Druckeigenschäden bei Agenturen und Grafikern: Gefahrenquelle für die eigene Vermögensschadenhaftpflicht
Von der ersten Idee, über den Entwurf, bis hin zum innovativen Produkt: Das kreative Leistungsspektrum von Agenturen und freiberuflichen Grafikern ist groß. Und es wird immer größer: Viele Agenturen bieten neben Design, Text und Layout auch die Übernahme von Druckleistungen an – quasi als eine Art „Fullservice“. Doch genau hier liegt eine Gefahrenquelle für die eigene Vermögensschadenhaftpflicht. Denn wenn keine Druckeigenschäden mitversichert sind, kann es bei einem Layoutfehler passieren, dass die Agentur auf ihren Kosten sitzen bleibt – trotz bestehender Vermögensschadenhaftpflicht.
Begriffserklärungen aus der Praxis
Praxisbeispiel Druckschaden
Druckschaden versicherungstechnisch betrachtet
Welche Schäden übernimmt die Vermögensschadenhaftpflicht?
exali Tipp: Druckeigenschaden umgehen
Begriffserklärungen aus der Versicherungspraxis
In unserer Beratungspraxis bei exali stellen wir immer wieder fest, dass viele Missverständnisse rund um das Thema Vermögensschadenhaftpflicht entstehen, indem Begriffe falsch verstanden oder durcheinander gewürfelt werden. Daher einige Erläuterungen:
Haftpflichtschaden: Eine Haftpflichtversicherung übernimmt generell Schäden die einem Dritten (z.B. Kunde, Auftraggeber, Urheber) entstehen. Versicherungstechnisch können diese Schäden Vermögensschäden, aber auch Personen- und Sachschäden, sein.
Vermögensschäden: Im Versicherungskontext spricht man von einem Vermögensschaden, wenn man jemandem einen finanziellen Nachteil zufügt. Etwa, wenn in einer Werbeanzeige ein Zahlendreher bei der Telefonnummer passiert ist. Nun hat der Kunde für die Schaltung dieser Anzeige 2.500,00 Euro gezahlt – wegen der falschen Telefonnummer können sich jedoch keine Interessenten melden. Ihm wurde ein finanzieller Schaden zugefügt.
Fehler in der Druckvorstufe: Unter dem Sammelbegriff „Fehler in der Druckvorstufe“ werden versicherungstechnisch Layoutfehler, Zahlendreher, Rechtschreibfehler, das Verwechseln von Farbprofilen sowie die Übermittlung der falschen Druckdaten verstanden.
Eigenschaden: Im Gegensatz zu einem Haftpflichtschaden wird bei einem Eigenschaden kein Dritter geschädigt, sonder Sie selbst werden geschädigt. Beispiel: Sie lassen Ihre Digitalkamera fallen (= Eigenschaden).
Praxisbeispiel Druckschaden
Doch genug der Theorie – dieses Beispiel aus der Werbepraxis verdeutlicht den Unterschied zwischen einem Eigenschaden und einem Haftpflichtschaden:
Eine Werbeagentur erstellt drei kreative Flyer-Entwürfe für einen Kunden. Von einem dieser Entwürfe ist der Kunde begeistert und beauftragt die Agentur, ihm davon 10.000,00 Flyer für den nächsten Messeauftritt in zehn Tage zu erstellen. Die Werbeagentur finalisiert (Reinzeichnung) den Entwurf und erteilt im eigenen Namen den Druckauftrag.
Drei Tage vor dem Messeauftritt sind die Flyer fertig. Doch zum Entsetzen des Kunden entspricht das Farbmanagement nicht seiner CI (Corporate Identity). Was war passiert? Die Agentur hatte bei der Finalisierung der Entwürfe versehentlich die Farbprofile vertauscht.
Der verärgerte Kunde nimmt die Flyer nicht an und fordert Ersatz. Die Werbeagentur korrigiert sofort die Druckvorlage und erteilt einen neuen Auftrag an die Druckerei. Trotzdem werden die Flyer nicht rechtzeitig fertig – und der Kunde muss ohne sie auf die Messe.
Und das ist noch nicht alles: Der Kunde hatte über eine Eventagentur drei Hostessen gebucht, die genau diese Flyer verteilen sollten. Sie müssen natürlich bezahlt werden – auch wenn es keine Flyer zum Verteilen gibt. Kosten, die der Kunde der Werbeagentur in Rechnung stellt.
Druckschaden versicherungstechnisch betrachtet
Was passiert mit den Rechnungen?
- Beide Rechnungen der Druckerei an die Werbeagentur (für die erste und die zweite Tranche) müssen von der Agentur bezahlt werden, denn die Druckerei hat keinen Fehler gemacht – sondern die Flyer in beiden Fällen korrekt erstellt. Der Fehler lag in der Druckvorstufe bei der Agentur.
- Der Kunde muss nur eine der beiden Rechnungen übernehmen – nämlich die Rechnung, für die korrekt erstellten Flyer (zweite Tranche).
Welche Schäden sind durch den Fehler entstanden?
- Eigenschaden: Die falschen Flyer kann die Agentur selbstverständlich nicht dem Kunden in Rechnung stellen. Auf diesen Kosten bleibt die Agentur sitzen. Dabei handelt es sich um einen klassischen Eigenschaden. Im Versicherungsjargon wird er auch als „Druckeigenschaden“ bezeichnet.
- Vermögensschaden: Bei den Kosten für die Messehostessen handelt es sich um einen Vermögensschaden. Diese vergeblichen Aufwendungen sind dem Kunden allein durch den Layoutfehler der Werbeagentur beim ersten Flyer entstanden. Versicherungstechnisch handelt es sich also um einen Haftpflichtschaden (eines Dritten) – und nicht um einen Eigenschaden bzw. Druckeigenschaden.
Welche Schäden übernimmt die Vermögensschadenhaftpflicht?
Welche dieser entstandenen Schäden übernimmt nun die Vermögensschadenhaftpflicht für Werbeagenturen und Grafiker? Die Antwort lautet: Das kommt darauf an!
- Die vergeblichen Aufwendungen des Kunden für die Hostessen stellen einen Vermögensschaden dar. D.h., diese Kosten sind im Rahmen der vereinbarten Versicherungssummen der Vermögensschadenhaftpflicht versichert – und werden vom Versicherer übernommen.
- Bei dem Druckeigenschaden sieht dies etwas anders aus. Er ist kein Haftpflichtschaden, sondern ein klassischer Eigenschaden – deshalb besteht nur dann Versicherungsschutz, wenn die Vermögensschadenhaftpflicht eine spezielle Leistungserweiterung für „Druckeigenschäden“ beinhaltet. Sie muss in der Regel speziell vereinbart werden.
exali Tipp: Druckeigenschaden umgehen – Geschäftsmodell anpassen
Da die Mitversicherung von Druckeigenschäden den Versicherungsbeitrag verteuert (nach unserer Erfahrung mind. 200,00 Euro im Jahr) stellt sich die Frage, ob man diese Eigenschäden durch Anpassung des Geschäftsmodells vermeiden kann. Hier ist die klare Antwort: Ja.
Wenn die Werbeagentur aus unserem Beispiel den Druckauftrag nicht im eigenen Namen an die Druckerei gegeben hätte, sondern die Auftragserteilung direkt über den Kunden gelaufen wäre (sein Name steht auf der Rechnung) wäre der Schaden über die falsch gedruckten Flyer beim Kunden entstanden.
Das heißt, es hätte sich um einen „normalen“ Haftpflichtfall (Schädigung eines Dritten) und nicht um einen Eigenschaden gehandelt – der Schaden wäre über die „normale“ Vermögensschadenhaftpflicht abgesichert gewesen.
Werbeagenturen und Medienschaffende, die für ihre Kunden auch Druckleistungen übernehmen, sollten darauf achten, dass ihre Vermögensschadenhaftpflicht zusätzlich Versicherungsschutz für „Druckeigenschäden“ bietet (siehe Media-Haftpflicht XL).