oder Freiberuflers. Bei Personen- und Kapitalgesellschaften der:die Geschäftsführer:in oder alle persönlich haftenden Gesellschafter:innen. Bei einer Aktiengesellschaft auch jedes Aufsichtsratsmitglied und bei Vereinen jedes Vorstandsmitglied.
- Die Gläubiger:innen: Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Gläubiger:innen den Insolvenzantrag stellen. Das ist aber nicht so einfach. Sie müssen dem Gericht nämlich schlüssig darlegen, dass die/der Schuldner:in wirklich zahlungsunfähig ist. Das geht nur mit glaubwürdigen Beweisen, zum Beispiel erfolglosen Pfändungsversuchen.
Insolvenz anmelden – so geht’s richtig!
Wenn alles nichts mehr hilft und Sie einen Insolvenzantrag stellen müssen, gibt’s neben dem Wann und Wer auch formelle Anforderungen (§ 13 InsO) zu erfüllen. Auf jeden Fall müssen Sie den Grund für die Insolvenz schlüssig und nachvollziehbar darlegen. Dazu gehört ein Gläubigerverzeichnis, in das Sie alle Gläubiger mit der dazugehörigen Forderung eintragen müssen. Einige Forderungen sollten Sie besonders kenntlich machen:
- die höchsten Forderungen,
- die höchsten gesicherten Forderungen,
- die Forderungen der Finanzverwaltung,
- die Forderungen der Sozialversicherungsträger und
- die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
In den Antrag gehören außerdem Angaben
- zur Bilanzsumme,
- zu den Umsatzerlösen und
- zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer:innen des vorangegangenen Geschäftsjahres.
Außerdem sollten Sie dem Insolvenzantrag noch Folgendes beifügen:
- ein Vermögensverzeichnis (Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva)
- ein Schuldnerverzeichnis mit Anschriften, Forderungshöhe und Forderungsgrund
- Angaben dazu, ob der Geschäftsbetrieb fortgeführt werden kann
- Tätigkeitsbereich des Unternehmens
- Anzahl der Mitarbeiter:innen
- Angaben dazu, ob Sanierungsaussichten bestehen
Ablauf Insolvenzverfahren Unternehmen: Wie geht’s jetzt weiter?
Ein Insolvenzverfahren hat zwei grundlegende Phasen:
Das Eröffnungsverfahren
Das Eröffnungsverfahren dauert in der Regel drei Monate. Währenddessen wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen und ob noch genügend Vermögen vorliegt, um die Kosten der Insolvenz zu tragen (sogenannte verfahrenskostendeckende Masse). Außerdem setzt das Gericht oft eine:n vorläufige:n Insolvenzverwalter:in ein. Das Eröffnungsverfahren endet damit, dass das Gericht entweder das Insolvenzverfahren eröffnet oder den Antrag ablehnt.
Das eröffnete Insolvenzverfahren
Mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt das eröffnete Insolvenzverfahren. Dem insolventen Unternehmen wird jetzt das Heft aus der Hand genommen, es darf keine wirtschaftlichen Aktivitäten mehr ausführen. Die Geschäftsleitung ist raus, der/die Insolvenzverwalter:in übernimmt das Zepter! Er:sie versucht in der Folgezeit die vorhandene Insolvenzmasse weiter anzureichern, indem er/sie zum Beispiel offene Forderungen einzieht, den Betrieb fortsetzt und Gewinne erwirtschaftet. Außerdem müssen die Gläubiger:innen ihre Forderungen bei dem/der Insolvenzverwalter:in anmelden. Die Erlöse werden anschließend an die Gläubiger:innen (je nach der zugeteilten Quote) verteilt.
Ende oder Neuanfang? – was bezweckt ein Insolvenzverfahren?
Ein klassisches Insolvenzverfahren verfolgt ein klares Ziel: Die Gläubiger:innen sollen ihr Geld bekommen! Das insolvente Unternehmen existiert danach nicht mehr. In der Praxis wird dieses aber meistens verfehlt und die Gläubiger:innen verlieren den Großteil ihrer Forderung. Eine durchschnittliche Insolvenzquote beträgt 5 Prozent, das heißt ein:e Gläubiger:in bekommt am Ende 5 Prozent ihrer/seiner ursprünglichen Forderung zurück!
Damit die Insolvenz eine Chance für einen Neuanfang sein kann, gab es in den letzten Jahren einige Gesetzesreformen, die Alternativen zur klassischen Insolvenz geschaffen haben. Zum Beispiel die Eigenverwaltung, bei der nicht der:die Insolvenzverwalter:in das Ruder in der Hand hat, sondern das Unternehmen selbst rechtlich handlungsfähig bleibt und sich auf Grundlage eines Sanierungskonzepts sanieren kann. Auch der sogenannte Insolvenzplan verfolgt das Ziel, dass das Unternehmen aus der Krise kommt und weiter existieren kann.
Deshalb gilt: Falls ein Unternehmen einmal um eine Insolvenz nicht herumkommt: Es ist nicht alles verloren, es besteht die Chance zu einem Neuanfang und dazu, alles besser zu machen…
Noch vor dem Insolvenzantrag an die richtige Absicherung denken
Geschäftsführer:innen und andere Organe eines Unternehmens können im Zusammenhang mit der Insolvenz schnell in die Haftungsfalle tappen – dann droht auch die private Existenzkrise. Denn die Sorgfaltspflichten der leitenden Personen sind sehr umfangreich und werden gerade im Insolvenzfall besonders genau beleuchtet. Die D&O-Versicherungen über exali.de bieten in diesen und anderen Fällen der persönlichen Haftung optimalen Schutz im Falle einer Schadenersatzforderung und unterstützen außerdem rechtlich bei ungerechtfertigten Forderungen.
Hier können Sie Ihren Beitrag für die D&O-Versicherung berechnen: