Fußballtrainer gekündigt: Anwalt muss über 640.000 Euro Schadenersatz zahlen
Ein berufliches Versäumnis hat für einen Deutschen Rechtsanwalt möglicherweise existenzbedrohende Folgen. Der Jurist wurde vom Oberlandesgericht Hamm zu einer Schadenersatzzahlung von bis zu 640.000 Euro verurteilt. Der Auslöser: Eine versäumte Kündigungsschutzklage.
Trainer fordert Schadenersatz vom Rechtsanwalt
Rechtsanwalt zu über 640.000 Euro Schadenersatz verurteilt
Pflichtversicherung nicht immer genug
Der Fall des Rechtsanwalts und warum eine reine Pflichtversicherung nicht immer ausreichend schützt, steht heute auf der InfoBase im Mittelpunkt.
Unrechtmäßige Kündigung des Fußballtrainers
Im Profifußball wechseln Trainer so häufig den Verein wie andere Menschen ihre Wäsche. Stellt sich der sportliche Erfolg nicht schnell genug ein, wird der Trainer meist noch in der laufenden Saison abgeschossen und durch einen neuen Hoffnungsträger ersetzt.
So erging es auch dem Cheftrainer der 1. Herrenmannschaft eines Vereins, der zum damaligen Zeitpunkt in der zweiten Bundesliga spielte. Noch während der laufenden Saison wurde er 18 Monate vor seinem eigentlichen Vertragsende entlassen, als Grund nannte der Verein den mangelnden sportlichen Erfolg der Mannschaft.
Der Trainer nahm sich einen Anwalt und gemeinsam legten sie Einspruch gegen seine Kündigung ein. Der Anwalt machte jedoch einen später verhängnisvollen Fehler, er versäumte innerhalb der dreiwöchigen gesetzlichen Frist Kündigungsschutzklage einzureichen.
Trainer fordert Schadenersatz vom Rechtsanwalt
Der nun ehemalige Bundesligatrainer sah darin eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts, denn die Kündigung des Vereins wurde von einem Arbeitsgericht mangels eingereichter Kündigungsschutzklage für gültig befunden. Somit zog der Trainer gegen seinen Rechtsanwalt vor Gericht. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Hamm (Az. 28 U 98/13) nun entschied.
Der Rechtsanwalt hätte eine Kündigungsschutzklage einreichen müssen, nach Meinung des Oberlandesgerichts hätte die Klage mit großer Sicherheit Erfolg gehabt.
Rechtsanwalt zu über 640.000 Euro Schadenersatz verurteilt
Durch das Versäumnis des Rechtsanwalts sind dem Trainer nicht nur 18 Monatsgehälter à 20.000 Euro entgangen, sondern auch erhebliche Prämienzahlungen, die sich am Erfolg der Mannschaft orientierten. Als Vergleichswert zogen die Richter den tatsächlichen Erfolg der Mannschaft heran, dem Ex-Trainer wurde immerhin durch die Kündigung die Chance genommen Leistung zu zeigen.
Insgesamt hat das Gericht errechnet, dass dem Trainer 330.000 Euro Schaden entstanden sind, diese muss der Rechtsanwalt nun erstatten. Doch damit ist die Sache noch nicht erledigt, die 330.000 Euro sind lediglich das errechnete Nettogehalt.
Steuern und Abgaben hätte natürlich ebenfalls bezahlt werden müssen und diese wird sich der Fiskus jetzt auch vom Trainer holen. Auch dafür haftet aber laut Urteil der Rechtsanwalt bis zu einer Höhe von 310.000 Euro. Insgesamt muss der Anwalt deshalb also bis zu 640.000 Euro Schadenersatz bezahlen.
Pflichtversicherung nicht immer genug
Nun hält sich das Mitleid des Lesers möglicherweise in Grenzen, denn jeder Anwalt muss laut Gesetz über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen, die genau für solche Fälle aufkommt. Doch in der Pflichtversicherung liegt eine trügerische Sicherheit, denn die laut Gesetz verpflichtende Deckungssumme kann durchaus niedriger sein, als ein möglicher Schaden. Ein freiberuflich tätiger Anwalt muss „nur“ eine Anwaltshaftpflicht mit einer Deckungssumme (so genannte Pflichtversicherungssumme) von mindestens 250.000 EUR je Schadenfall - mit einer 4-fachen Maximierung für alles Schadenfälle eines Versicherungsjahres - nachweisen. Im hier beschriebenen Fall würde das bedeuten, dass der Anwalt im schlechtesten Fall bis zu 390.000 Euro aus eigener Tasche bezahlen müsste.
Deshalb ist es für Rechtsanwälte, besonders wichtig die Höhe der Deckungssumme ihrer Berufshaftpflichtversicherung gut zu überdenken und das reale Risiko für Schadenersatzforderungen im eigenen Mandantenstamm zu ermitteln. Die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung ist zwar eine gute Möglichkeit, um mit möglichst geringen Fixkosten in die Tätigkeit als Anwalt einzusteigen, doch dieser Fall zeigt, dass reale Schadenfälle leicht die vorgeschriebene Pflichtversicherungssumme übersteigen können und damit nur eine trügerische Sicherheit bieten.
In der exali.de Anwaltshaftpflicht können sie deshalb die Deckungssummer ihrer Anwaltshaftplicht mit der „Upgradefunktion“ jederzeit online bequem erhöhen.
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