Mangelhaft: Warum die Rechtschutzversicherung die Haftung von Dolmetschern und Übersetzern nicht absichert

Sie sind aufmerksam, hochkonzentriert und sprechen die Sprache des Verhandlungspartners perfekt. Dennoch passiert Ihnen ein kleiner Übersetzungsfehler, der die Verhandlung letztendlich scheitern lässt. Nachdem festgestellt wurde, dass der Misserfolg tatsächlich Ihnen als extern beauftragtem Dolmetscher (bzw. Übersetzer) zuzuschreiben ist, nimmt sie Ihr Auftraggeber wegen entgangenen Gewinns in Regress. Versuchen Sie sich einmal in diese Situation hineinzuversetzen. Ein kleiner Fehler ist schnell passiert und kann trotz höchster Professionalität nicht völlig ausgeschlossen werden. Wenn Sie sich nun unbesorgt auf Ihre Rechtsschutzversicherung verlassen, kann das gefährlich werden, denn Rechtsschutzversicherungen kommen z.B. nicht für den Schadenersatz eines Auftraggebers auf.

In diesem Artikel beleuchten wir von exali.de die Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsschutzversicherung, warum eine Media-Haftpflicht für Schadenersatzforderungen die bessere Alternative ist und welche Vorteile der darin enthaltene passive Rechtsschutz bietet.

Rechtsschutzversicherung vs. Vermögensschadenhaftpflicht – Unterschiedliche Leistungsspektren

Selbstständige Dolmetscher/innen und Übersetzer/innen sind häufig auf sich gestellt: Für unabsichtlich begangene Fehler haften sie selbst – und nicht wie bei Angestellten die Agentur oder das Unternehmen (so genannte Haftungsprivielegierung) . Dieses Risiko kann mit Hilfe einer entsprechenden Versicherung abgesichert werden. Doch welches Konzept ist dafür am besten geeignet?

Nehmen wir an, Sie arbeiten als technischer Übersetzer und übersetzen Bedienungsanleitungen für komplexe Maschinen. Sollte es dabei zu einem Übersetzungsfehler kommen, kann Sie der geschädigte Hersteller in Regress nehmen. Im besten Fall geht es dabei nur um die Kosten für den Nachdruck der korrigierten Bedienungsanleitungen. Im schlimmsten Fall können jedoch auch Folgeschäden entstehen, z.B. durch eine Fehlbedienung.

Bei der nun folgenden, rechtlichen Auseinandersetzung decken die Rechtsschutzversicherung und die Vermögensschadenhaftpflicht (Media-Haftpflicht) unterschiedliche Kosten ab.

Wichtigste Unterscheidung: Die Rechtsschutzversicherung stellt den Dolmetscher nie von einer Schadenersatzforderung frei und übernimmt den Schadenersatz. Ein Haftpflichtvertrag, wie die spezialisierte Media-Haftpflicht, trägt dagegen für die Freistellung von unkalkulierbaren Schadenersatzforderungen und ggf. deren Abwehr Sorge.

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt bei bestimmten rechtlichen Auseinandersetzungen die damit in Zusammenhang stehenden Verfahrenskosten (z.B. für Rechtsanwälte und gerichtliche Verfahren) – sei es, weil Sie ihre Rechte gegenüber einem Dritten durchsetzen möchten oder weil Sie von einem Dritten rechtlich belangt werden.

Die nachstehende Tabelle gibt einen vereinfachten Überblick, welches Konzept was leisten kann:

  Rechtschutz-
Versicherung
Media-Haftpflicht
Übernahme v. Schadenersatzforderungen
durch Auftraggeber
 
 
Abwehr von Schadenersatzansprüchen Dritter
 
 
Schutz bei Rechtsverletzungen
(z.B. Marken-/ Urheberverletzungen gegenüber Dritten)
 
 
Schutz bei Wettbewerbsrechtsverletzungen
gegenüber Dritten
 
 
Schutz bei Ansprüchen aus individuell vereinbarten Verträgen
 
    ¹
 
Gerichtliche Auseinandersetzungen mit Finanzamt/
Berufsgenossenschaft/ Mobilfunkanbieter 
 
 
Durchsetzen eigener Ansprüche
 
    ²
 
Kostenübernahme in strafrechtlichen Fällen
 
    ³
 

¹ bezieht sich nur auf Ansprüche aus so genannten Nebengeschäften (z.B. Leasingvertrag Kopierer)

² nicht in Zusammenhang mit Rechten aus geistigem Eigentum, siehe bspw. Musterbedingungen des GDV: „In folgenden Fällen haben Sie keinen Versicherungsschutz: (…) Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit Patent-, Urheber-, Marken-, Geschmacksmuster-/Gebrauchsmusterrechten oder sonstigen Rechten aus geistigem Eigentum.“

³ nur im Rahmen der Gebührenordnung; bei der Sonderform Spezial-Strafrechtsschutz ist eine freie Wahl z.B. des Verteidigers möglich

Was kann die Rechtsschutzversicherung (kurz RSV)?

Sofern Sie eigene Ansprüche gegenüber Dritten durchsetzen möchten, ist dafür die Rechtsschutzversicherung geeignet. Doch Vorsicht: Eine private Rechtsschutzversicherung (so genannter Privat-Rechtsschutz) springt nicht ein, wenn es im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt. Deshalb sollten Sie als selbstständiger Dolmetscher darauf achten, sich über einen Firmen-Rechtsschutz für Selbständige und Freiberufler abzusichern.

Versichert sind dann z.B. gerichtliche Auseinandersetzungen

Schadenersatzforderungen und Rechtsverletzungen: Grenzen der RSV

Doch auch die berufliche Rechtsschutzversicherung stößt im Schadenfall schnell an ihre Grenzen: Dann nämlich, wenn es nicht um die Durchsetzung eigener, sondern um die Abwehr von Schadenersatzforderungen Dritter geht. Besonders bei Ansprüchen aus Rechtsverletzungen, die in der Medienbranche zu den am häufigsten beklagten Schadenfällen gehören, hilft sie dem Versicherungsnehmer nicht weiter (siehe Tabelle). 

Gerade aber die Abwehr von Schadenersatzforderungen ist für freiberufliche Dolmetscher von Bedeutung – eine Rechtsschutzversicherung bietet dafür jedoch nicht ausreichend Schutz. 

Firmen-Rechtsschutz kann Media-Haftpflicht ergänzen, aber nicht ersetzen

Die Beurteilung der größten Risiken aus der beruflichen Tätigkeit führt häufig zu dem Ergebnis, dass diese aus einer Inanspruchnahme durch Dritte resultieren und nicht aus einer aktiven Durchsetzung der eigenen rechtlichen Interessen gegenüber Dritten. 

Durch die Media-Haftpflicht können Schadenersatzforderungen von Kunden oder sonstigen Dritten, die auf einem Fehler des freiberuflichen Dolmetschers basieren, abgedeckt werden. Anders als bei der Rechtsschutzversicherung sind hierbei auch Rechtsverletzungen versichert (z.B. Verstöße gegen Urheber-, Namen-, Marken-, Persönlichkeits-, Wettbewerbs- oder Lizenzrechte). Ein Firmenrechtsschutzvertrag kann die Media-Haftpflicht-Deckung daher ergänzen, aber nicht als Grundabsicherung ersetzen.

Ein weiterer erschwerender Punkt: Der Einstiegsbeitrag für einen Firmen-Rechtschutzvertrag liegt ca. zwischen 300 € und 400 €. Eine Investition die viele Freiberufler scheuen, wenn damit keine existenziellen Risiken abgesichert werden können.

„Passiver Rechtsschutz“: Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche

Auch der in der Media-Haftpflicht integrierte „Passive Rechtsschutz“ bietet im Schadenfall wichtige Vorteile: Werden ungerechtfertigterweise Schadenersatzansprüche, Abmahnungen, Unterlassungserklärungen oder einstweilige Verfügungen an den Versicherungsnehmer gestellt, so übernimmt der Versicherer alle Kosten im Zusammenhang mit deren Abwehr. Die Durchsetzung eigener Ansprüche ist jedoch nicht mitversichert (siehe Tabelle).

In Sachen Absicherung der beruflichen Risiken gilt für Dolmetscher/Übersetzer also das Ergänzungsprinzip. Ein entweder – oder kann es hier nicht geben. Eine Rechtsschutzversicherung allein reicht nicht aus, um sich umfassend abzusichern und kann keinesfalls einen Ersatz für eine Vermögensschadenhaftpflicht (Media-Haftpflicht) bieten. 

Weiterführende Informationen

© Nele Totzke – exali AG