Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt: Wann haften Geschäftsführer?

Wenn Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer nicht an die zuständigen Stellen bezahlen, ist das eine Straftat, für die die Unternehmensleitung geradestehen muss. Aber auch finanziell kann es schnell eng werden, denn die Krankenkassen werden versuchen, die Beiträge vom Geschäftsführer einzuklagen. Doch wann haftet der Geschäftsführer für nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge? Hier gibt es alle Infos zum Thema Sozialversicherungsrecht und Haftung.

Sozialversicherungsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers

Im Rahmen seiner Tätigkeit ist ein Geschäftsführer auch dazu verpflichtet, öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Dazu gehören vor allem die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft und die Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung.

Führt ein Unternehmen diese Sozialversicherungsbeiträge nicht oder nicht vollständig ab oder macht gegenüber der Einzugsstelle unrichtige oder unvollständige Angaben kann der Geschäftsführer strafrechtlich dafür belangt werden (§ 14 StGB, § 266 a StGB).

Daneben können auch die Einzugsstellen (die Krankenkassen) zivilrechtlich gegen Geschäftsführer vorgehen (Grundlage: Schadenersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB). Ob der Geschäftsführer dann haften muss, hängt jedoch von dem sogenannten „bedingten Vorsatz“ ab. Dazu formulierte der Bundesgerichtshof (BGH) einen Leitsatz (Urteil vom 18.12.2012, Az: II ZR 220/10).

Von Krankenkasse verklagt: Leitsatz des BGH zur Haftung von Geschäftsführern

In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte der Sozialversicherungsträger einen von zwei Geschäftsführern einer GmbH verklagt, weil die Gesellschaft Sozialversicherungsbeiträge von vier Arbeitnehmern nicht abgeführt hatte.

§ 266 a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Schadenersatzpflicht), daher führt es, wenn der Tatbestand vorliegt, zu einem Schadenersatzanspruch gegenüber dem Geschäftsführer. Der Tatbestand gemäß § 266 a StGB verlangt jedoch ein vorsätzliches Handeln. Und diesbezüglich stellte der BGH klar, dass sich darauf auch die Darlegungs- und Beweislast des klagenden Sozialversicherungsträgers erstreckt. Das heißt einfach gesagt, der Sozialversicherungsträger muss vor Gericht beweisen, dass der Geschäftsführer die Beiträge vorsätzlich nicht abgeführt hat.

In dem Fall, den der BGH entschieden hat, hatte der verklagte Geschäftsführer ausgeführt, dass er in einer ausgelagerten Betriebsstätte gearbeitet hat, mit Verwaltungs- oder Buchhaltungsaufgaben nicht befasst gewesen sei und auch von einer drohenden Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens nichts gewusst habe.

Dazu sagte der BGH in seiner Entscheidung:

 
 
„Der Sozialversicherungsträger, der den Geschäftsführer einer GmbH wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung in Anspruch nimmt und sich hierbei, wie die Klägerin im Streitfall, auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes stützt, hat grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt; den in Anspruch genommenen Geschäftsführer trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast (…)“

Darüber hinaus führte der BGH aber auch aus:

 
 
„Überlässt es der Geschäftsführer anderen für das Unternehmen tätigen Personen, für die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zu sorgen, muss er (jedenfalls) im Rahmen der ihm verbliebenen Überwachungspflicht tätig werden, sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der Aufgaben durch die intern damit betrauten Personen nicht mehr gewährleistet ist. Er muss dann durch geeignete Maßnahmen die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen. Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen bieten insbesondere eine finanzielle Krisensituation oder ungeordnete Verhältnisse im Geschäftsablauf innerhalb der Gesellschaft.“

Geschäftsführer hat eine Überwachungspflicht

Das heißt, auch wenn die Sozialversicherungsträger in der Beweispflicht sind, ist der Geschäftsführer nicht aus dem Schneider. Er muss in jedem Fall seiner Überwachungspflicht nachkommen, und zwar laut BGH-Urteil sobald er Anhaltspunkte dafür hat, dass die Erfüllung der Aufgabe (also in dem Fall die ordnungsgemäße Abführung der Sozialversicherungsbeiträge) durch denjenigen, der im Unternehmen damit beauftragt ist, nicht mehr gewährleistet ist. Dann muss er sicherstellen, dass die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt werden und dies auch kontrollieren. Anhaltspunkte können dabei eine finanzielle Krise des Unternehmens oder Unregelmäßigkeiten im Geschäftsablauf der Gesellschaft sein.

Sozialversicherungsbeiträge zahlen: Was, wenn die GmbH kein Geld mehr hat?

Doch wie sieht es mit der Haftung des Geschäftsführers für nicht bezahlte Sozialversicherungsbeiträge aus, wenn das Unternehmen kein Geld mehr hat, also insolvent ist? Dann befindet sich der Geschäftsführer nämlich oft in einem Dilemma: Denn einerseits ist er verpflichtet, während der Insolvenz alles zu unterlassen, was die Insolvenzmasse schmälert oder bestimmte Gläubiger bevorzugt; andererseits wird er vielleicht wegen der Nichtzahlung der Beiträge in Haftung genommen. Solche Fälle werden zwar oft im Einzelfall entschieden, jedoch gibt es dazu bereits Entscheidungen des BGH:

Achtung im Haftungsfall: Sozialversicherungsbeiträge sind Sowieso-Kosten

Die Rechtsprechung zeigt, dass Geschäftsführer gute Chancen haben, der persönlichen Inanspruchnahme durch die Krankenkassen zu entkommen. Denn diese müssen nachweisen, dass der Geschäftsführer vorsätzlich die Beiträge nicht abgeführt oder seine Überwachungspflicht verletzt hat. Wenn eine Krankenkasse jedoch vor Gericht Erfolg hat und die Sozialversicherungsbeiträge persönlich vom Geschäftsführer zurückverlangt, ist es wichtig zu wissen, dass es sich dabei um keinen Versicherungsschaden handelt. Denn bei Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich um sogenannte Sowieso-Kosten. Das bedeutet in dem Zusammenhang, dass das Unternehmen (das ja der Geschäftsführer vertritt und für das er haftet) die Beiträge sowieso an die Krankenkasse abführen hätte müssen und damit die Beiträge keine zusätzliche Schadenersatzposition darstellen.

Wenn Sie als Geschäftsführer eine D&O-Versicherung haben, übernimmt diese in einem solchen Fall zwar die Kosten des Verfahrens im Rahmen des passiven Rechtsschutzes (also Anwalt- und Gerichtskosten), jedoch – sollte die Krankenkasse vor Gericht gewinnen – nicht die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge. 

In welchen Fällen eine D&O-Versicherung einspringt, Schadenbeispiele aus der Praxis und was eine gute D&O-Versicherung beinhalten sollte, können Sie hier nachlesen: D&O-Versicherung: Alle Infos zur Berufshaftpflicht für Geschäftsführer, Manager und Beauftragte

D&O-Versicherung über exali.de: Als Geschäftsführer bestens abgesichert

Bei exali.de gibt es zwei Möglichkeiten, sich als Geschäftsführer, Vorstand, Manager oder Beauftragter (zum Beispiel Datenschutzbeauftragter) umfassend gegen Innen- und Außenansprüche abzusichern:

  • Mit der persönlichen D&O-Versicherung sichern Sie sich selbst ab und sind Vertragsinhaber (Versicherungsnehmer). Im Schadenfall steht Ihnen die komplette vereinbarte Versicherungssumme alleine zu. Die Gefahr von möglichen Interessenskonflikten wie bei einer Firmen-D&O-Versicherung, bei der als Versicherungsnehmer das Unternehmen fungiert, welches unter Umständen im Rahmen der Innenhaftung auch Ansprüche gegen Sie anmeldet, ist damit von vorneherein ausgeschlossen.
  • Bei der Firmen-D&O-Versicherung ist das Unternehmen Vertragsinhaber (Versicherungsnehmer) und versichert pauschal alle Manager und Beauftragten, die dort beschäftigt sind. Wenn ein Schadenfall mehrere versicherte Personen betrifft, wird die vereinbarte Versicherungssumme aufgeteilt.
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